Frauenheld: Frauenheld
antwortet Torsten mit einem breiten Grinsen. »Ja, bin ich. Täglich sechzig Minuten. Du bekommst ein ganz anderes Körpergefühl. Ich bin mir sicher, du schaust täglich mindestens ’ne Stunde irgendeinen Scheiß im Fernsehen. Spar dir das, und deine Fettpolster werden auch schwinden!« Dabei klopft mir Torsten auf meinen im T-Shirt nicht gerade attraktiven Bauch.
»Es gibt Frauen, die gar keinen Waschbrettbauch mögen. Das ist denen nicht kuschelig genug. Waschbär ist in«, erwidere ich etwas kleinlaut.
»Ja ja, und Falten sind sexy und Glatze ist total männlich. Du glaubst diese Ausreden doch nicht wirklich? Komm, beeil dich, dann trimm ich dich ein wenig«, fordert er mich auf.
Torstens Training hat es wirklich in sich. Er peitscht mich immer an: »Komm schon, einen schaffst du noch! Beweg dich! Schneller! Sei stark!«
Einen Vorteil hat es: Ich vergesse für den Moment Bianca und genieße geradezu die Atmosphäre in meinem Fitnessstudio. Seit fünf Jahren bin ich hier schon Mitglied. Es ist modern eingerichtet. An der langen Theke werden die üblichen frischen Säfte angeboten. Und natürlich auch Eiweißdrinks, Powerriegel und Obst. Die Geräte sind so angeordnet, dass man sich nicht wie in einer Turnhalle vorkommt. Halt nicht eng an eng, sondern mit genug Luft dazwischen. An den Crosstrainern und Laufbändern sind kleine TV -Geräte angebracht. Die Kursräume sind separat und das Studio ist auch nicht von der Straße einsehbar. Warum komme ich eigentlich nicht öfter her?
In den letzten sieben Monaten hat mich Julia oft davon abgehalten. Sie wollte essen gehen oder hat mich zu irgendwelchen Ausstellungen mitgezogen. Am Anfang war ich auch richtig gerne mit ihr zusammen. Selbst wenn wir unterschiedliche Meinungen über Kunst hatten und ich auch nicht wirklich jeden Tag im Restaurant essen musste. Aber das konnte ich alles ausschalten, weil mich ihr Lächeln so verzauberte. Außerdem bin ich ein Geruchsmensch. Bei mir stimmt das Sprichwort, dass man sich gut riechen kann. Julia versprühte einen Duft, der mir die Sinne raubte. Frisch, aufregend und sexy. Sie zog mich sogar an, wenn sie leicht verschwitzt war.
Nach zwei oder drei Monaten sah das dann allerdings schon anders aus. Ich hatte viel in der Agentur zu tun, und die anfängliche Verliebtheit schlug nicht in Liebe um. Und wenn die erste Begeisterung einmal weg ist, dann sieht man so viele Fehler beim anderen. Oder besser gesagt: Dinge, die man am anderen nicht oder nicht mehr mag. Durch das zwanghafte Zu-früh-ins-Bett-Gehen blieb mir dann auch einfach zu wenig Zeit für das Fitnessstudio. Basti, so weit darfst du es nicht mehr kommen lassen!
»Und jetzt tu mir einen Gefallen, Basti, und geh nicht gleich in die nächste Pommesbude! Nimm dir ein paar Bananen oder Äpfel zur Brust! Und kein Bierchen gleich auf der Couch, sondern trink Wasser«, belehrt mich Torsten, während wir unter der Dusche stehen.
»Ja, ich weiß ja. Ich gelobe Besserung«, verspreche ich.
Ich schaue an Torstens gestähltem Körper herunter. Alles perfekt. Nur dieses Piercing durch sein Vorhautbändchen wäre nicht mein Ding. Das muss doch wehtun.
»Ziehst du den Stecker beim Sex eigentlich raus?«, höre ich mich fragen und werde dabei ganz rot.
»Wo hast du denn deine Augen?«, prustet Torsten amüsiert heraus. Und auch die anderen Männer in den Duschen haben meine Frage mitbekommen und sehen uns mit großen Augen an.
»Klar bleibt der drin! Wird noch gefühlsechter dadurch. Ich sag euch gerne, wo man so was machen lassen kann! Und jetzt Schluss mit Glotzen, sonst glaube ich bald, dass hier ein paar vom anderen Ufer sind. Und das mag ich gar nicht!«, poltert Torsten los.
Wenn man so einen austrainierten Körper wie Torsten hat, macht man sogar unter der Dusche im Fitnessstudio Eindruck. Wie ein Schlusspfiff klingt der Satz von Torsten nach, und das normale Treiben geht weiter.
Ich glaube, ich bin immer noch rot. Manchmal bin ich wohl wirklich zu neugierig. Aber Torsten sieht es mir nach. Und meine Antwort habe ich auch bekommen.
Beim Verlassen des Studios nehme ich mir zwei Bananen mit und winke damit Torsten zu, der sich noch an die Theke gesetzt hat. Schließlich trimmen hier auch Frauen ihren Körper. Und man kann sich gut kennenlernen. Doch dafür bin ich zu untrainiert.
Ich will nur noch nach Hause in mein Bett. Im Stillen hatte ich noch gehofft, eine SMS von Bianca zu bekommen. Aber leider Fehlanzeige. Zu Hause falle ich auf die Couch und schaffe es gerade
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