Frauenheld: Frauenheld
meinte ich das auch nicht. Ich bin kein Gewaltmensch. Du hättest auch in natura nichts von mir zu befürchten. Aber es ist schon komisch, sich so kennenzulernen, oder?«
»Besser so als gar nicht. Wie schon im Chat erwähnt: Ich habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht.«
»Ich will auch keine werden. Seit wann bist du denn Single?«
Ich will eigentlich gar keine Erfahrung für sie sein. Ihre Stimme klingt angenehm. Sophie wirkt normal. Aber war das bei den anderen Mädels nicht auch so? Mich schaudert es. Jetzt wieder von ganz vorn anfangen und alles über sich erzählen … Basti, warte doch mal ab! Sophie kann nichts für Katharina. Sophie kann überhaupt nichts dafür, dass du ein unglücklicher Single bist.
»Schon lange. Fast ein Jahr«, antwortet Sophie
»Und seitdem nix?«
»Was verstehst du unter nichts?«
»Na, gar keinen Mann? Kein Flirt, keine kurz Beziehung? Kein Kuss?«
»Du bist ja ganz schön neugierig …«, sagt sie und lacht.
»Auch wenn das Wort ›gierig‹ negativ belastet ist, du bist doch neu in meinem Leben, und ich bin gierig danach zu erfahren, wer du bist«, verteidige ich mich.
»Ist dir das gerade spontan eingefallen?«
»Ja, wieso?« Denkt Sophie, ich lese alles ab? Hält die mich für blöd, weil ich im Internet auf Frauensuche bin? Basti, nicht jeder Satz ist es wert, interpretiert zu werden.
»Deine Rhetorik ist nicht schlecht. Hast du das gelernt?«
»Versuchst du um meine Frage herumzukommen? Nein, ich war in keinem Kurs. Habe aber mal ein Buch darüber gelesen. So, jetzt du.«
»Na gut. Hast gewonnen! Also, klar lerne ich Männer kennen. Vor allem Väter. Da gibt es manch schönes Exemplar. Aber davon lass ich garantiert die Finger. Und dazu kommt auch, dass ich halt nicht mit jedem Kerl nach dem ersten Abend in die Kiste hüpfe. Und du?«
Biedere Lehrerin. Will ich das wirklich? Mit der muss ich mich garantiert erst fünfmal treffen, um herauszufinden, ob sie überhaupt küssen kann. Und wenn es so weit ist, werde ich bestimmt krank. Wer täglich mit Kindern zusammen ist, bekommt auch all die Kinderkrankheiten mit. Basti, du hast einen Schaden!
»Seit vier oder fünf Monaten bin ich Single. Hab mir das Datum nicht aufgeschrieben«, antworte ich.
Obwohl ich der ganzen Internetsache nicht mehr traue, merke ich im weiteren Verlauf des Gesprächs, dass Sophie es schafft, mich zum Lachen zu bringen. Nach zwei Minuspunkten für sie der erste große Pluspunkt.
Wir erzählen uns oberflächlich unser Leben bis zum heutigen Tag. Sophie kommt aus Hamburg. Sie hat dort ihr Abitur gemacht. Studiert hat sie dann in Münster, und die gewünschte Stelle hat sie hier in Köln gefunden. Noch ist sie Lehrerin zur Anstellung. Aber sie hofft, dass sie irgendwann mal Beamtin wird.
Sophie hatte zwei Freunde in Hamburg, einen in Münster und noch keinen in Köln. Ich höre ihr gerne zu. Ihre Stimme hat so viele Nuancen. Sie kann bestimmt gut vorlesen. Ich stelle mir vor, wie sie wohl klingt, wenn sie unanständige Sachen sagt. Bestimmt cool. Aber ich werde das garantiert nie hören.
Es ist komisch. Irgendwie ist sie anziehend und uninteressant zugleich. Aber ich komme einfach nicht dahinter, was überwiegt, oder was ich gut an ihr finde und was schlecht. Auf jeden Fall ist es schön, mit ihr zu telefonieren. Aber das war es mit den anderen Mädels auch. Langsam mache ich mir auch Sorgen wegen meiner Telefonrechnung.
»Hast du eigentlich auch ’ne Festnetznummer?«
»Du fragst aber früh«, lacht sie.
»Ich habe ja nicht schon nach fünf Minuten dran gedacht. Nur habe ich den Fernseher noch an und sehe gerade, dass das ›Nachtjournal‹ beginnt.«
»Jesses, ist es schon so spät! Habe ich gar nicht mitbekommen. Du schaust also fern, während du mit mir telefonierst?«
»Nein, natürlich nicht! Der ist auf lautlos gestellt und läuft halt nur einfach. Also, hast du eine?«
Sie gibt mir die Nummer und wir telefonieren weitere zwei Stunden. Von Minute zu Minute weichen meine Zweifel. Ich bin zwar noch stark gehemmt, mich zu öffnen, aber es macht verdammt viel Spaß, sich mit ihr zu unterhalten. Egal welches Thema wir anschneiden. Sie hat es geschafft, dass mein Feuer wieder brennt. Und das nach nur ein paar Stunden am Telefon.
»Hey, halb fremder Mann, wir müssen jetzt aber mal langsam Schluss machen. Ich muss um sieben raus. Hast du morgen frei?«, fragt Sophie.
»Nein, das nicht, aber es ist sehr schön, mit dir zu quatschen«, gebe ich zu. Mir ist zwar während des
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