Frauenheld: Frauenheld
mir halt schwer. Ich bin zugezogen und in Mainz aufgewachsen. Wieso?«, fragt sie mich jetzt wieder etwas lockerer.
»In deiner Stimme schwingt was mit. Ich hätte auch auf Pfalz getippt.«
»Echt? Das hat mir schon lange keiner mehr gesagt. Aber seine Wurzeln kann man schlecht ablegen, gell? Was machst du in der Werbeagentur? Texter oder Zeichner?«
»Nein, ganz so kreativ bin ich nicht. Ich bin die Schnittstelle zwischen Kunde, Agentur und beauftragtem Dienstleister.«
»Macht das Spaß?«
»Ja, eigentlich schon. Zum Glück hafte ich nicht dafür, wenn ein Dienstleister die Sache verbockt«, antworte ich und denke dabei, dass ich aber hafte, wenn ich die falsche Kalkulation schreibe. Das kostet mich direkt meinen Job. Echt, das hätte mir nicht passieren dürfen. Und das nur, weil ich geil auf Bianca war. Basti, du musst wirklich vorsichtiger werden.
»Wie lange arbeitest du denn heute noch?«, fragt Michaela mich.
»Ich habe frei. Wieso?«
»Magst du Wein?«, will sie wissen und klingt dabei wahnsinnig vertraut.
»Und dazu ein wenig Käse und Baguette …«, sage ich und stelle fest, dass ich vor lauter Chatten noch gar nicht zum Essen gekommen bin.
»Ja, wäre das nicht ein schöner Tagesausklang? Hast du heute Abend was vor?«
»Nein, und du?«
»Ich mache bald Schluss, und damit du nicht denkst, dass alle Mädels hier Fakes sind, könnte ich dir anbieten, nach der Arbeit bei dir vorbeizukommen. Lust?«
Eins habe ich mir geschworen: Ich werde nicht wieder so lange auf ein Date warten. Aber das geht jetzt ja wirklich schnell. Und dann will sie auch noch direkt zu mir kommen! Habe ich was zu verlieren? Nein. Sie wird schon keine Massenmörderin sein. Und wenn sie mich versetzt, bin ich ja wenigstens zu Hause.
»Konrad-Adenauer-Ufer 65. Du bist aber sehr flott. Machst du das immer so?«
»Nein, aber du klingst irgendwie witzig und machst auf mich nicht den Eindruck, als wärst du ein kleiner, hässlicher, perverser Spinner. Was soll ich mitbringen?«
»Also, ich habe Wein da. Gut, keinen aus der Pfalz, aber leckeren Shiraz aus Australien. Fehlt nur noch der Käse und das Baguette.«
»Prima, dann besorg ich das und bin so um neunzehn Uhr bei dir. Ich freu mich. Und damit du dir keine Sorgen machst, wenn ich mich fünf Minuten verspäte, gebe ich dir auch gerne noch meine Handynummer, gell?«
»Passt schon. Ich vertraue dir mal. Dann bis später. Bin sehr gespannt auf mein erstes, wirkliches Blind Date!«
Wir legen auf und ich bin absolut aufgeregt. Eine Bankerin wird mich schon nicht verschaukeln. Es ist kurz vor 17 Uhr. Meine Wohnung sieht aus wie Sau. Auch ein Nachteil, seitdem Jule nicht mehr da ist. Meine Putzfrau kommt nur einmal die Woche, und Jule hat immer mal zwischendurch für Ordnung gesorgt.
Ich springe auf und schnappe mir meinen Staubsauger. Zuerst das Wohnzimmer von den Hundehaaren befreien. Dann kommt das Schlafzimmer dran. Das nicht gemachte Bett erledige ich direkt mit. Mangels Sex brauche ich es auch nicht neu zu beziehen. Ganz wichtig: lüften. Es soll in meiner Wohnung weder nach abgestandener Luft noch nach Rauch riechen. Ich unterbreche kurz meinen Aufräumwahn und eile zur Stereoanlage im Wohnzimmer. Ich drücke auf meinem iPod die Funktion Zufall und es erklingt »Beautiful life« von Ace of Base.
»You can do what you want … … oh oh … it’s a beautiful life«, singe ich mit und schwinge dabei den Staubsauger. Wie sehr doch ein Lied und eine Frau die Laune heben können. Man hat sogar Lust, seine Wohnung sauberzumachen. Ich tanze mit der Staubsaugerstange. »Take a walk in the park when you feel down. There are so many things there that’s gonna lift you up«, gröle ich mit. Mensch, tanzen und feiern war ich auch schon lange nicht mehr richtig. Immer nur essen gehen, Theatervorstellungen und Ausstellungen besuchen. Durch Jule bin ich echt zum Langweiler geworden. Gut, dass es jetzt wieder bergauf geht. Und selbst wenn Michaela nicht kommt, ist wenigstens meine Bude sauber.
Ich schlage die Kissen auf der Couch auf, räume das schmutzige Geschirr in die Küche, wische meinen Glaswohnzimmertisch ab und bereite das Date vor. Zwei Rotweingläser poliere ich nach und stelle sie auf den Tisch. Dazu öffne ich eine Flasche Shiraz. Der Wein soll die neue Luft der Freiheit und der Vorfreude einatmen und mir mindestens einen guten Abend bescheren.
Raucht Michaela? Ich schaue schnell noch in ihrem Profil nach. Ja, Raucherin. Prima, dann stell ich noch den schönen
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