Frauen, die Geschichte machten
Hauptfiguren
spielten ihre Rollen schlecht, von echter Zuneigung konnte nicht die Rede sein. Und im Volk weckte das Spektakel auch keine
Begeisterung. Im Gegenteil, die Menge von Hugenotten, die zu den Festlichkeiten nach Paris gekommen waren, erregten Widerwillen
und Argwohn.
Vier Tage nach der Hochzeit, am 22. August, wurde Admiral Coligny auf der Straße angeschossen. Er überlebte das Attentat.
Die Auftraggeber traten die Flucht nach vorn an. Wie das Massaker geplant worden ist, das in der Nacht zum Tag des heiligen
Bartholomäus (24. August) begann, darüber gibt es keine verlässlichen Nachrichten. Schon drei Jahre zuvor soll der spanische
Feldherr Herzog Alba der Königinmutter bei einem Zusammentreffen geraten haben, die Führer der Hugenotten an einem Tag umzubringen.
Aber Katharina pflegte nicht langfristig zu planen, und die Adligen der katholischen Partei auch nicht. Sie befanden sich
jedoch allesamt unter gewaltigem Druck nach dem gescheiterten Mordversuch an dem populären Hugenotten und mussten eine Vergeltungsaktion
von dessen Anhängern, dazu das Umkippen der öffentlichen Meinung zugunsten der Hugenotten befürchten. Diese Furcht schlug
in Aggression um: Sie schritten auf dem Weg fort, den der Attentäter ihnen vorgezeichnet hatte. Nun sollte nicht bloß der
Admiral, sondern alle Hugenotten dran glauben. In seiner Verzweiflung soll König Karl IX. geschrien haben: »In Gottes Namen,
dann tötet sie. Tötet sie alle, sodass keiner zurückkommen und mir Vorwürfe machen kann.« Und so geschah es.
Karl, physisch nicht viel besser ausgestattet als sein früh verstorbener Bruder und zur Zeit der Bartholomäusnacht bereits
durch Krankheit gezeichnet, starb am 30. Mai 1574. Noch blieben Katharina zwei Söhne, die sie auf den Thron setzen konnte.
Der nächste, der dafür in Frage kam, war Heinrich und zu dieser Zeit König von Polen. Er verließ seine Residenz in Krakau
auf der Stelle, der Aufenthalt dort war ihm sowieso nie angenehm gewesen. Als Herrscher gab er allerdings eine lächerliche
Figur ab, statt Akten zu lesen, produzierte er sich lieber als Schauspieler auf der Bühne, verschwendete das Staatsvermögen
für privaten Luxus und kreierte Frisuren und Kleidermoden. Seinen Freunden, den
mignons
, einer Art Jugendbande, ließ er freie Hand für Übergriffe und Straßenterror. Nebenbei war er noch ein gewaltiger Frömmler
mit mystischen Neigungen, die er in eigens ins Leben gerufenen Männer-Orden pflegte. Der zuletzt geborene Sohn, Herkules,
der nach dem Tod Franz II. dessen Namen annahm und in der Literatur meist Franz von Alençon genannt wird, versuchte derweil,
sich als Ehemann für die Königin Elisabeth I. von England zu empfehlen, woraus |125| aber ebenso wenig etwas wurde wie aus seinem Plan, die Niederlande zu befreien. 1584 starb er, gerade 30 Jahre alt.
Wenn die katholische Partei geglaubt hatte, mit dem Massaker der Bartholomäusnacht den Religionskrieg beendet zu haben, so
war das ein Irrtum. Die Hugenotten gaben nicht auf. Sie fanden neue Führer, u. a. den Bräutigam der »Bluthochzeit«, Heinrich
von Navarra, der in Arrest genommen und so dem Gemetzel entgangen war. Die Hugenottenkriege gingen weiter, und damit für Katharina
die Verhandlungen. Sie nahm Reisen auf sich, war monatelang unterwegs im Land. Die Grenzen überschritt sie dabei gar nicht,
es ging immer nur um Verhandlungen mit Frankreichs Fürsten, die sie vor Ort aufsuchte. Aber selbst das gestaltete sich immer
zu Staatsaktionen gigantischen Ausmaßes. Ein Riesentross begleitete sie jedes Mal, »die Stadt auf Reisen«, wie die Zeitgenossen
sagten. Die Kavalkade bewegte sich schwerfällig, und war sie endlich am Ziel, konnten noch Wochen oder Monate vergehen, ehe
die Verhandlungspartner zusammenkamen. Auch danach zogen sich die Geschäfte noch endlos hin. Die schlimmste Erfahrung in dieser
Hinsicht machte Katharina 1578/79 auf einer Goodwill-Tour in den Süden, auf der sie Heinrich von Navarra treffen und mit ihm
ein Friedensabkommen vereinbaren wollte. Die Hinhaltetaktik ihres Schwiegersohnes war schuld, dass das Unterfangen 16 Monate
lang dauerte. Katharina, inzwischen fast 60 Jahre alt, von den verschiedensten Krankheiten geplagt, zunehmend korpulent und
kaum noch imstande, längere Wege zu Fuß zu machen, blieb dennoch mit zähem Willen bei der Sache. Nichts entging ihr am Verhandlungstisch,
alle Beobachtungen und Ergebnisse legte sie schriftlich nieder.
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