Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
draufhockt, der annähernd ein Drittel von dem Tier wiegt, dann kann das dem Pferdchen doch nicht egal sein. Wohlgemerkt, damit meine ich jetzt nicht die Leichtgewichte, die einen Hobbit in »Der Herr der Ringe« spielen könnten, wie diese Jockeys, bei denen das Pferd sogar nach dem Rennen noch nicht sicher ist, ob der überhaupt schon aufgestiegen ist. Ich meine damit solche, die normal gewachsen sind und die sich normal ernähren.
Und wäre ich ein Pferd und müsste eine Gewichtsgrenze definieren, bis zu der man mich besteigen dürfte, dann würde ich das absolute Limit bei fünfzig Kilo sehen. Alles bis dahin wäre einigermaßen tolerierbar, mit so jemandem könnte ich mir einen kleinen Ausritt vorstellen. Ich würde das als meinen Beitrag für ein friedliches Miteinander von Mensch und Tier sehen, und es müsste ja nicht gleich ein wilder Galopp sein. Schnell wäre ich ja sowieso nicht, auch nicht mit vier Beinen.
Alle anderen aber – somit etwa neunundneunzig Prozent der Bevölkerung in Wohlstandsländern – spielen gewichtsmäßig in einer Liga, da hört selbst für den breitesten Pferderücken der Spaß auf. Und da ich mich selbst zu diesen neunundneunzig Prozent zähle, weiß ich eines: Ich möchte dem Pferd, auf das ich mich setze, nicht in die Augen sehen müssen!
Und dabei rede ich noch gar nicht von dieser hässlichen Eisenstange im Maul oder dem rücksichtslosen In-die-Weichteile-Treten zwecks besserer Beschleunigung.
Daher: Ich auf einem Pferd, das ist so fern jeglicher Realität, dass ich mich ernsthaft frage, was das in meinen Träumen verloren hat.
Und Opa und Barbie erst! Das war wirklich ein starkes Stück, konnten die mich nicht einmal in meiner Badewanne in Ruhe lassen? Langsam wurden die zu einem ernsten Problem. Wenn sie so weitermachten, war meine ganze Urlaubsfreude zum Teufel. Ich musste mir also bald etwas überlegen, denn eine Woche war zu kurz, um auch nur eine Minute davon herzuschenken.
Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich über eine Stunde geschlafen hatte, und obwohl ich mich beeilte, wurde es fast acht, bis ich ins Hauptrestaurant kam.
Die anderen sahen so aus, als hätten sie nicht so viel Zeit mit Körperpflege vergeudet, vor allem Jo machte den Eindruck, als hätte er weiter an der Optimierung seines Urlaubs-Preis-Leistungsverhältnisses gearbeitet. Ein bisschen kam es mir sogar vor, als schielte er, und das war mir bis dahin noch nicht aufgefallen.
»Was gibt es denn?«, fragte ich mit einem Blick auf das Buffet.
»Saltimbocca«, antwortete Isa.
Ich wusste zwar nicht genau, wie das gekocht wird – irgendwas mit Kalbfleisch und Schinken –, aber es klang beeindruckend.
»Donnerwetter, das hätte ich denen gar nicht zugetraut.«
»Aber auf Türkisch. Mit Tomaten und Paprika und Tonnen von Knoblauch«, bremste Roxie sogleich wieder meine Euphorie.
Das hätte ich mir denken können. Man fällt doch immer wieder auf denselben Trick herein. Ich ließ mir aber dennoch nicht die Laune verderben und holte mir Pommes mit Ketchup und einen Teller Spaghetti Bolognese.
Ich kostete von beidem – ich weiß nicht, wie die Türken ihr Ketchup herstellen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich dabei nicht strafbar machen – und stellte beides wieder beiseite, dann rollte ich das süße Buffet von hinten auf.
»Beeindruckend, was du so alles runterbringst«, sagte Jo, nachdem ich auch das letzte Schoko-Sahne-Törtchen seiner Bestimmung zugeführt hatte.
»Ich hatte ja sonst noch nichts«, meinte ich.
»Aber nur, wenn du die drei Schnitzelburger am Strand nicht mitzählst«, wurde er auf einmal lästig.
Überhaupt fiel mir auf, dass Jo mit zunehmender Alkoholisierung immer rechthaberischer wurde, und auch das Schielen wurde immer ärger. Das Unangenehme daran war, dass man nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, wohin er gerade schaute. Das war, wie wenn einer ein Glasauge hat, da weiß man auch nie, auf welcher Seite die Attrappe ist und auf welcher nicht.
Da ich keine Lust hatte, mit Jo meinen Ernährungsplan zu diskutieren, wechselte ich das Thema.
»Gibt es heute wieder eine Show?«, fragte ich Isa.
Am Vorabend hatten Roxie und ich das Showprogramm versäumt, aber Isas Berichten nach war es gar nicht schlecht gewesen.
»Ja, um neun. Das solltet ihr nicht versäumen, da sind ein paar appetitliche Jungs dabei.«
»Keine Bange, heute bin ich fit. Aber vorher haben wir noch Zeit für einen Drink, oder?«
»Klasse Idee«, meinte Jo, und ich war mir nicht
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