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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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böhmische Königin aber konnte mit diesem symbolträchtigen Geschenk nichts anfangen, sie überließ es ihren Kammermädchen,
     die mit der Backware Ball spielten.
    Währenddessen zerriss die habsburgische Diplomatie Schritt für Schritt das Netz von Bündnissen, das Friedrichs Berater geknüpft
     hatten, und spottete siegessicher über den »Winterkönig«, dessen Herrschaft kein Jahr halten werde. In der Tat war sie bald
     zu Ende, nach der katastrophal verlorenen Schlacht am Weißen Berg im November 1620 brach Friedrichs Königtum zusammen. Elisabeth,
     wieder hochschwanger, wurde mit ihren Kindern in aller Eile nach Breslau in Sicherheit gebracht. Bei der »Flucht« blieb allerdings
     noch Zeit, 300 Wagen zu beladen, die nun Richtung Schlesien fuhren. Die Kronjuwelen waren zuvor schon nach Friesland geschafft
     worden. Aus ihrem Verkauf konnte später die königliche Familie einen Teil ihres Lebensunterhaltes bestreiten. Ihre Bibliothek
     mit galanter Literatur musste Elisabeth allerdings zurücklassen, was die frommen Eroberer, als sie die Sammlung von Erotica
     inspizierten, nicht |141| wenig empörte. Derweil bewegte sich der Konvoi weiter Richtung Norden, bis er brandenburgisches Gebiet erreichte. Im alten
     zugigen Schloss von Küstrin erlebte Elisabeth ihre Niederkunft. Danach ging es über Berlin, Wolfenbüttel und Hamburg in die
     Niederlande ins Exil.
    In Den Haag nahmen der »Winterkönig« und seine Frau dauerhaften Wohnsitz. Vielleicht mochte, da ihr Königreich dahin war,
     ihr Hofstaat geschrumpft sein, doch scharten sich immer noch an die 200 Personen um sie, die ausgehalten sein wollten. Das
     besorgten die Regierung der Niederlande und der Schwiegervater Jakob I. in England. Das Kind, das Elisabeth in Küstrin zur
     Welt gebracht hatte, ein Sohn namens Moritz, war ihr fünftes gewesen. Insgesamt gebar sie ihrem Mann 13 Kinder, von denen
     neun das Erwachsenenalter erreichten. Die Erziehung lag in der Hand der Hofangestellten, die Eltern kümmerten sich kaum darum.
     Die Tochter Sophie sagte später einmal, der Mutter wären ihre Hunde und Affen lieber gewesen.
    Aber außer ihren Vierbeinern lag Elisabeth noch etwas ganz besonders am Herzen, nämlich die pfälzische Sache, die Rückgewinnung
     der Kurwürde. Friedrich hatte nicht nur sein Königreich Böhmen verloren, ihm war auch als Rebell gegen den Kaiser der Titel
     des Kurfürsten genommen worden. Die Pfalz, einstweilen von spanischen Truppen besetzt, war dem Wittelsbacher Herzog Maximilian
     zugesprochen und Friedrich selbst in die Acht genommen worden. »Unsere gesegnete, unverzagte Herrin«, wie die englischen Gesandten
     Elisabeth nannten, bewies in dieser Lage Entschlossenheit und Zähigkeit. Unablässig war sie tätig, ihrem Mann wieder zu Ansehen
     und Besitz zu verhelfen, und hielt Europas Regierungen mit einer Flut von Schriften und Briefen in Atem. Der Krieg, der fast
     beendet schien, bekam so eine neue Dimension. Wiedereinsetzung Friedrichs V. in seine Rechte hieß auf der protestantischen
     Seite die Parole, mit der er am Laufen gehalten wurde. Hier liegt Elisabeths Beitrag zur Weltgeschichte, es war kein glücklicher.
    Es hätte keinen Dreißigjährigen Krieg geben müssen, behauptet die britische Historikerin C. V. Wedgwood, wenn Friedrich eingelenkt
     hätte. Die europäische Politik bemühte sich, Initiativen, von England und Spanien ausgehend, waren auf dem Weg, nur hätten
     sie erfordert, dass Friedrich in irgendeiner Form um Pardon nachgesucht hätte. Doch genau das tat er nicht. Der entthronte
     Fürst, bisher nicht als starker Charakter bekannt, entwickelte im Exil einen ausgeprägten Starrsinn. »Kein Geiz noch Ehrgeiz
     hat uns nach Böhmen gebracht«, so lautete seine Rechtfertigung, »kein Armut noch Elend soll uns von unserem lieben Gott abtrünnig
     machen noch etwas wider Ehr und Gewissen tun lassen.« So verfocht das Paar, der »Winterkönig« und seine englische Gemahlin,
     seine Sache weiter, »untüchtig, vertrauensselig, immer wieder geschlagen und immer wieder ihre Streitkräfte zu einem neuen
     Angriff zusammenraffend, von einem Verbündeten verraten, um nach einem anderen Ausschau |142| zu halten, eigensinnig, starrköpfig und aufrichtig«, wie C. V. Wedgwood in »Der Dreißigjährige Krieg« (München 1996) ihr Vorgehen
     charakterisiert.
    Das Haus in Den Haag wurde zum zeitweiligen Hauptquartier der protestantischen Partei und der »deutschen Libertät«, womit
     die Freiheitsrechte der vielen kleinen

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