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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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ihre Überspanntheiten, »rettete« sie, ob sie wollten oder nicht.
     Wie das im Falle Karls IX. geschah, beschreibt ein Zeitgenosse: »Sie hält ihren Sohn unter dem Daumen, sie lässt nicht einmal
     jemand anders als sie selbst in seinem Gemach schlafen. Sie weicht niemals von seiner Seite.«
    Katharina wollte Frieden zwischen den verfeindeten Parteien stiften, sie wollte Zeit ihres Lebens eigentlich nie anderes als
     Frieden. Aber es gelang ihr nicht, die Kontrahenten in die Schranken zu weisen noch sie gar zu irgendeiner Form von geregeltem
     Miteinander zu bewegen. Es blieb nur, mit Diplomatie die Kräfte in einem prekären Gleichgewicht zu halten. Verhandeln war
     das Stichwort, und Katharina verhandelte, suchte Kompromisse. Beispielhaft dafür war, wie sie mit den Generalständen umging.
     Die Versammlung, eine Woche nach König Franz’ II. Tod einberufen, sollte neue Steuern bewilligen. Sie hatte das Recht der
     Ablehnung und machte Gebrauch davon. Da sie mit der Körperschaft |123| nicht fertig wurde, nahm sich Katharina die führenden Vertreter einzeln vor. Einen nach dem anderen zog sie auf ihre Seite,
     bis ein halbwegs tragfähiges Ergebnis gesichert war. Diese Technik des Aufweichens sollte sie ein Leben lang üben. Allerdings
     barg solche Klein-Politik die Gefahr, sich zu verzetteln, konkrete Ziele konnten bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen und
     sich beim jeweiligen Gegenüber Zweifel einstellen: Mit wem hielt es das Königtum eigentlich? Nun, Katharina dachte vor allem
     an die Dynastie, sie wollte ihre Familie an der Macht und ihre Kinder auf möglichst vielen Thronen Europas sehen. Die Religion
     kam erst danach. Wie schon erwähnt, gab es aber zwischen Monarchie und Katholizismus zu viele Übereinstimmungen, als dass
     eine Gegnerschaft zu erwarten gewesen wäre. Dass Katharina katholisch war und blieb, war nicht zu bezweifeln. In Religionsstreitigkeiten
     wollte sie sich nicht einmischen. Für sie besaß auch die Konfession der Hugenotten eine Berechtigung, und Berührungsängste
     ihnen gegenüber kannte sie nicht. Als Bollwerk gegen die Ansprüche der katholischen Partei, angeführt von der Familie der
     lothringischen Guise, die eine Abstammung von Karl dem Großen vorgaben, kamen die Hugenotten ihr ganz recht.
    Der Krieg brach 1562 offen aus. Keine der vielen Schlachten, Gefechte und Belagerungen brachte ein wirklich durchschlagendes
     Ergebnis, nur dass das Land immer weiter herunterkam, da die Militäroperationen vielfach von einem Krieg der verbrannten Erde
     begleitet wurden: Man zündete Häuser an, trieb das Vieh weg, verwüstete die Äcker und vernichtete die Ernte, um den Gegner
     wirtschaftlich zu schwächen. In den Ruhezeiten zwischen den einzelnen Feldzügen zogen entlassene Soldaten plündernd und marodierend
     umher und bedrückten den Landmann weiter. Die Hugenotten wurden in die befestigten Städte zurückgedrängt, die sie aber umso
     hartnäckiger verteidigten.
    Um 1570 kam Katharinas mühevoll aufrechterhaltenes System von Gewicht und Gegengewicht ins Wanken. Schuld war ihr Sohn Karl
     IX., der inzwischen auch mitreden wollte. Zum Entsetzen seiner Mutter wandte er sich eindeutig den Hugenotten zu, deren Führer
     Admiral Coligny er »Vater« nannte. Karl machte im Grunde nichts anderes als seine Mutter auch schon getan hatte, nur zum falschen
     Zeitpunkt. Katharina befand die Hugenotten zu dieser Zeit gerade mächtig genug, Förderung war nicht nötig, schon gar nicht
     bei dem, was sie vorhatten. Admiral Coligny plante eine militärische Unterstützung für die protestantischen Niederländer,
     die dabei waren, die spanische Herrschaft abzuschütteln. Ein derartiges Engagement hätte Frankreich in Konflikt mit Spanien
     gestürzt – was Katharina unbedingt vermeiden wollte. Der wachsende Einfluss der Hugenotten am französischen Hof brachte die
     katholische Partei in schwerste Besorgnis, und Katharina teilte sie, wobei vielleicht auch ein wenig Eifersucht auf den Hugenottenführer
     eine Rolle spielte, der ihr den Sohn abspenstig machte. Der aus politischen, religiösen und familiären Quellen |124| genährte Konflikt kam im August 1572 zu schrecklicher Entladung. Katharina, immer rührig, hatte eine Hochzeit arrangiert;
     ihre Tochter Margarete (Margot) sollte den Hugenotten-König Heinrich von Navarra heiraten, womit ein schönes Beispiel für
     ein friedliches Zusammenleben von Katholiken und Hugenotten gegeben worden wäre. Das war gut gemeint, aber die beiden

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