Frauen, die Geschichte machten
transportierten, in Bewegung.
Der Herzog von Parma sollte mit seinen Truppen aus den Niederlanden ebenfalls übersetzen, sobald die Armada die Seeherrschaft
im Ärmelkanal erobert hätte. Zwar konnte Elisabeths kühnster Admiral, Francis Drake, mit einem Überraschungscoup die in Cadiz
versammelte Armada noch einmal empfindlich schwächen und ihren Angriff verzögern, aufzuhalten aber war er nicht. Am 19. Juli
1588 segelte die gigantische Flotte in Halbmondform in den Kanal ein, zwei Tage später verließ die kleine britische Seestreitmacht
Plymouth. Sie war nach Tonnage-Maßstab klar unterlegen und doch mit ihren wendigen kleineren Schiffen für den Kampf auf engem
Raum bestens geeignet. Nicht den traditionellen Enterkrieg mit den Schiffen als schwimmenden Schlachtfeldern hatten die britischen
Strategen im Sinn, sondern den Einsatz der Schiffe selbst als Waffe. Diese waren schwer bestückt mit Artillerie und hatten
zudem den Vorteil, dass sie den spanischen Kolossen beliebig ausweichen und sie aus wechselnden Richtungen angreifen konnten.
So vermochten die verfolgenden Briten manchen Gefechtserfolg zu erzielen, doch zunächst die Gefahr nicht wirklich zu bannen.
Das gelang erst, als die Spanier wegen schlechten Wetters vor Calais vor Anker gehen mussten. Mit dem Wind ließen die Briten
als Brander umgerüstete unbemannte Kähne mitten in den Riesenpulk spanischer Schiffe treiben. Das gab schon einigen Feuerschaden,
doch der tatsächliche große englische Sieg kam vor allem dadurch zustande, dass alle spanischen Schiffsführer überstürzt die
Anker lichteten und möglichst schnell die offene See zu gewinnen suchten. Dabei behinderten sie sich gegenseitig und boten
den englischen Geschützen ein prächtiges Ziel. Zwar kam immer noch eine große Anzahl der Großsegler davon, doch in der Nordsee
erwartete sie ein Gegner, der weit stärker und gnadenloser als die Engländer zuschlug: Ein Orkan gab der verbliebenen Flotte
den Rest. »Gott der Allmächtige blies,/ und die Armada flog nach allen Winden«, dichtete Schiller später darüber. Nur die
Hälfte der Schiffe und nur ein Drittel der Mannschaften sahen die Heimat wieder.
Jeder spürte, dass sich hier ein Drama von weltgeschichtlicher Tragweite abgespielt |135| hatte, und Elisabeth eilte zu ihren Truppen am Kanal, obwohl man sie mit allen Mitteln von einer Konfrontation mit dem rohen
Kriegsvolk abzuhalten suchte. Sie setzte sich durch, schritt die Ehrenformation ab und rief mit ihrer hellen Stimme: »Meine
lieben Leute, man hat mich aus Sorge um meine Sicherheit überzeugen wollen, dass ich mich unter einer bewaffneten Menge vor
Verräterei in Acht nehmen müsse, aber ich versichere euch, ich habe keine Lust, in Misstrauen gegen meine treuen und liebenden
Leute zu leben. Mögen Tyrannen sich fürchten! Ich habe immer danach getrachtet, meine beste Kraft und meine Sicherheit zunächst
Gottes Schutz, aber dann den treuen Herzen und der Rechtlichkeit meiner Untertanen anzuvertrauen.« Damit löste sie frenetischen
Beifall aus. Sie gab aber auch zu bedenken, dass die Gefahr einer Invasion noch nicht gänzlich gebannt sei.
Bis auf diese Auseinandersetzung musste Elisabeth in ihrer gesamten 45-jährigen Regierungszeit aber nie ernsthaft zu den Waffen
greifen. Ein Segen für ihr Land mit den nur vier Millionen Einwohnern, dessen Infrastruktur dringend der Entwicklung bedurfte,
das kulturellen Nachholbedarf hatte und das nach den Radikalkuren unter dem Kalvinisten Eduard und der Katholikin Maria vor
allem eines brauchte: Ruhe zur inneren Aussöhnung. Auch insofern war eine sparsame und friedfertige Frau an der Spitze des
Staates ein Glücksfall. Sie steigerte die Ausgaben für die Flotte um mehr als das Zehnfache, straffte dafür aber Verwaltung
und Hofhaltung und vermied teure Engagements politischer und schon gar militärischer Art.
Da sie selbst ein sehr musischer und literarisch interessierter Mensch war, profitierten vom langen Frieden während ihrer
Regierungszeit vor allem die Kunst und Kultur im Lande. Elisabeth förderte Orchester und Komponisten, Chöre und Schauspielensembles,
Theater und Schaubühnen. Und auch Wissenschaftler fanden für ihre Projekte immer ein offenes Ohr. Die Königin höchst selbst
gründete eine Theatertruppe namens
Queen Elizabeth’s Men
, die mit anderen wie den
Admiral’s Men
ihres Flottenchefs oder dem späteren Globe-Theater konkurrierten. Elisabeth scheute sich auch
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