Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
mir auch wieder, halbwegs klare Gedanken zu fassen.
Ich musste zurück zum Club, soviel war klar. Die Verbrecher hatten inzwischen sicher schon das Weite gesucht, und niemand wusste, dass ich es gewesen war, die ihren Plan vereitelt hatte. Ich würde bis zum nächsten Morgen warten, und dann würde ich das deutsche Konsulat verständigen. Denn die waren sicher nicht an diesem Verbrechen beteiligt, die waren schließlich deutsch.
Das würde einen Riesenrummel geben, keine Frage. Und wieder eine fette Schlagzeile: Vierunddreißigjährige Immobilienmaklerin vereitelt Raubzug der Organmafia! Ich würde als Heldin gefeiert werden, und das hatte ich mir auch verdient.
Aber war das klug?
Verbrecher sind nachtragend. Was, wenn die sich an mir rächen wollten? Sollte ich nicht besser warten, bis ich wieder in Deutschland war? Die erste Gefahr war immerhin gebannt, und wenn die Arbeiter vom Steinbruch morgen früh das Fahrzeug entdeckten, würden sie ohnehin die Polizei verständigen. Es war also vorerst nicht nötig, dass ich mich als Heldin zu erkennen gab.
Aber auf den ganzen Ruhm verzichten? Da bringt man einmal im Leben etwas Großartiges zustande, und niemand soll es erfahren? Das war wider meine Natur.
Als Nächstes musste ich jedenfalls zusehen, wie ich wieder zurück zum Club kam, und so menschenleer, wie sich die Straße zu dieser Zeit präsentierte, musste ich wohl oder übel laufen. Und das in meiner Verfassung. Jetzt, da die größte Anspannung vorbei war, spürte ich auch den vielen Alkohol wieder, der sich noch immer ein vergnügliches Stelldichein in meinem Körper gab, und auch mein Quadrizeps signalisierte, dass er und seine Kollegen ihren Widerstand noch keineswegs aufgegeben hatten.
Doch dann, als ich so dahintrottete, zeigte sich mein Schicksal wieder von der freundlichen Seite, indem es mir ein Taxi schickte. Es hatte irgendwie dafür gesorgt, dass ein Taxifahrer in mittleren Jahren von einer nächtlichen Fahrt nach Antalya zurückkam, sodass ich die Gelegenheit bekam, ihn zu stoppen – indem ich mich kurzerhand mitten auf die Straße stellte.
Denn das muss ich sagen, so eine Erfahrung mit dem Tod aus nächster Nähe macht einen verdammt mutig. Danach kommt es einem wie das reinste Kinderspiel vor, sich vor ein heranrasendes Auto zu werfen und den Fahrer damit in den Straßengraben umzuleiten. Dem fehlte natürlich im ersten Moment das Verständnis für meine besondere Situation, und ich lernte ein paar interessante türkische Schimpfwörter kennen, doch als ich mit einem Fünfzig-Euro-Schein vor seiner Nase herumwedelte und er kapierte, dass er mich dafür nur ein paar Kilometer fahren musste, stellte er seine Schimpftiraden ein und brachte mich nach Hause.
Als ich an der Rezeption vorbeimarschierte, war dort gerade eine eifrige Diskussion zwischen mehreren Clubangestellten im Gange, aber ich konnte nicht erkennen, ob das in irgendeinem Zusammenhang mit meinem Erlebnis stand. Auf jeden Fall ließen sie mich unbehelligt vorbei, und ich fühlte, wie auch der letzte Rest von Anspannung von mir abfiel.
Dafür überkam mich auf einmal eine wahrhaft bleierne Müdigkeit. Mein Körper verlangte dringend nach Schlaf, und als ich auf dem Weg zu meinem Zimmer bei den Appartements der Clubanimateure vorbeikam, hatte ich sogar eine Halluzination.
Ich glaubte nämlich auf einmal das Startgeräusch eines Steyr, Baujahr 1957 zu hören und dazu kräftige männliche Stimmen in breitem niederbayrischem Akzent.
Gar keine Frage, meine Sinne spielten mir einen Streich. Meine geschundene Seele sehnte sich anscheinend nach der Geborgenheit auf dem Hof meines Großvaters, nach Frieden und Ruhe. Und nach einer kräftigen Brotzeit.
18
Es war kurz nach zehn, als ich erwachte.
Ich hatte Kopfschmerzen und ein bisschen Muskelkater, aber als die Erinnerung an die letzte Nacht wiederkehrte, fühlte ich mich plötzlich wieder topfit.
War das ein Traum gewesen?
Vermummte Gestalten, ein Kleintransporter mit Kühlbehältern für den Abtransport von menschlichen Organen, und eine schöne Frau, die alles riskiert hatte zum Wohle der Menschheit. Nein, zum Teufel, das war die Realität, ich hatte eine Heldentat vollbracht. Ich hatte einige Menschen in diesem Club gerettet. Aber was sollte ich jetzt tun? Sollte ich mich zu erkennen geben? Sollte ich an die Öffentlichkeit treten?
Meinem Image hätte es jedenfalls gut getan.
Und auf einmal sah ich mich oben auf der breiten Haupttreppe stehen und unten zu meinen
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