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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich um das älteste Vehikel, das man an der ganzen Front auftreiben konnte. Prustend und quietschend bremste es. Ugarow klopfte der Bajda beruhigend auf die Schulter und ging auf den Wagen zu.
    Aus dem Fahrerhaus sprang ein Mann, machte drei Kniebeugen und grüßte dann stramm, als er den Leutnant sah.
    »Sergeant Bairam Wadimowitsch Sibirzew zur Stelle!«
    Da war er nun. Er kam nicht nur aus Sibirien, was man an seinen schrägen, listigen, graugrünen Augen und den hohen Backenknochen sofort erkannte, sondern er hieß auch noch so. Mittelgroß und stämmig war er, mit breiten Schultern, dicken Beinen und runden Hüften, so ein richtiger Waldläufer aus der Taiga, ein Rentreiber und Luchsfänger, der in Erdhöhlen nächtigen und sich von rohen Wurzeln ernähren konnte. Er grinste erwartungsvoll und blinzelte zu den Mädchen hinüber. Seine schwarzen Haare waren staubbedeckt von der Steppenfahrt, sein Scharfschützengewehr hatte er, wie Stella Antonowna, die neben Soja Valentinowna wartete, über den Rücken geworfen. Da Ugarow auf seine Meldung hin noch nicht geantwortet hatte, blieb Sibirzew in strammer Haltung stehen.
    Ugarow atmete innerlich auf. Keine Gefahr für mich und für Soitschka, stellte er zufrieden fest. Er ist zwar ein Mann, aber er ähnelt eher einem Affen. Diese Einschätzung war äußerst gehässig, denn Sibirzew war durchaus eine attraktive Erscheinung, ein Taigamensch, den nichts ermüdete, kein Schneesturm und kein heißer Wind, kein Hochwasser und kein tückischer Sumpf. Am allerwenigsten aber konnte ihn ein Mensch in die Knie zwingen. Bei seiner Spezialausbildung in Ulan-Ude hatte sich das bestätigt. Wie ein verheerender Brand war er durch ein Freudenhaus gezogen: Als er es verließ, pfiff er ein lustiges Liedchen, während die Dirnchen allesamt schlaff auf ihren Lagern ruhten und nach kühlenden Tüchern stöhnten.
    Wer Sibirzew genauer ansah, hätte so etwas ahnen können – seine stämmigen Beine, die Hüften, der breite Brustkorb, die Muskeln an Armen und Rücken, der dicke Hals … Er gehörte zu jenen Jägern, die tagelang einen angeschossenen Bären verfolgen, bis sie ihm endlich das Fell abziehen können.
    Ugarow, milder gestimmt, weil er davon überzeugt war, daß Bairam Wadimowitsch nicht dem Geschmack von Soitschka entsprach, fragte in abgehacktem Kommandoton:
    »Rühren! Sergeant, das hier ist eine besondere Truppe! Bevor Sie hier überhaupt ein Bett beziehen, erklären Sie mir erst, warum Lenin einen Spitzbart trug …«
    Sibirzew stellte sich bequem hin, grinste breit und antwortete sofort.
    »Er hatte bemerkt, daß ihm beim Vollbart die halbe Suppe in den Haaren hängenblieb …«
    Ugarow war sprachlos. Hinter ihm klatschte die Bajda in die Hände, rief »Bravo, Sergeant!«, kam nach vorn und gab Sibirzew die Hand. Bairam Wadimowitsch schlug wieder die Hacken zusammen – schließlich war die Bajda im Kapitänsrang und damit höher gestellt als der Leutnant –, zog den Kopf zwischen die Schultern und sah so aus wie eine Statue für den Marktplatz von Nowoselitsa: Der Nahkämpfer.
    Ugarow schnaufte durch die Nase. Es half alles nichts – er mußte Sibirzew doch hassen und auf dem Boden halten. Eine verteufelte Schnauze hat er, und schnell im Denken ist er auch. Ugarow selbst hätte diese verrückte Frage nie beantworten können. Jedenfalls nicht so gut und so treffend.
    »Holen Sie ihr Gepäck!« brüllte Ugarow, als sich die Hand der Bajda aus Sibirzews breiter Pranke löste. »Aus welcher Völkerschaft kommen Sie?«
    »Ich bin ein Ewenke«, sagte Sibirzew und blinzelte wieder den Mädchen zu, die in kleinen Gruppen beieinanderstanden und verhalten kicherten. »Aber aufgewachsen bin ich in Ulan-Ude bei meinem Onkel. Der war Zuckerbäcker. Mit sechzehn Jahren bin ich dann in die Taiga zu den Jägern … es lag mir nicht, neben der Moschee Butterkringel und Honigstangen zu verkaufen.«
    »Dachte ich's mir doch!« sagte Ugarow und warf einen bösen Seitenblick auf Soja, die sich vor Lachen bog und ihre Brüste vorstreckte, als wolle sie diese wie Minen auf Sibirzew abschießen. »Was ist Ihre Aufgabe bei uns? Hat man Ihnen einen besonderen Befehl mitgegeben?«
    »Ich soll Sie unterstützen, Genosse Leutnant.«
    »Mich? Worin denn?« Ugarow wurde rot vor Wut. »Ich brauche keine Unterstützung!«
    »Sie haben Probleme mit den Deutschen.«
    »Keine, die wir nicht auch selbst lösen könnten. Wir haben die beste Schützin der Sowjetunion bei uns.«
    »Ich weiß. Stella Antonowna

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