Frauenbataillon
ihm etwa in den Hintern zu schießen.
Die drei fast unsichtbaren Gestalten drehten sich auf die Seite und blickten sich an. Sie lächelten einander zu und zogen die Gewehre zu sich heran.
»Gratuliere – «, sagte die mittlere. »Gratuliere, Schanna.«
»Gratuliere, Lida.«
»Gratuliere, Darja.«
Sie warteten noch ein paar Minuten, aber auf der deutschen Seite blieb alles still. Dann krochen sie hintereinander bis zu einem Laufgraben, in den sie sich hineinfallen ließen. Dort umarmten sie sich, küßten sich auf die Wangen und liefen geduckt zu den gut getarnten, ausgebauten Stellungen. Erst im Erdbunker rissen sie die Mützen von den Köpfen.
Sie hatten braune, schwarze und kastanienrote Locken und hübsche, fast noch kindliche Mädchengesichter …
*
Oberstleutnant v. Rahden hatte das Geheimnis der Überläufer entdeckt. Wenigstens glaubte er das. Verbissen starrte er auf die Frauengestalten neben dem sowjetischen Erdbunker.
»Noch Fragen?« Er blickte kurz zu Hauptmann Langhesi. »Tut mir leid, es zu sagen, aber das kann doch nur Italienern passieren. Sehen da drüben ein paar zackige Weiberärsche … und hopp, sind sie auf der anderen Seite. Eine Sauerei ist das! Wo ein Rock ist, klappen bei denen die Scharniere hoch. Wußten Sie, daß die Iwans Frauenbesuch empfangen?«
»Nein …«, sagte Hauptmann Langhesi heiser vor Zorn. »Und ich protestiere! Ich dulde es nicht, daß man meine Nation verunglimpft!«
»Herr Hauptmann …!« sagte Oberstleutnant v. Rahden scharf. Wo gab es denn das? Ein untergebener Offizier protestierte gegen die Wahrheit?! »Was ich sehe, sehe ich! Und ich kann logisch denken! Und zum dritten: Ich war ein halbes Jahr an der italienischen Front auf dem Balkan. Als Beobachter. Du lieber Jolly, was ich da erlebt habe! Da schwebte einem ja vor Entsetzen die Mütze auf den Haarspitzen!« v. Rahden wandte sich wieder den sowjetischen Linien zu und beobachtete die Frauen. Sie waren verschwunden. Die Steppe lag einsam und weit unter der diffusen Schneenacht. »Nun platzen Sie nicht gleich vor verletztem Nationalstolz. Es kann nicht jeder ein Preuße sein! Die Weiber sind weg! Meine Herren, die Frage der Überläufer ist für mich geklärt.«
Er setzte das Nachtglas ab und blinzelte in die Weite. Auch Major Schlimbach und Major Halbermann senkten die Gläser. In diesem Augenblick erklang ein Schuß. Hauptmann Langhesi warf sich instinktmäßig seitwärts in das Loch. Fast gleichzeitig fiel ein zweiter Schuß. Langhesi hörte die Kugel über seinen Kopf hinwegzirpen, duckte sich, zog die Schultern hoch und rollte sich wie ein Igel zusammen. Wenn jetzt Granatwerfer folgten, würde es kritischer werden.
»Weg!« zischte er zu den drei deutschen Offizieren hinauf. »Sie schießen sich ein!«
Aber die Offiziere rührten sich nicht. Sie lagen am Lochrand, hatten die Köpfe niedergedrückt und schienen zu warten. Seltsam war nur, daß sie mit den Köpfen auf dem Rand lagen.
Als alles still blieb, streckte Hauptmann Langhesi den Kopf vor, um eine Frage zu stellen. In diesem Moment fiel ihm die etwas verkrampfte Haltung von Major Halbermann auf. Er lag auf dem Rand, das linke Bein angezogen, und die Arme ausgebreitet, als wolle er sich zu einem Vogelflug abstoßen. Daneben lag Oberstleutnant v. Rahden, den Kopf zur Seite gedreht, als schlafe er. Major Schlimbach war am weitesten draußen … er lag mit dem Oberkörper über dem Rand und mit dem Gesicht im Schnee. Erst jetzt begriff Langhesi. Er schluckte mehrmals, kroch dann auf dem Bauch aus dem Loch in den flachen Laufgraben und hetzte zurück.
Major Vinzenzo hockte im Kompaniebunker am Feldtelefon und sprach mit dem Regiment. Sein Plan, mit den deutschen Offizieren zum Vorposten zu kriechen, war durch einen Anruf von Bartollini aufgehalten worden. Er wollte ihnen gleich folgen.
»Durch Zufall höre ich, wo Sie sind!« bellte Bartollini. »Sind Sie verrückt geworden, Vinzenzo?! Nicht genug, daß Sie sich wegen dieser Überläufergeschichte verrückt machen lassen, nein, nun reißen Sie auch noch drei deutsche Kameraden in den Blödsinn hinein! Wenn bei diesem sinnlosen Ausflug etwas passiert …«
»Was soll passieren, Herr Oberst?« antwortete Vinzenzo selbstbewußt. »Die deutschen Herren laufen bestimmt nicht über.«
»Ich mache Sie verantwortlich, Vinzenzo!«
»Dieser Frontabschnitt ist still wie ein Friedhof. Ich werde den Deutschen gleich nachgehen. Es besteht überhaupt keine Gefahr.«
»Sie haften mir für alles,
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