Frauenbataillon
links zur Mitte. Haben Sie's?! Das ist ja nicht zu fassen …«
»Weiber!« Major Schlimbach reckte sich etwas höher im Postenloch. »Zwei Weiber! Eindeutig!«
»Man sieht es an den halblangen, lockigen Haaren! Die haben in der Stellung Damenbesuch!« v. Rahden schlug mit der Faust auf den Erdrand. »Nein, so was! Das läßt ja einen Neger weiß werden!«
Sie stemmten sich alle weiter aus dem Loch und hoben die Nachtgläser.
Ihr weißes Tarnzeug ließ sie mit dem Schnee verschmelzen.
Sie trugen weiche, dicke Fellstiefel, eine enganliegende Wollmütze, die nur die Augenpartie und einen Atemschlitz über dem Mund freiließ, gefütterte Kapuzen und weiße, aus dicker Wolle gestrickte Handschuhe.
Sie lagen in einem Granattrichter, drei hingestreckte, flache Gestalten, atmeten gegen die Erde, um sich nicht durch ihren heißen Atem zu verraten, und starrten schweigend durch ihre Zielfernrohre. Sogar ihre langläufigen Gewehre waren mit weißer Farbe angestrichen.
Der Trichter war groß genug für drei. Sie lagen bequem, hatten Ellenbogenfreiheit nach allen Seiten und konnten es sich hinter dem Gewehr gemütlich machen. Es war eine mäßig dunkle Nacht, über dem Schnee lag ein fahler Schimmer. Im Zielfernrohr konzentrierte sich die schwache Helligkeit und umgab den anvisierten Gegenstand mit einer Art Hof. Der Tod trug einen Heiligenschein.
»Jeder nimmt den ihm gegenüber Liegenden«, flüsterte die mittlere Gestalt. »Ich zähle von zehn rückwärts. Bei null gemeinsamer Schuß.«
»Und der vierte?« fragte die linke Gestalt.
»Ich mache dreißig Schuß in der Minute …«, sagte die rechte Gestalt.
»Angeber! Du hast nur fünf im Magazin.«
»In Frunse habe ich mit sechs Gewehren hintereinander geschossen. Dreißig in der Minute. Steht in meinen Papieren.«
»Und wie viele Treffer?«
»Vierundzwanzig … Mitte …«
»Artist!« Die mittlere Gestalt legte den Zeigefinger in den weißen Strickhandschuhen um den Abzugsbügel des Gewehres. Die beiden anderen taten es ihr nach. Flach, wie eine niedergewalzte Erdscholle, lagen sie im Schnee, unsichtbar, selbst wenn man einen Meter vor ihnen gestanden hätte.
»Ich zähle … Zehn … neun … acht … sieben …«
In den Fadenkreuzen der Zielfernrohre schimmerten matt Gesichter mit vorgehaltenen Ferngläsern. Unter den Tarnkapuzen die Ränder der Stahlhelme. Dann ein freies Kinn, ein Hals, der Kragen des Uniformrocks. Es war kein gutes Ziel, die Ferngläser störten, schalteten die Augen als Einschlagstelle aus. Es blieb nur ein winziger Fleck über der Nasenwurzel, die Stelle zwischen Fernglas und Stahlhelmrand, oder allenfalls durch den Hals, aber das war eine unsichere Sache … einen Halsschuß hatten schon viele überlebt; da hätte man schon ein Explosivgeschoß nehmen müssen. Aber das verachteten sie … ihnen genügte die Patrone M-30 mit der gelben Geschoßspitze, die Patrone, die sie das ›dicke Schwälbchen‹ nannten. Wenn die M-30 traf, konnte man einen Strich ins Schußbuch machen. Und man traf immer.
Sie sahen durch das Zielfernrohr … der kleine weiße Fleck über der Nasenwurzel lag in gerader Linie. Sie kannten ihre Gewehre wie ihre eigenen Körper, es gab kein Abweichen, sie waren auf den Millimeter genau mit ihnen eingeschossen … trafen sie nicht, so hatte nicht das Gewehr versagt, sondern der Schütze.
»… sechs … fünf … vier … drei …«
Der Zeigefinger krümmte sich zum Druckpunkt. Die im Schneewiderlicht schimmernden Gesichter im Fadenkreuz wuchsen ihnen fast entgegen. Sie vergrößerten sich, kamen höher aus der Erde heraus … die Läufe der Gewehre gingen mit, das Schußfeld wurde besser, von den Gesichtern verschwanden die Ferngläser, die Augen lagen frei, eine geradezu ideale Scheibe … Augen, die zu ihnen hinüberstarrten, ohne sie zu sehen.
»… zwei … eins … null.«
Es klang wie ein einziger Schuß. Zwei Sekunden später dann der vierte hinterher. Schneller konnte niemand schießen. Schloß zurück, Patrone eindrücken, Schloß zu, abdrücken … in zwei Sekunden.
»Zu spät!« Die mittlere Gestalt drehte den Kopf zur Seite. »Das war auch gar nicht möglich. Der Duckreflex ist schneller als dein Durchladen.«
Es klang nüchtern wie bei der Beurteilung auf dem Schießplatz. Sie blickten wieder durch die Zielfernrohre und sahen, wie der vierte Gegner halb kriechend, halb vorwärtsschnellend nach hinten hetzte zu den deutschen Stellungen. Er war kein Ziel mehr. Es wäre unter jeder Würde gewesen,
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