Frauenheld: Frauenheld
darüber hinwegzusehen. Wenig später saßen wir auf der Couch und aßen Kuchen. Meine Mutter erspähte meine Playboysammlung und zog ein Heft hervor. Sie blätterte bis zum Playmate und wunderte sich über die nicht mehr vorhandene Schambehaarung.
»Und, Julia, sehen Sie auch so aus? Also ich finde dieses ganze Rasieren wirklich fürchterlich!«
Julia wurde rot und sagte: »Das ist doch viel schöner und auch hygienischer, oder?«
Das »oder« hätte sie sich sparen können. Meine Mutter schaute sie an, als wäre sie eine Nutte. Bevor die Situation eskalierte, wechselte ich schnell das Thema. Doch meine Mutter konnte wie immer noch einen nachlegen und las uns nun die Playboywitze vor.
Wenn das nicht ein Einstand nach Maß war. So hatte ich mir das immer vorgestellt. Eigentlich konnte ich damals froh sein, dass Julia nicht Reißaus genommen hat.
Trotzdem werde ich später, wenn Bianca weg ist, lange mit ihr telefonieren. Damit Bianca aber überhaupt kommen kann, muss sie mich nun endlich einmal anrufen.
Es vergeht Stunde um Stunde. Kein Anruf. Nach fünf Stunden gebe ich auf. Ich schnappe mir Zeus. Ich brauche Luft.
Was ist Bianca nur für ein komischer Mensch! Mittlerweile ist die leichte Verknalltheit gewichen und hat sich in Aggression verwandelt. Trotzdem würde ich diese Frau, die mich so hemmungslos verarscht hat, gerne einmal sehen. Aber jetzt ruf ich erst mal meine Mutter an.
***
Am Sonntagmittag logge ich mich wieder bei »Friendscout« ein. Das Profil von MausKöln gibt es nicht mehr. Habe ich mir Bianca nur eingebildet? Doch diesen kurzen Verdacht kann ich beseitigen. Unter den Besuchern meines Profils steht sie noch. Ich nehme mein Handy und wähle ihre Nummer. Es klingelt. Eine Frauenstimme meldet sich.
»Ja, hallo?«
Das ist nicht Bianca.
»Ja, hier ist Bastian. Kann ich bitte Bianca sprechen?«, frage ich.
»Bianca?«, entgegnet die Stimme und macht eine längere Pause. »Eine Bianca gibt es hier nicht!«, raunzt sie mich dann an.
Ich schaue auf mein Display. Ich habe mich nicht verwählt. »Entschuldigen Sie, haben Sie diese Nummer neu? Bisher hatte die immer eine Freundin von mir.«
»Also, das ist schon seit Jahren meine Nummer.«
»Sorry, dann weiß ich es auch nicht. Ciao«, sage ich und fühle mich, als hätte mir jemand mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen. Was zieht Bianca denn hier für eine Nummer mit mir ab?
Okay, Basti, denk nach, was weißt du noch über dieses Mädel? Studentin. BWL . Da kommt ein Detektiv nicht wirklich weiter. Wie ein Blitz trifft es mich: Unfall. Sixt. Die können mir sicherlich helfen. Die Service-Nummer ist schnell gefunden.
»Hier ist Ihre Sixt-Autovermietung. Was kann ich für Sie tun?«, fragt mich eine warme männliche Stimme.
»Ja, guten Tag, mein Name ist Schwenk. Ich war gestern Zeuge bei einem Unfall. Der ist am Samstagmorgen in der Innenstadt von Köln passiert.«
»Und was kann ich da für Sie tun?«
»Das klingt vielleicht komisch, aber die Beifahrerin, Bianca Soundso, hatte mir, während wir auf die Polizei gewartet hatten, einen Song auf ihrem iPod vorgespielt. Was soll ich sagen, also, den iPod habe ich jetzt immer noch …« Ich versuche, gleichzeitig ehrlich und verzweifelt zu klingen.
»Dann geben Sie ihn doch in unserer Station ab. Wir schicken ihn dann der Dame«, schlägt der Mitarbeiter der Autovermietung vor.
»Ich weiß, das ist eine komische Bitte, aber können Sie mir nicht die Adresse geben? Dann kann ich ihn ihr gleich in den Kasten werfen«, sage ich und bemühe mich, sehr charmant zu klingen. Aber was habe ich da schon für Chancen bei einem Mann?
»Sie müssen verstehen, dass ich das aus Datenschutzgründen nicht machen kann.«
Okay, Basti, das wird jetzt schwer.
»Es tut mir leid, ich habe Sie angelogen. Ich bin verzweifelt. Es geht nicht um einen iPod. Diese Bianca ist ein Internet-Blind-Date gewesen. Sie hat mich zwei Mal versetzt und mir immer wieder Geschichten erzählt. Sie sind doch auch ein Mann, können Sie mir da nicht irgendwie helfen? Ich will einfach wissen, wer diese Person ist.«
Stille. Hat er aufgelegt? Dann höre ich das Klicken einer Tastatur.
»Zumindest ist sie verheiratet«, flüstert der Mann nun.
»Wie bitte?« Mir fällt die Kinnlade runter.
»Bitte haben Sie Verständnis! Auch wenn ich Sie gut verstehen kann, aber unsere Telefonate werden mitgeschnitten. Und ich brauche diesen Job. Ich kann Ihnen nur so viel sagen, dass hier im Unfallbericht zwei Vornamen, ein männlicher und
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