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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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zurzeit ungefähr so nützlich wie ein dreibeiniges Fahrrad.
    »Warum können Sie mir nicht einfach eine Rechnung schicken? Damit haben Sie einen einklagbaren Titel an der Hand.«
    Mein Hund hatte das Fressen eingestellt, und das Kacken auch, also bin ich mit ihm erst zum Tierarzt, dann schleunigst hierhin in die Klinik. Sie haben Struppi aufgeschnitten, irgendwas aus seinen Eingeweiden entfernt und ihn wieder zugenäht und verlangten jetzt für die paar Minuten Geschnippel einen Betrag von mir, der dem Sultan von Brunei die Farbe des Lebens aus dem Gesicht gewischt hätte. Kein Wunder, dass die kassierende Geschäftsführerin hinter Panzerglas saß. »Wir wollen aber keine Titel. Wir wollen Geld.« Ganz, als habe sie das Interesse an mir verloren, begann sie einen Stapel Post zu sortieren.
    Ich sah sie an. Sie war nicht schön, aber echt nicht, nicht hübsch, ja nicht einmal das, was man >ansehnlich< nennen könnte. Und sie wusste es. Sie besaß keine Anmut, keinen Sex-Appeal, nicht mal ein gewinnendes Wesen. Und sie wusste es. Aber sie konnte stur sein wie ein Nashorn. Und genoss es.
    Ich sagte: »Hat das eine erotisierende Wirkung auf Sie, mich so abzukanzeln? Mal ehrlich: Werden Sie feucht davon?«
    Sie blickte auf. Ihre Augen verströmten Kühle wie die Lüftungsdüsen einer Klimaanlage. »Nein«, sagte sie nach einem Moment des Nachdenkens in völlig neutralem Tonfall. »Es ist mehr eine Art stiller Jubel. Mein inneres Ich tanzt den Alunelul, wenn ich Typen wie Sie vor die Wand laufen lassen kann.«
    Den was?, dachte ich. Alunelul? Wahrscheinlich einer dieser befremdlich kostümierten Volkstänze, deren Schritte und Bewegungen einen immer an das Balzverhalten von Vögeln mit Namen wie Basstölpel oder Trottellumme erinnern.
    Ohne auch nur noch einmal den Blick zu heben, wies Frau Sprirititolu mich gleichmütig darauf hin, um welchen Betrag jeder weitere Tag Klinikaufenthalt meines Hundes die Rechnung erhöhte, konzentrierte sich dann wieder auf den Stapel Post und blendete mich vollkommen aus.
    Ich stapfte davon und wusste, sie lachte hinter meinem Rücken.
    Draußen auf dem vor Hitze wabernden Gehsteig machte ein rotgesichtiger Typ mit grauem Kopf und grauem Kittel eine Show daraus, sich die Nummer meines Wagens auf einem Block zu notieren.
    »Hier können Sie nicht parken«, behauptete er, den Beweis des Gegenteils direkt vor Augen. »Die Anzeige ist schon geschrieben.«
    Also schlug ich ihn kommentarlos zu Boden und trat auf ihn ein, bis er nicht mehr atmete. Nein, Scherz. Ich sah ihn nur an, und er stellte das Atmen von ganz allein ein, taumelte mehrere Schritte rückwärts und entsann sich einer dringenden Aufgabe, irgendwo außerhalb meiner Reichweite.
     
    Der Kerl mit dem Asphalt-Trennschleifer war so fertig mit seiner Arbeit wie ich mit der Welt. Jetzt nur noch Stille, Schlaf, tief, traumlos, bis zum gottverdammten Dienstbeginn.
    Doch ein Herr Moltke wartete im Schatten des Kirschbaums auf mich. Herr Moltke war einer dieser Typen in Anzügen, die eine Visitenkarte anstelle eines Gesichts haben. Irgendwann, Tage oder auch nur Stunden nach der Begegnung, schmeißt du deine Hose auf den Wäscheberg, leerst vorher die Taschen aus, findest die Karte und kannst dir beim besten Willen kein zum Namen passendes Gesicht mehr vorstellen. Herr Moltke war von der Versicherung, und ein Exemplar dieser zu hartnäckiger Gesprächigkeit neigenden Gattung war alles, aber auch wirklich alles, was ich im Moment brauchen konnte.
    »Ich bin eigentlich hergekommen, um mich von Ihrer Qualifikation als Wachmann zu überzeugen«, fiel er mir ins Wort, ehe ich auch nur das Maul offen hatte. »Ihre Beschäftigung hier ist ein Teil der Auflagen, die meine Firma der Stiftung auferlegt hat.« Was wollte er? Zusehen, wie ich den blöden Scanner handhabte oder dass ich vor ihm auf die Knie sank aus Dankbarkeit für diesen wundervollen Job? »Das macht Sie nun zu einem Teil unserer Risikobewertung. Deshalb möchte ich Ihnen eben kurz ein, zwei Fragen stellen, wenn ich darf.« Ohne meine Antwort abzuwarten, hockte er sich auf einen Gartenstuhl und schnackte die Schlösser seines Aktenköfferchens auf. »Was, wenn Sie nicht dürfen?«
    Er sah erstaunt auf. »Dann komme ich zu einem Zeitpunkt wieder, der Ihnen besser konveniert.« Wollte ich das? Verdammt.
    »Also. Dann konveniert es mir eben jetzt.« Ich ließ mich auf der Bank ihm gegenüber nieder. »Was gedenken Sie in Bezug auf die Diebstähle von Baumaterial zu

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