Frauen, die Geschichte machten
wurden
ins Gespräch gebracht, Bilder von Kandidatinnen angefordert und begutachtet. Elisabeth hätte gerne eine preußische Prinzessin
gehabt. Aber Friedrich der Große empfahl keine seiner Schwestern, sondern Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst, die doch auch
aus dem holsteinischen Geschlecht sei, das die Zarin so liebe (Sophies Mutter Johanna war eine geborene Holstein-Gottorf).
|168| Elisabeth folgte dem Rat des Preußenkönigs. Sie bestellte Sophie und ihre Mutter Johanna in ihre Residenz in Moskau und leitete
eiligst die Hochzeit in die Wege. Am 21. August 1745 traten Sophie, 16 Jahre alt, und ihr Bräutigam, 17 Jahre alt, vor den
Traualtar. Damit begann der Aufstieg der deutschen Prinzessin, der bis zum Zarenthron führen und aus der kleinen Sophie von
Anhalt-Zerbst Katharina II. die Große machen sollte.
Heute ist Zerbst eine Kreisstadt an der Nuthe im Bundesland Sachsen-Anhalt, das Schloss wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Der Besitz, klein und unbedeutend, war aus Erbteilungen des Hauses Anhalt hervorgegangen, die Grafschaft Jever in Ostfriesland
gehörte noch dazu. Sophies Vater nannte sich Fürst, durfte aber erst seit 1742 im Schloss residieren. Als Sophie am 2. Mai
1729 geboren wurde, wohnte er noch in einem schlichten Haus in Stettin, wo er als Regimentskommandeur in der Armee des »Soldatenkönigs«
Friedrich Wilhelm I. diente.
Katharina hinterließ Memoiren, in denen sie ihre Jugend und ihre Ehe mit dem russischen Thronfolger schildert. Sie hat daran
immer wieder gefeilt, an den Umarbeitungen ist deutlich der Wille zur Selbststilisierung zu erkennen. Dennoch liefern sie
genügend Hinweise, aus denen hervorgeht, was für ein Leben die junge Frau an der Seite ihres extravaganten Gemahls zu führen
genötigt war. Der hielt eine Meute von Hunden in seinem Zimmer, spielte mit Zinnsoldaten und trank mehr, als er vertragen
konnte. Zudem war sein Gesicht durch die Pockenkrankheit auch noch so entstellt, dass er auf Katharina sehr abstoßend wirkte.
Der Großfürst – so sein Titel als Thronfolger im Wartestand – stellte wohl auch keine sexuellen Ansprüche an sie, sondern
hielt sich an seine Mätresse Elisabeth Woronzowa. Es sollte dann auch keines von Katharinas späteren Kindern aus der großfürstlichen
Ehe stammen. Das Verhältnis zu ihrem Ehemann fasst Katharina in ihren Memoiren in einem kurzen Satz zusammen: »Was mich betraf,
war er mir bei seiner Sinnesart ziemlich gleichgültig, aber die Krone Russlands war es nicht.«
Die Krone Russlands – zielstrebig arbeitete die junge Deutsche darauf hin. Während ihrem Mann alles Russische fremd blieb,
nahm Katharina Sprachunterricht und machte sich Freunde unter den Untertanen, wo sie konnte. Ohne weiteres Bedenken wechselte
sie das Glaubensbekenntnis, gab das Luthertum für die Zugehörigkeit zur orthodoxen Kirche auf und mischte sich ins politische
Kräftespiel am Zarenhof ein. Ganz gegen den Willen der Zarin, die Katharina berufen hatte, damit sie Nachkommen liefere; ansonsten
hatte sie sich still zu verhalten. Aber die Zarin wurde in den 1750er-Jahren krank und kränker, sie musste Katharina gewähren
lassen, die ihre Position im Laufe der Zeit immer weiter ausbaute. Nebenbei pflegte sie die Beziehungen zu ihren zahlreichen
Liebhabern, im Laufe ihres Lebens soll sie 21 gehabt haben, den letzten, als sie 62 Jahre alt war. Die Verhältnisse wurden
in aller Offenheit gepflegt. |169| Die Herren konnten, solange sie in ihrer Gunst standen, in einer eigenen kleinen Hofhaltung residieren, und nach ihrer Verabschiedung
erhielten sie großzügige Geschenke. Es war aber nicht allein die Möglichkeit, in ihrem Dunstkreis Karriere zu machen, was
die Männer zu Katharina hinzog, die Fürstin besaß auch persönlich genug Eigenschaften, die sie dem männlichen Geschlecht begehrenswert
erscheinen ließen. Der polnische Graf Stanislaus Poniatowski, mit dem Katharina um das Jahr 1755 eine Liaison hatte, liefert
ein schwärmerisches Porträt der damals 26-Jährigen: »Ihre Haare waren schwarz, ihre Haut blendend weiß. Sie hatte große blaue,
sehr ausdrucksvolle Augen, schwarze sehr lange Wimpern, eine griechische Nase, einen Mund, der nach Küssen zu schmachten schien.
Ihre Arme und Schultern waren vollendet schön, sie hatte eine biegsame, ziemlich hohe Figur, und ihr Gang war sehr behänd,
aber voll Adel. Der Klang ihrer Stimme war angenehm, und ihr Lachen so fröhlich wie ihre
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