Frauen, die Geschichte machten
Depesche auf Depesche jagte sie nach Paris, wo ihr Sohn, der
keinerlei Anstalten machte, sie darin zu unterstützen, sich am Hof mit seinen
mignons
vergnügte oder eine neue Kleiderordnung entwarf.
Nach den Maßstäben ihrer Zeit war sie längst eine alte Frau, aber das focht Katharina nicht an, noch bis ins Jahr 1586 zog
sie als Unterhändlerin und Vermittlerin herum und holte für ihren unfähigen Sohn die Kastanien aus dem Feuer. Sie erledigte
ein ungeheures Arbeitspensum, was allein schon ihre Korrespondenz beweist, die 6000 eigenhändige oder diktierte Schriftstücke
zählt. Die körperlichen Beschwerden nahmen zu, aber auch auf dem Krankenlager dachte sie nicht daran, Ruhe zu geben.
Im Mai 1588 kam es zum Aufstand in Paris. Dahinter steckte ein Bündnis zwischen den Guisen und König Philipp von Spanien.
Der Angriff der spanischen Armada auf England stand unmittelbar bevor, die Flanke nach Frankreich hin galt es zu sichern,
damit von dort die Invasion nicht gestört würde. Als Helfer vor Ort empfahlen sich die Guisen. Ihr Anführer Heinrich von Guise
erkannte die günstige Gelegenheit, das Königtum Heinrichs III. und seiner Familie zu beenden. Der Staatsstreich war gut vorbereitet
und verlief zunächst auch verheißungsvoll. Das Volk von Paris empfing Heinrich von Guise, als er in |126| die Stadt einritt, mit ungeheurer Begeisterung. Er entwickelte zur Verteidigung, falls es zu Aufständen des alten Regimes
kommen sollte, eine völlig neue Taktik: Man baute Barrikaden in den Straßen, ganz so, wie sie später bei den Revolutionen
des 18. und 19. Jahrhunderts kennzeichnend waren. Doch König Heinrich leistete keinen Widerstand. Er ging in Deckung und bat
seine Mutter, ein Arrangement mit den Guisen zu treffen. Zum letzten Mal bestieg die ewige Unterhändlerin ihre Sänfte, um
sich vom Louvre zum Wohnsitz ihres Feindes in der Rue St. Antoine tragen zu lassen. Es war wie 58 Jahre zuvor, als sie auf
ihrem Maultier durch Florenz ritt: Die Menge auf den Straßen empfing sie feindselig, die Pariser hatten Katharina in all den
Jahrzehnten, da sie unter ihnen lebte, nicht lieben gelernt. Im Gegenteil, die »Fremde« aus der »Italienerbrut« war verhasst,
man verglich sie mit Isebel, der herrschsüchtigen Königin aus dem Alten Testament, die die Propheten Jahwes hatte umbringen
lassen.
Katharina war kaum bei den Guisen angekommen, als die Nachricht eintraf, Heinrich sei geflohen. Er blieb im »Exil« in Blois,
bis sich die Lage beruhigt hatte. Die katholische Partei unterließ es, ihn abzusetzen. Aber es wurden ihm Forderungen diktiert,
die auf seine Entmachtung hinausliefen. Heinrich verhielt sich ruhig und wartete auf seine Chance. Sie kam im Winter. Der
Guise, inzwischen als Generalleutnant des Königreichs und Oberbefehlshaber des Heeres gut eingerichtet, folgte am 23. Dezember
einer Einladung Heinrichs III. in seine Gemächer, wo bereits die Mörder auf ihn warteten.
Die Tat war nun überhaupt nicht in Katharinas Sinn. Sie lag mit schwerer Krankheit darnieder und konnte so nichts mehr tun,
um die Folgen des Mordes irgend zu mildern. Acht Monate später wurde Heinrich III. selbst ermordet. Der Hugenottenführer Heinrich
von Navarra bestieg den Thron, worauf die Religionskriege wieder an Schärfe gewannen. Das alles erlebte Katharina de’ Medici
nicht mehr, sie starb am 5. Januar 1589 in Blois. Hier wurde sie auch bestattet, von einer Überführung nach Paris, wo sie
sich in St. Denis hatte eine Gruft erbauen lassen, wurde abgesehen, weil man Tumulte befürchtete. Die finstere Mär von Katharina
war ja bereits geboren, schreibt Irene Mahoney: »Die kultivierte Florentinerin, die anhängliche Gattin, die beharrliche Unterhändlerin,
alle verschwanden sie hinter der Legende der unheimlichen Königin.«
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Elisabeth I. von England
Weltgeschichtliche Wende
|128| Nicht nur einer ganzen Epoche, dem Elisabethanischen Zeitalter, gab sie den Namen, sondern auch einem nicht unbedeutenden
amerikanischen Staat: Virginia. Das nach seinem Verständnis jungfräuliche, weil noch von keinem Europäer betretene Land in
Nordamerika widmete der Entdecker und Freibeuter Sir Walter Raleigh 1584 seiner »jungfräulichen Königin«, der
Virgin Queen
. Auch wenn seine erste Koloniegründung letztlich scheiterte, behielt man den Namen bei der Gründung von Jamestown 1609 im
Andenken an die verehrte Königin bei. Die erste britische Kolonie in der Neuen Welt
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