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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Baumfrucht mit einem Hieb in zwei Teile hackte. »Die allerdings«, sagte Priscilla zufrieden, »sind scharf wie ein Rasiermesser.« Sie liebkoste die Schneide mit sachtem Finger. »Und ich fuchtele nicht damit herum. Ich trainiere.« Suchend sah sie sich nach weiteren Trainings-Objekten um, und aus einer Laune heraus warf ich den Klebebandknubbel in die Luft.
    Sie schlug blitzartig zu, schaffte es aber nicht ganz, das zähe Gewebe zu teilen und musste es mit den Fingern von der Spitze ihres Schlägers schälen.
    »Das hab ich hier vorne gefunden«, sagte ich und blickte abwartend.
    Priscilla zuckte nur mit den Achseln. »Nie gesehen?«, fragte ich. Kopfschütteln. »Sicher nicht?«
    »Und wenn schon«, sagte sie und ließ den Knubbel ins Gras fallen. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, was hier gefickt wird«, raunte sie unvermittelt. »Du musst mal nachts vorbeikommen, Spanner.« Damit drehte sie sich um und ging.
    Ich sah ihr hinterher. Sie war schwer, doch keineswegs übergewichtig. Es war einfach so, dass ihre ganze Statur stärker ausgeprägt schien als die vergleichbarer Kids ihres Alters, unabhängig vom Geschlecht. Alles an ihr, angefangen bei den etwas glubschigen Augen bis hin zum Knochenbau, erinnerte mich an ein massives, unberechenbares Rindvieh.
    Ich hob das halb durchgehackte Knäuel wieder auf. Sah mich um. Es gab keinerlei Hinweise, dass Priscillas Behauptung in irgendeiner Weise der Wahrheit entsprach. Ich meine, keine der üblichen Spuren von Freiluft-Sex wie gebrauchte Kondome, Kleenex-Tücher, leere Flaschen, Fast-Food-Müll und Slipeinlagen und was sich sonst noch so ansammelt, wo Liebende in der Natur ihren Leibesübungen nachgehen. Trotzdem war es möglich. Und wenn es so wäre: Konnte es sein, dass Alfred hier beim Spannen überrascht und anschließend >bestraft< worden war? Sollte ich möglicherweise in eine ähnliche Situation gelockt werden? War Alfred unter Umständen nicht der Erste, dem das widerfahren war? Steckte ein System dahinter? Ein Sport? Dann war’s nicht weiter verwunderlich, dass die Ameisen so angepisst reagiert hatten, dachte ich auf meinem Weg zurück zum Auto.
     
    »Bevor die Behandlung nicht bezahlt ist, händigen wir das Tier nicht aus. Ganz einfach«, fand die Geschäftsführerin mit Namen Spirititolu, wenn ich die Anzahl von Is und Ts auf ihrem Namensschild richtig mitbekommen hatte. »Also?« Sie klopfte ungeduldig auf ihre Theke.
    Frau Müller am Empfang war mittlerweile mit ihrem Klempner fertig, hatte mir damit die Peinlichkeit erspart, noch mal an Frau Tiebold zu geraten, und mich mit meinem heutigen Anliegen in den Raum mit der Aufschrift >Kasse< geschickt.
    Ich dachte kurz daran, Frau Spirititolu schöne Augen zu machen, doch dafür braucht es Inspiration, und sie hier mit ihrem öligen Haar, teigigen Gesicht und irgendwie breiiger Figur hatte auf mich eine ähnlich anregende Wirkung wie ein Blick in einen Napf voll JVA-Cuisine. Wenn dein Charme versagt, sage ich immer, musst du sie eben mit deinem Geld beeindrucken. Also fummelte ich meine AmEx Titan aus der Arschtasche meiner Jeans. Eine Replik, vollkommen ohne Funktion, nur ein Stück geprägtes Plastik, doch momentan war sie alles, was ich hatte.
    »Keine Kreditkarten«, schnappte Frau Spirititolu sofort. »Keine EC-Karten, keine Geldkarten, keine Schecks. Keine Uhren, keine Teppiche, keine Drohungen oder Beleidigungen. Wir akzeptieren ausschließlich Währung. Euro. In bar.« Rundheraus, offen und ehrlich, so hab ich’s normalerweise gern. Doch diese verstockte kleine Zicke hatte eine Art an sich, die nach Ohrfeigen schrie. Mühsam riss ich mich zusammen. Ich hätte eh erst das Glas des Kassenhäuschens mit einem Stuhl oder was auch immer zertrümmern müssen, um ihr eine langen zu können, und ganz so weit war ich noch nicht. »Ich bin eine Firma«, sagte ich in beschwörenden Tönen. »Kryszinski Security. Mein Hund Struppi ist ein eigens für spezielle Aufgaben trainierter Mitarbeiter, und ich brauche ihn heute, sofort.«
    »Sobald Sie mir den geforderten Betrag rübergereicht haben, bekommen Sie Ihren Mitarbeiter umgehend ausgehändigt. Und als Firma können Sie die Ausgabe sogar noch steuerlich geltend machen.«
    »Ich hab nun mal nicht so viel Bares dabei. Und bin obendrein in Eile.« Diese verfluchte Diskussion zog sich nun schon eine Weile, und mir gingen die Argumente aus.
    »Draußen, direkt um die Ecke, ist ein EC-Automat.« Das wusste ich und überging den Hinweis. Ein EC-Automat war mir

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