Frauen, die Geschichte machten
durchgesetzt hatte, weigerte sich Eleonore, mitzuziehen. Der König musste seine Gemahlin mit Gewalt aus Raimunds
Palast holen lassen. Im Frühsommer 1148 kam es zu einer glanzvollen Versammlung in Jerusalem. Ludwig und Eleonore sollten
in der ganzen Kreuzfahrerzeit das einzige Königspaar aus dem Westen bleiben, das gemeinsam seine Andacht an den heiligen Stätten
der Christenheit verrichtete. Der weitere Verlauf des Kreuzzuges erfüllte die hochgesteckten Erwartungen nicht. Eine Unternehmung
gegen Damaskus schlug in katastrophaler Weise fehl. Nach Ostern 1149 traten sie die Heimreise auf Schiffen an, die König Roger
II. von Sizilien gehörten. Dieser lag inzwischen im |79| Krieg mit den Byzantinern. Die Flotte wurde unterwegs angegriffen, das Schiff, auf dem Eleonore segelte, sogar gekapert, von
den Sizilianern allerdings wieder zurückerobert. In Potenza (Kalabrien) angelangt, warfen die Anstrengungen der Reise und
die Nachricht, dass ihr Onkel Raimund im Kampf gegen die Muslime gefallen sei, Eleonore auf ein lange währendes Krankenlager.
Erst im November 1149 trafen sie und Ludwig wieder in ihrer Residenz in Paris ein.
Die Beziehung der Eheleute war durch die Strapazen der Reise stark beansprucht, hinzu kam der Makel, dass Eleonore dem Königreich
keinen männlichen Erben hatte schenken können. Die Ehe wurde 1152 geschieden, wegen zu naher Verwandtschaft der Eheleute,
so die offizielle Verlautbarung.
Noch im selben Jahr heiratete Eleonore den Normannenherzog Heinrich Plantagenet, der als Heinrich II. den englischen Thron
besteigen sollte. Mit der Heirat betrat Eleonore als eigenständig handelnde Person die weltpolitische Bühne, wenn auch, wie
damals nicht anders möglich, hinter den Kulissen agierend. Eleonore war nun wieder Herzogin von Aquitanien, ihr Mann als Herzog
der Normandie und Graf von Anjou ein Vasall des französischen Königs. Es war aber offensichtlich, dass sich das Paar in Frontstellung
zu Eleonores erstem Mann befand. Heinrich dachte gar nicht daran, irgendwelchen Pflichten als Lehensmann gegenüber Ludwig
nachzukommen, und binnen kürzester Zeit herrschte Krieg zwischen beiden, ein Krieg, den Heinrich für sich entscheiden konnte.
Im Jahr 1153 setzte er nach England über, um gegen den dort regierenden ungeliebten König Stephan aus dem französischen Hause
Blois den Anspruch seines Geschlechts auf den englischen Königsthron durchzusetzen. Es gelang ihm, und am 19. Dezember 1154
konnte er sich und seiner Frau in Westminster Abbey die Königskrone aufsetzen. Ein Jahr zuvor hatte Eleonore ihm einen Sohn
geboren, mit Namen Wilhelm. 1155 kam Sohn Heinrich auf die Welt. Schon die Existenz männlicher Nachkommen (denen noch weitere
folgen sollten) muss ihr Ex-Mann als Affront verstanden haben. Ihm blieben als Nachkommenschaft nur die Töchter aus der Ehe
mit Eleonore.
Als Königin von England erlebte Eleonore ein glanzvolles Jahrzehnt. Ungeachtet der Schwangerschaften und Geburten – es waren
insgesamt acht in den Jahren zwischen 1153 und 1166 – war sie unablässig auf Reisen, mal in ihren Besitzungen auf dem Festland,
mal in den englischen Grafschaften. Mobilität war Pflicht der Herrscher, anders als mit persönlichem Auftreten vor Ort ließ
sich nicht regieren. Heinrich erhielt daher den Spitznamen »Kurzmantel«, des kurzen Reitermantels wegen, aus dem er offenbar
überhaupt nicht mehr herauskam. Eleonore begleitete ihn häufig, wenn er unterwegs war, vielfach aber trennten sich auch die
Wege der beiden, dann vertrat sie den König, sprach Recht, diktierte Urkunden und kontrollierte Abrechnungen.
Der Südfranzösin mochte im nebeligen Norden und in den wenig komfortablen Residenzen, die England für sie bereithielt, etwas
unbehaglich zumute |80| sein, aber sie sorgte dafür, dass heimatliche Klänge sie umgaben. Wieder, wie zuvor schon in Paris, holte sie Dichter und
Sänger an ihren Hof. Eleonore, schon weit in den Dreißigern, aber nach wie vor eine blendende Erscheinung, nahm teil an dem
Gesellschaftsspiel der vielsagenden Andeutungen und kunstvoll verhüllten Leidenschaften.
Mos Aziman
, ihren Pol oder Leitstern, nannten sie die Troubadoure.
Die fahrenden Sänger müssen ihren Ruf durch Europa getragen haben, wo die Königin später zum Gegenstand ganz irdischer Gelüste
wurde. So fand ein deutscher Sänger nichts dabei, sich vorzustellen, wie er in den Armen der Königin von England liegt. In
der Sammlung »Carmina
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