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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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erscheinen, auch wenn es längst nicht mehr so war, dass Österreich eindeutig dominierte.
     Spanien war für Wien ebenso verloren wie Lothringen und Neapel-Sizilien. Und nun auch Schlesien, das Friedrich II. 1748 nach
     zwei Kriegen im Frieden von Aachen für Preußen hatte sichern können.
    Und noch ein Hindernis gab es: Das Bündnis mit Preußen war langfristig angelegt und sollte erst 1756 auslaufen. Da brauchte
     es Geduld, und das war gut so. Ein Schwenk, wie ihn die Pompadour ins Auge fasste, musste sorgfältig geplant sein, denn es
     hieß, den König erst einmal mit dem Gedanken vertraut |164| zu machen, ihn dann den Einflüssen der Traditionalisten zu entfremden und schließlich für die Wiener Option zu erwärmen. Ganz
     allein war Jeanne-Antoinette natürlich nicht auf den Gedanken gekommen: In Paris weilte damals als österreichischer Geschäftsträger
     Graf Kaunitz, ein Charmeur von hohem Rang und feinfühlig obendrein. Er spürte sogleich, dass er mit der Pompadour eine Verbündete
     gewinnen könnte, wenn er ihr nur deutlich genug klar machte, was sie dabei zu gewinnen hatte. Das fiel ihm nicht schwer, und
     er konnte von 1753 an das Projekt auch ganz oben in Wien bei Königin Maria Theresia fördern, denn sie berief ihn in diesem
     Jahr zum Staatskanzler, also zum Leiter der österreichischen Politik.
    1756 löste dann tatsächlich eine französisch-österreichische Allianz das Bündnis mit Preußen ab. Verächtlich sprach der preußische
     König von einer »Koalition der Unterröcke«, denn seinen Spionen in Paris war natürlich nicht entgangen, wer hinter dem antipreußischen
     Kurswechsel stand. Gegen diese Weiberfront, an der auch die russische Zarin Elisabeth Petrowna beteiligt war, half nur ein
     Präventivschlag. Friedrich, später Friedrich der Große, eröffnete damit einen Krieg, den wohl keiner der Beteiligten begonnen
     hätte, wenn man sich seines Ausmaßes bewusst gewesen wäre. In den sieben Jahren kostete er Hunderttausende das Leben und brachte
     alle Krieg führenden Staaten an den Rand des Ruins. Ruiniert hat er auch den Ruf der maßgeblichen Architektin des Bündnisses
     gegen Preußen, denn für Frankreich entwickelte sich der schier unendliche Waffengang höchst unglücklich. Es hagelte Niederlagen
     gegen den genialen Feldherrn Friedrich und gegen die Engländer in den Kolonien, die Kosten explodierten derart, dass sich
     sogar der Hof einschränken musste.
    Doch nur für Momente schien es, als könne die Marquise in Ungnade fallen. Ihre geschickt an wichtigen Positionen platzierten
     Freunde ließen sie selbst diese katastrophale Phase durchstehen. Beim Volk aber war sie nun endgültig in Ungnade gefallen.
     Sie wurde für alle Missgeschicke verantwortlich gemacht, ihr teuflischer Einfluss auf den König habe das Land ins Unglück
     gestürzt und ihre Unersättlichkeit den Staat an den Rand des Bankrotts geführt. Das blieb nicht ohne Rückwirkung auf die Seelenlage
     der Pompadour, die unter den Rückschlägen auch physisch litt und in Depressionen versank.
    Sie erlebte noch den für Frankreich bitteren Frieden, der 1763 mit Preußen in Hubertusburg und mit England in Paris geschlossen
     wurde. Doch ihren eigenen Frieden fand sie nicht mehr; selbst die Gunst des Königs blieb ihr nur aus Gewohnheit und aus Schonung
     erhalten, und die Pompadour war nicht dickfellig genug, das nicht zu merken. Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst, als
     Fieberattacken und Hustenanfälle sie im Februar 1764 aufs Krankenlager warfen. Dennoch gab sie weiter Audienzen und studierte
     Papiere bis in die letzten Stunden. Am Palmsonntag, dem 15. April 1764, trat gegen sieben Uhr abends in ihren
Petits Appartements
der Tod ein.

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    |165|
Katharina die Große
    Die aufgeklärte Despotin

    |166| »Die Kaiserin ist der einzige wirklich reiche Souverän Europas: Sie gibt viel aus und hat doch überhaupt keine Schulden …
     Sie befiehlt, und die Truppen erheben sich, die Schiffe lichten ihre Anker. Es gibt in Russland kein Intervall zwischen dem
     Befehl, wie launisch er auch sein mag, und seiner Ausführung.« Ein Wort aus berufenem Munde. Derjenige, der dies sagte, war
     selbst Kaiser, Maria Theresias Sohn Joseph II., er gab damit seinen Eindruck wieder, den er 1787 bei einer Begegnung mit der
     Kaiserin Katharina II. der Großen in deren soeben kolonisierten Gebieten im Süden Russlands gewonnen hatte. Ein Unterschied
     der Herrschaftssysteme ist damit aber auch schon angedeutet:

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