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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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waren. Auch der Papst musste dann notgedrungen stillhalten, denn Spanien war die wichtigste Bastion Roms. Als Philipp allmählich
     aufging, dass er als Ehegatte wohl nicht in Frage kommen würde, brachte er das österreichische Kaiserhaus ins Spiel in Gestalt
     seiner beiden Neffen, der Erzherzöge Ferdinand und Karl. Das bot erneut Gelegenheit, auf Zeit zu spielen.
    Dann meldete sich ein schwedischer Königssohn, dessen glühende Liebesbriefe sie jedoch kalt ließen. Schweden, was war da schon
     politisch zu gewinnen? Die österreichischen Kontakte aber hielt Elisabeth warm und ließ immer mal wieder Interesse an einer
     Verbindung mit einem der habsburgischen Erzherzöge durchblicken, ohne sich je festzulegen. Auch einen letzten ausländischen
     Bewerber ließ sie lange im Ungewissen: Den 22-jährigen Herzog Franz von Alençon, ein Bruder des französischen Königs Heinrich
     III. Er warb seit 1578 um sie, als sie immerhin schon 45 Jahre zählte, auch er ein Katholik und somit für eine Verbindung
     nicht unproblematisch, aber nützlich. Sie ließ ihn nach London kommen und war angenehm überrascht über diesen »Frosch«, wie
     sie ihn bald zärtlich nannte. Ob eine Art Torschlusspanik hinter der Sache steckte? Die Ärzte hatten ihr jedenfalls gesagt,
     dass jetzt die letzte Gelegenheit zu einer Schwangerschaft bestünde.
    Das mag Elisabeth einen Moment lang verunsichert haben, doch bald schon war ihr klar, dass diese Verbindung im Volk nur auf
     einhellige Ablehnung stoßen würde, selbst im Staatsrat fand sich keine Mehrheit dafür. Wenn sie dennoch das Spiel noch lange
     weiterspielte, dann wegen der Gefahr, die von Spanien drohte, seit sie Philipp II. zurückgewiesen hatte. Schuld daran hatte
     auch die britische Flotte, die den spanischen Seehandel – angeblich ohne Genehmigung der Königin – empfindlich störte. Für
     eine offizielle Auseinandersetzung mit der spanischen Seemacht war England noch lange nicht bereit. Frankreich war daher als
     Bündnispartner und als Gegengewicht nicht zu verachten.
    |132| 1581 ließ Elisabeth eine französische Delegation anreisen, die Details eines Ehevertrags mit Franz von Alençon aushandeln
     sollte. Dass diese Verbindung strategische Gründe hatte, war ganz offensichtlich; Elisabeth war nun 48 Jahre alt und an Mutterschaft
     nicht mehr zu denken. Dennoch lud sie den Herzog noch im selben Jahr ein, um dem »Bräutigam« mitzuteilen, dass sie sich gegen
     eine Ehe entschieden hatte. Trotzdem blieb er für mehrere Monate ihr Gast. Es ist anzunehmen, dass er der einzige Bewerber
     gewesen war, für den sie wirklich etwas empfunden hatte: Als Franz von Alençon 1584 starb, ließ sie Staatstrauer anordnen.
    Mit den Ausländern also war es nichts geworden. Wie aber stand die Königin den Männern Englands gegenüber? Allein der gleichaltrige,
     gut gewachsene, gewandte und gebildete Oberstallmeister Robert Dudley, den sie 1564 zum Earl of Leicester erhob, erweckte
     ihr Interesse. Um diese Beziehung rankten sich bald Gerüchte, die nie gänzlich unterdrückt werden konnten. Dudley war verheiratet.
     Als seine Frau eines Tages tot am Fuße einer Treppe in ihrem Haus aufgefunden wurde, sah sich Elisabeth gezwungen, ihren Favoriten
     vorübergehend vom Hof zu verweisen, bis die amtliche Untersuchung seine Unschuld zweifelsfrei erwiesen hatte. Bis zu seinem
     Ende 1588 blieb Dudley die unangefochtene Nummer 1 für Elisabeth.
    Aber heiraten? Dem stand ihr scharfer politischer Verstand im Wege. Eine Ehe mit einem Einwohner ihres Landes bedeutete nicht
     nur Verzicht auf Machtausdehnung, sondern sie riskierte damit auch Unfrieden unter den großen Persönlichkeiten im eigenen
     Reich. Bei Abwägung aller Kenntnisse, die wir über die komplizierte Seelenlage der Königin und ihre anscheinende Sprödigkeit
     als Frau haben, scheint es unwahrscheinlich, dass sie sich einem Mann hingeben bzw. sich unterordnen sollte.
    Herrschaft bedeutete in ihren Augen immer auch Herrschaft über sich selbst. Stundenlang konnte sie im Stehen sprechen, Paraden
     abnehmen oder Hof halten. Das stand im wahrsten Sinne des Wortes nicht jeder durch. Gnädig erlaubte sie es dann, dass Platz
     genommen werden durfte. Elisabeth schien keine Müdigkeit zu kennen und ließ ihre Leute ohne Ansehen der Tages- oder Nachtzeit
     antreten. Zudem stellte sie häufig die Geduld anderer auf die Probe, wenn sie es vorzog, Probleme auszusitzen, auf günstige
     Gelegenheiten wartete oder Entwicklungen reifen ließ. Mit

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