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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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rechtzeitig, um dem Sohn, der inzwischen mit seinem Heer dort angekommen war, die Braut zu übergeben.
    Der Verlauf, den Richards Zug ins Heilige Land nahm, ist bekannt. Nach einer Reihe bravouröser Waffentaten, die allerdings
     nicht zur Eroberung Jerusalems führten, beschloss der König, zurückzukehren, zumal sich daheim eine Verschwörung des Adels
     zusammenbraute. Seine Flotte wurde von einem Sturm auseinander getrieben, Richard landete an der Adriaküste bei Aquileja und
     versuchte sich auf dem Landweg gen England durchzuschlagen. In Österreich geriet er in Gefangenschaft, der Landesherr, Herzog
     Leopold V., lieferte ihn an Kaiser Heinrich VI. aus. Unbekümmert um die von den Päpsten aufgestellte Regel, dass Person und
     Besitz eines Kreuzfahrers geschützt seien, verlangte der Kaiser für seinen Gefangenen ein Lösegeld von 150   000 Mark Silber, eine monströse Summe, die aber von den Bürgern Englands tatsächlich aufgebracht wurde. Eleonore unternahm
     im Winter 1193/94 eine Reise mit dem Schiff, um persönlich den Silberschatz nach Mainz zu bringen, wo die Übergabe ihres Sohnes
     stattfand.
    Die Königin »vergäße ihr Alter«, hieß es in ihrer Umgebung. Das tat Eleonore, nun über 70, dann doch nicht. Sie hatte bereits
     das Refugium ins Auge gefasst, in dem sie ihre alten Tage verbringen wollte: Fontevrault, die Benediktinerabtei südöstlich
     von Saumur im heutigen Département Maine-et-Loire. Das Kloster war schon immer so etwas wie ein heimlicher Bezugspunkt in
     Eleonores Leben gewesen. Vor jeder größeren Unternehmung hatte sie dort eine namhafte Stiftung gemacht. Fontevrault sollte
     die Grablege ihrer Familie werden. Wie sie den Ort als letzte Ruhestätte für sich wählte, so ließ sie auch ihren Gatten Heinrich
     II. hier bestatten und ihren Sohn Richard Löwenherz.
    Mit dessen frühem Tod im Jahr 1199, bei einer Strafaktion gegen einen unbedeutenden Vasallen, schien das Ende aller politischen
     Aktivitäten Eleonores gekommen. Doch weit gefehlt: Die alte Frau verließ ihren Ruhesitz und nahm in ihren Erblanden ohne weiteres
     die Regierungsgewalt in die Hand. Auf einer Rundreise durch Aquitanien bestätigte sie Privilegien, nahm Schenkungen vor und
     sprach Recht. Dabei fällt auf, wie sehr sie das Bürgertum bevorzugte. Keine Sonderrechte für die Aristokratie. Mehr als ihre
     Standesgenossen erkannte sie |84| die wirtschaftliche Bedeutung des aufstrebenden Bürgertums und förderte es, indem sie ihm die entsprechenden Freiheitsrechte
     verlieh. Das Städtewesen im Südwesten Frankreichs erfuhr dadurch bedeutenden Aufschwung.
    Und zuletzt, fast 80 Jahre alt, machte sie sich noch einmal auf die Reise nach Spanien, wieder um ein junges Mädchen zu holen.
     Diesmal war es ein Mitglied ihrer Familie, ihre Enkelin Blanca von Kastilien, deren Mutter Eleonore die Jüngere den kastilischen
     König Alfons VIII. geheiratet hatte. Die spanische Prinzessin war als Gemahlin für den französischen Thronfolger Ludwig VIII.
     ausersehen.
    Doch noch immer war ihr die wohlverdiente Ruhe in Fontevrault nicht vergönnt. 1202 brach zwischen England und Frankreich Krieg
     aus. Eleonores jüngster Sohn Johann, genannt
Lackland
(ohne Land), seit Richards Tod König von England, hatte es sich mit den Baronen des Poitou verdorben. Diese riefen Philipp
     August von Frankreich zu Hilfe. In den Auseinandersetzungen, die sich daran anschlossen, sollte der größte Teil des englischen
     Festlandsbesitzes verloren gehen. Eleonore, die sich in Fontevrault nicht sicher fühlte, wollte ihr Quartier nach Poitiers
     verlegen. Auf dem Weg dahin geriet sie in die Kampfhandlungen. Sie konnte sich gerade noch mit ihrem Gefolge in eine Festung
     namens Mirebeau flüchten. Hier belagerten sie Truppen des mit den aufständischen Poitevinern verbündeten Arthur von der Bretagne,
     ein Neffe Eleonores. Nach ein paar Tagen erschien zum Glück das Heer König Johanns, das Eleonore befreite.
    Eleonore starb am 31. März oder 1. April 1204 in Poitiers. Ihre Gebeine ruhen im Kloster Fontevrault. Auf dem Grabmal ist
     ihr Abbild in Stein gehauen. Zu sehen ist eine Frau von altersloser Schönheit, eingehüllt in ein Kleid und einen Mantel, das
     Gesicht umrahmt von einem Schleier und einer Kinnbinde. Sie liest in einem Buch, aufmerksam und zugleich entrückt. Sie hat
     den Frieden gefunden.

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