Frauen, die Geschichte machten
burana« blieb sein erotisches Impromptu der Nachwelt erhalten:
Wære diu werlt alliu mîn
von dem mere unz an den Rîn,
des wolt ich mich darben,
daz diu künegin von Engellant
læge an mînen armen.
Mit der Normandie, mit Anjou und dem Herzogtum Aquitanien hatten Eleonore und Heinrich schon erheblichen Besitz auf dem Festland,
doch ihr Ehrgeiz trieb sie weiter. Er zielte auf nichts Geringeres als auf die französische Königskrone. Wenn sie auch für
keinen von beiden persönlich erreichbar war, mochte es doch in der nächsten Generation so weit sein. Es war Eleonores Projekt,
das Projekt ihres Lebens. Heinrichs Kanzler Thomas Becket fädelte auf einer Frankreichfahrt im Sommer 1158 zur Bekräftigung
eines Friedensvertrages zwischen Frankreich und England einen Ehevertrag ein: Als Bräutigam war Heinrich, der Sohn des englischen
Königs, drei Jahre alt, vorgesehen, als Braut Margarete, Tochter Ludwigs VII. aus seiner zweiten Ehe mit Konstanze von Kastilien,
sechs Monate alt. Wenn Margarete nach dem Ableben ihres Vaters den französischen Thron erbte, würde ihr Mann Heinrich der
Jüngere als König zum Zuge kommen und Herrscher über England
und
Frankreich sein. Vorausgesetzt natürlich, dass Ludwig keine männlichen Nachkommen hatte. Aus erster Ehe besaß er bekanntlich
keine, auch seine zweite Frau Konstanze schenkte ihm nur ein Mädchen, die besagte Margarete. Doch als Konstanze bereits 1160
starb, nahm Ludwig eine dritte Frau, Adela von Champagne. 1165 schenkte sie ihm den lang ersehnten Sohn, Philipp August. Der
Traum von einem englisch-französischen Königtum zerplatzte. Als Ersatz wollte man nun eine Verbindung mit dem Deutschen Reich
eingehen. Eleonores und Heinrichs älteste Tochter Mathilde wurde mit dem Sachsenherzog Heinrich dem Löwen, dem mächtigsten
Territorialfürsten Deutschlands, verheiratet.
Eleonore und Heinrich hingegen entfremdeten sich zunehmend. Grund dafür war vermutlich das Verhältnis, das Heinrich II. mit
einer Frau namens Rosamund Clifford unterhielt. Die »schöne Rosamund« ist in England zur Sagenfigur |81| geworden, und in den Geschichten, die sich um sie ranken, spielt Eleonore die Rolle der Hexe. Beispielsweise soll Heinrich
die Geliebte in einem Labyrinth versteckt haben, in das die betrogene Gattin eindringt und ihre Nebenbuhlerin zwingt, Gift
zu trinken.
Eleonore räumte das Feld, sie ließ sich nach der Geburt ihres Sohnes Johann (1166), des letzten Kindes, das sie zur Welt brachte,
in England vorerst nicht mehr sehen. Als Residenz wählte sie stattdessen Poitiers, wo sie als Landesherrin agieren konnte.
Die Söhne und Töchter waren bei ihr, sogar die aus der Ehe mit Ludwig VII., und zielstrebig arbeitete Eleonore daran, sie
auf ihre Seite zu ziehen. Wieder bildete sich um die Fürstin ein geselliger Kreis von Dichtern, Sängern und Musikern, wieder
war Eleonore die Königin der Troubadoure. Die höfische Gesellschaft unterhielt sich mit Ratespielen und den Verhandlungen
eines »Gerichtshofes«, der über Liebeshändel zu urteilen hatte. Eleonores Kinder waren bei solchen Veranstaltungen mit von
der Partie, vor allem ihr Sohn Richard brillierte als Verfasser und Interpret von Liebesliedern – ausgerechnet er, der später
als »Richard Löwenherz« vor allem Kriegsgeschichte machen sollte.
Heinrich II., der englische König, blieb aus dem festlichen Bild ausgeschlossen. Er lud sich in dieser Zeit die Auseinandersetzung
mit der Kirche auf, personifiziert durch Thomas Becket. Heinrich hatte seinem früheren Kanzler den Stuhl des Erzbischofs von
Canterbury verschafft. Aber kaum, dass dieser sein geistliches Amt angetreten hatte, fühlte er sich aller Verpflichtung dem
König gegenüber ledig und verfocht mit Eifer die Interessen der Kirche, deren Privilegien Heinrich gerade beschneiden wollte.
Der Konflikt eskalierte. Am 29. Dezember 1170 wurde Thomas Becket im Dom von Canterbury von vier Rittern ermordet. Heinrich,
der als Anstifter galt, musste Buße tun. Erst 1172 entließ ihn die Kirche aus dem Bann. Kaum wieder Herr in seinem Reich,
musste er erkennen, dass in seiner Familie heftig gegen ihn konspiriert wurde. Die Söhne erhoben sich gegen den Vater, ein
Phänomen, das sich in den regierenden Geschlechtern ständig wiederholte. Kriege zwischen Vater und Sohn wie auch der Söhne
untereinander waren an der Tagesordnung. Es hatte sie bei den Karolingern genauso gegeben wie bei den Ottonen, und es gab
sie
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