Frauen, die Geschichte machten
bei den Saliern und den Staufern nicht weniger. Nun traf es den Plantagenet Heinrich II. von England, gegen den erst Heinrich
der Jüngere, dann Richard und schließlich Gottfried, der nächste in der Erbfolge, rebellierten. Und hinter ihnen stand die
Mutter, Eleonore, die keine Veranlassung sah, ihrem Mann zu helfen, im Gegenteil das Ziel verfolgte, seine Macht den Kindern
in die Hände zu spielen.
Der König schlug die Erhebung Heinrichs des Jüngeren, die inzwischen ganze Territorien ergriffen und Verbündete, u. a. den
französischen König, gefunden hatte, mit Hilfe angeworbener Söldner nieder. Eleonore, als Mann verkleidet mit einigen Reitern
unterwegs, fiel einer Streifschar König Heinrichs in |82| die Hände. Sie wurde festgenommen und im Juli 1174 nach England gebracht. Man wies ihr die Burg Old Sarum als Wohnsitz zu.
Das war zwar kein Gefängnis, aber Eleonore stand unter einer Art Dauerbewachung. Drei dem König ergebene Ritter führten über
ihr Tun und Lassen Aufsicht, auch wenn sie in ein Schloss in Berkshire oder nach Nottinghamshire überwechselte. Der Kontakt
zur Heimat, zur Familie war unterbrochen, und sie besaß keine Möglichkeit, die Vorgänge auf dem Festland in irgendeiner Weise
zu beeinflussen. Sie musste erleben, wie die Rivalin Rosamund Clifford öffentlich an der Seite des Königs auftrat. Heinrich
betrieb die Scheidung, aber die Kirche verweigerte sich, die Ehe blieb bestehen.
Eleonore war weit über 50 Jahre alt gewesen, als ihre »Gefangenschaft« begann, und Ende Sechzig, als sie aufhörte. Wie es
um die innere Verfassung der gedemütigten und zur Untätigkeit verdammten Herrscherin in diesen für sie ereignislosen Jahren
bestellt war, darüber gibt es keine Nachrichten. Die erzwungene Ruhigstellung vermochte ihr aber wohl grundsätzlich nichts
anzuhaben: 1189, als Heinrich starb und die Barone sie freiließen, kehrte sie in ihre gewohnten Lebensverhältnisse zurück,
als wäre sie nie fort gewesen. Energisch, tatkräftig, zu allem entschlossen nahm sie die Zügel wieder in die Hand.
Was an Regierungsqualitäten in ihr steckte, bewies sie auf der Stelle: Wo sie auf ihren Fahrten durchs Land auch hinkam, schlichtete
sie Streitfälle, ordnete die Freilassung von Gefangenen an, hob drückende Steuerlasten auf. Ihr Ehemann Heinrich hatte zuletzt
immer chaotischer gewirtschaftet und echte und vermeintliche Gegner immer gnadenloser verfolgt. Eleonore heilte die Wunden,
die seine despotische Herrschaft dem Land geschlagen hatte, sie nahm Reformen in Angriff, wie etwa die Einführung einheitlicher
Maße und Gewichte im ganzen Königreich und die Schaffung einer Einheitswährung – Dinge, an die ihre Vorgänger nie gedacht
hatten.
Der ursprünglich vorgesehene Nachfolger, Heinrich der Jüngere, war bereits 1183 an einer unheilbaren Krankheit gestorben.
Aber da war noch Richard, Eleonores eigentlicher Liebling, genannt Richard Löwenherz. Er hatte jahrelang den Kampf seines
älteren Bruders gegen den Vater fortgeführt und auch Bündnisse mit den französischen Königen nicht gescheut, um sich den Besitz
Aquitaniens und des Poitou zu sichern. Nun trat er die Herrschaft als englischer König an. Seine Krönung in London am 3. September
1189 konnte Eleonore als triumphalen Höhepunkt ihres Lebens betrachten. Eine Prophezeiung, die vom keltischen Zauberer Merlin
stammen soll, trifft auf dieses Ereignis zu: »Der Adler aus der zerbrochenen Allianz wird erst an seinem dritten Jungen Freude
haben.« Das wurde direkt auf Eleonore bezogen. »Adler« hatte man sie schon immer genannt, als
Aiglesse
feierten sie ihre französischen Verehrer. Und die provenzalische Form ihres Namens, Alienor, wurde gedeutet als Zusammensetzung
aus
alie
(provenzalisch für »Adler«) und
or
(Gold). Das »dritte |83| Junge« wäre demnach – nach Heinrich und dem früh verstorbenen Erstling Wilhelm – ihr dritter Sohn Richard.
Kriegsmann und Abenteurer, eine romantische Natur – kurz die Verkörperung aller ritterlichen Ideale seiner Zeit –, hatte Richard
nichts Eiligeres zu tun, als sich auf den Kreuzzug zu begeben. Und seine Mutter, fast 70 Jahre alt, machte sich auf zu einer
weiten und gefahrvollen Reise nach Spanien, um dem Sohn eine Ehefrau zu besorgen. Mit der Auserwählten, Berengaria von Navarra,
einer »züchtigen Jungfrau, tapfer und schön«, wie ein zeitgenössischer Chronist sie rühmt, traf Eleonore im März 1191 in Sizilien
ein. Gerade
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