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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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unternehmen?«
    »Ich?« Ich zuckte die Achseln. »Präsenz zeigen, das ist alles, was ich tun kann. Schließlich habe ich keinen Ermittlungsauftrag.«
    »Sehr gut. Ich hatte gehofft, dass Sie das sagen. Alles über Ihre Objektschutz-Tätigkeit Hinausgehende ist durch unsere Versicherung nicht abgedeckt, von ihr nicht in Auftrag gegeben und wäre somit Ihre Privatangelegenheit.«
    »Da sind wir uns ja einig«, sagte ich und gähnte. »Doch da wäre noch etwas …«
    Natürlich. Da ist immer noch etwas. Falls er versuchen sollte, mich für eine Rentenzusatzversicherung oder sonst einen Humbug zu interessieren, war ich entschlossen, seinen Stuhl umzukicken.
    »Ihr … Partner …« Moltke deutete zögernd in Richtung Scuzzi, der irgendetwas mit dem Gärtner mauschelte. Irgendetwas über den Zaun hinweg. »Kumpel«, beantwortete ich die nicht gestellte Frage. »Ihr Kumpel also hat mir erzählt, Sie seien hauptberuflich Privatdetektiv?«
    »Richtig. Warum?«
    »Hm. Wie es der Zufall will, hätte ich da einen Auftrag für Sie. Interesse?«
    »Wie sieht’s mit ‘nem Vorschuss aus?«
    Er zuckte nicht mit der Wimper. Es waren mehr seine Mundwinkel.
    »Da, fürchte ich, muss ich Sie enttäuschen, Herr Kryszinski.«
    »In dem Fall, fürchte ich, muss ich Sie enttäuschen, Herr Moltke.«
    »Möchten Sie nicht erst mal wissen, worum es geht?«
    »Ohne Vorschuss? Nein. Und wenn Sie mich jetzt…« Ein weiteres Gähnen hinderte mich daran, den Satz zu Ende zu bringen, und Herr Moltke hatte, wie man so sagt, sofort den Schuh in der Tür.
    »Wir zahlen keine Vorschüsse und rechnen auch keine Spesen ab«, sagte er schnell. »Aber wir zahlen beachtliche Erfolgsprämien.« Ich seufzte. »Wie beachtlich?«
    »Zehn Prozent.«
    Ich sah ihn nur an. Die Punchline würde schon kommen. »Zehn Prozent der Versicherungssumme bei Wiederbeschaffung des als gestohlen gemeldeten Gegenstandes. In diesem Falle eines Autos.«
    Ich wartete.
    »Versichert mit…« Er nannte die Summe. Und ich vergaß alle Müdigkeit.
     
    Der Ehrliche Eddy ist Duisburgs renommiertester Gebrauchtwagenhändler und so was wie eine Berühmtheit, seit er ein Paar rote Nummernschilder an einen ausrangierten Panzer geschraubt hat und damit wochenlang munter durch die Straßen gebrettert ist. Die Behörden konnten ihm nichts, bis irgendjemand bemerkte, dass es sich bei der Panzerkanone keineswegs um die erwartete Attrappe handelte. Also haben sie Eddy wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz drangekriegt, und das war’s dann gewesen mit Panzerfahren.
    Ich hatte ihm vor Jahren mal einen Feuerteufel vom Hals geschafft, und seither waren wir so was von dicke. »Nein«, sagte er, »nie im Leben. Und wenn du Geld mitbringst.« Alles, ohne sich von seinem aus einer Autorückbank gebastelten Sofa zu erheben, nach nur einem einzigen, flüchtigen Blick nach draußen auf meinen ganzen Stolz, meinen 77er Toyota Carina Viertürer in einer speziellen, seltenen Schattierung von Rot, die fließend, fast schon unmerklich mit dem überall in voller Blüte stehenden Rost verschmolz. »Was denn?«, entgegnete ich ungläubig. »Allein die Vergaser sind über fünfhundert wert.«
    »Kann ich mir nix für kaufen, für die Vergaser«, meinte Eddy knapp und hielt die Flamme seines Goldenen an die Spitze der nächsten Marlboro. »Weber, vierfach«, beharrte ich.
    »Und wenn sie achtfach wären. Was mich angeht, kannst du den Wagen gleich wieder mitnehmen.« Er entließ zwei Ströme von Rauch aus seiner langen, schmalen Nase. »Wollt ich eh«, sagte ich wahrheitsgemäß und zog mir einen Stuhl ran an den unausweichlichen, aus einem Slick-Reifen und einer Glasplatte gebastelten Couchtisch.
    »Schicker Tisch«, sagte ich.
    »Das ist ‘n echter Formel-Eins-Reifen«, erklärte Eddy, als ob es sich bei abgefahrenen Rennreifen um irgendetwas anderes als Abfall handelte und als ob nicht jeder Zweite in diesem Business so einen Tisch hätte. »Originell«, fand ich.
    »Nu hör schon auf«, sagte Eddy. »Sag mir lieber, was du willst.«
    »Ich suche einen Bugatti.«
    Der Ehrliche Eddy verzog keine Miene. »EB110? Veyron?«, fragte er sachlich, ganz so, als ob der eine nicht fünfhunderttausend kostete und der andere doppelt so viel. Ganz so, als habe er beide Modelle irgendwo hinten in der Halle herumstehen, zwischen den ganzen alten englischen Ölsäufern, auf die er spezialisiert ist. »35B«, antwortete ich. »Aus den Dreißigern.«
    »Ah.« Eddy pfiff durch die Zähne, begleitet von Rauch.

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