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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Vinzenzo, die ihrem einzigen Sohn nachwinkte und so glücklich war, daß er nicht mehr im Graben liegen mußte, sondern immer neben dem General einhergehen konnte.
    Du wirst ein wenig weinen, aber dann wird das Leben weitergehen, und du wirst einen anderen Mann lieben lernen, schöne Loretta. Wie schön war das, als wir bei Tante Rosa unter den Olivenbäumen lagen, müde von der Liebe, schweißbedeckt, und nur darauf warteten, daß wieder ein wenig Kraft in uns zurückkehrte, nur um erneut einander zu verzehren. ›Ich möchte jetzt ein Kind von dir!‹ hast du gesagt. ›Mir ist es gleich, was die Leute sagen. Wir werden ja später heiraten. Aber jetzt möchte ich ein Kind! Wer weiß, wie lange der Krieg noch dauert, da will ich etwas von dir haben. Nicht nur ein Foto, nicht nur das Medaillon, nicht bloß die Briefe … ich will ein Stück von dir selbst.‹ – Ich habe es nicht getan. Ich habe mich vorgesehen, und du warst richtig böse, Loretta. Siehst du, wie gut das war? Was hättest du jetzt davon, wenn du schwanger wärst? Eine unverheiratete Frau mit Kind – das ist in Italien immer ein Problem. So aber bist du ein freies, junges Mädchen. Vergiß Angelo Vinzenzo bald, Loretta, bitte vergiß ihn. Lebe weiter. Ich liebe dich …
    Vinzenzo wandte sich ab, ging in den Kompaniebunker und sah noch immer Langhesi an der Wand sitzen. Sein Gesicht war zerfurcht. Er wirkte wie ein Greis.
    »Ich bringe die deutschen Kameraden noch heute nacht zurück«, sagte Major Vinzenzo. »Das ist besser, als jetzt per Telefon eine Meldung durchzugeben. Ihren Bericht können Sie später nachreichen. Und vergessen Sie, was ich vorhin gesagt habe.«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen, Herr Major.«
    »Ich fragte Sie, warum Sie nicht der vierte sind.« Vinzenzo wischte sich mit beiden Händen die in der Hitze des Bunkers schmelzenden Eiskristalle aus den Haaren und vom Gesicht. »Es hätte heißen müssen: Warum bin ich nicht der vierte?«
    Eine Stunde später lagen Oberstleutnant v. Rahden, Major Schlimbach und Major Halbermann nebeneinander vor dem Kompaniebunker auf flachen Schlitten. Man hatte die Toten ohne Beschuß bergen können. Der Russe hatte keinen Laut von sich gegeben. Dabei war man sicher, daß aufmerksame Augen den Abtransport in allen Einzelheiten verfolgten.
    Vinzenzo zog die Decken weg, die man über die Toten gezogen hatte. Wie alle anderen, die ihre Köpfe gesehen hatten, verspürte er einen stechenden Schock.
    Sie waren alle drei auf die gleiche Art und Weise gestorben: Ein Schuß exakt ins linke Auge. Punktgenau, fast unbegreiflich. Anstelle des Augapfels war jetzt ein Loch im Schädel. Nicht zu weit zur Nase, nicht zu weit zur Schläfe, nein, die Augen waren präzise ausgestanzt, als wolle man neue einsetzen.
    »Unglaublich«, sagte Hauptmann Langhesi heiser. »Das müssen Kerle aus Sibirien sein. Die meisten Scharfschützen kommen aus der Taiga.«
    Vinzenzo deckte die Toten wieder zu. Gefallen für Führer und Vaterland, wird man ihren Vätern und Müttern schreiben, ihren Frauen und Kindern. Sie kämpften tapfer für den Endsieg, für die Erhaltung des Reiches. Und dabei waren sie nur neugierig und reckten die Köpfe ein wenig zu hoch, weil sie Frauen sahen. Auch so etwas nennt man Heldentod …
    Im Morgengrauen erreichte die kleine Kolonne den vorgeschobenen Verbandsplatz beim Regiment. Dort wurden die drei deutschen Offiziere in einen LKW geladen und zum Armeestab gebracht. Vinzenzo hatte es abgelehnt, vorne im Fahrerhaus zu sitzen, und sich neben die Toten unter die Plane gehockt.
    Es war eine holprige Fahrt über die vereiste Straße nach Starobelsk. Der Wagen hüpfte, der Motor brüllte gequält, die Räder drehten oftmals heulend durch. Bei diesem Lärm kann man vorn im Fahrerhaus keinen Schuß hören.
    Oberst Bartollini kam selbst ins Freie, um das Ausladen der drei Leichen zu überwachen.
    Es waren vier Tote.
    Mit steinernem Gesicht legte Bartollini die Hand an die Mütze, als man als letzten Vinzenzo auf einer Trage abtransportierte.
    In dem Brief, den er an Amelia Vinzenzo, die Mutter, schrieb, sagte er: »Angelo erfüllte seine Pflicht. Das ist das höchste, was man von einem Mann berichten kann. Sie können stolz auf ihn sein.«
    Amelia Vinzenzo hat es nie begriffen, wie ihr Sohn neben einem General fallen konnte. Es blieb ein Rätsel für sie, das langsam ihren Geist verdunkelte.
    Jeder, der erfuhr, welches Kommando man Foma Igorewitsch Miranski übertragen hatte, schnalzte genußvoll mit der

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