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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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»Lass mich raten: Laurentz seinen.« Im ersten Moment war ich überrascht und dann doch wieder nicht. Jeder kannte Eddy, und Eddy kannte jeden. So ist das manchmal.
    »Stimmt«, sagte ich. »Hugo Laurentz hat seinen blauen Bugatti 35 B bei Polizei und Versicherung als gestohlen gemeldet. Und du weißt, wo das Auto hin ist.«
    »Ah, ah, ah, immer langsam.« Eddy wiegelte ab, das Goldene fest mit seiner Hand verwachsen. »Ich weiß gar nix.«
    »Ich verdiene ein Schweinegeld, wenn ich die Karre finde.«
    »Dann würde ich mich an deiner Stelle beeilen.«
    »Also weißt du doch was.«
    »Nein, Kristof.« Eddy lehnte sich nach vorn, drückte seine Kippe aus, sah mich an. »Das ist nur gesunder Menschenverstand.« Eine Zigarette fand ihren Weg in seine freie Hand und von dort in seinen linken Mundwinkel. »Entweder der Wagen wurde tatsächlich gestohlen. Dann war das eine Auftragsarbeit, organisiert von Profis.« Ritsch/Fump machte das Feuerzeug. »In dem Fall kannste lange suchen. Weltweit.« Rauch fand den Weg in Eddys Lungen und von da wieder ins Freie. »Oder, zweite Möglichkeit: Laurentz tut nur so, als wäre der Wagen geklaut und will doppelt kassieren. Einmal von der Versicherung und zusätzlich den Bugatti unter der Hand verscherbeln. Das würde bedeuten, der gute Hugo brennt mal wieder lichterloh. Und weil die Versicherung sich offensichtlich Zeit lässt, wird er sich beeilen, das Auto als solches in Bargeld zu verwandeln. Deshalb mein Rat: Hau rein.«
     
    »Tierklinik Duisburg-Wanheim.«
    »Hufschmidt hier, von Rentalab Pharmaceuticals.« Irgendwie gebe ich mich ausgesprochen gern als >Hufschmidt< aus, immer in der Hoffnung, das möge sich in irgendeiner Form negativ auf meinen Freund den Kommissar auswirken. »Ich bin gerade auf Promotion-Tour in Ihrer Gegend. Wir haben ein neues Narkosemittel auf dem Markt, das ich sehr gerne heute noch Frau Spirititolu …«
    Oh, da würde ich einen Termin machen müssen, unterbrach mich Frau Müller erwartungsgemäß, noch bevor ich den Satz mit >in den Kaffee rühren möchte< beenden konnte.
    »Das wird schwierig«, grummelte ich. »Bei uns geht im Augenblick alles drunter und drüber. Wissen Sie was? Ich lasse es einfach drauf ankommen. Verraten Sie mir doch bitte nur, um welche Uhrzeit ich keinesfalls eine Chance habe, Frau Spirititolu zu erreichen.« Mittags zwischen dreizehn und vierzehn Uhr, erfuhr ich, war das verdammte Schrapnell immer in der Pause. Ich bedankte mich wärmstens.
    Viertel nach eins stand ich vor dem Empfangstresen der Klinik.
    »Kryszinski«, erinnerte ich Frau Müller und lächelte. »Ich möchte gerne meinen Hund Struppi abholen.« Mit großer Geste entfaltete ich einen Rechnungsbogen und reichte ihn über die Theke.
    In der Zeit, die ich letztens auf Frau Dr. Marx warten musste, hatte ich ein wenig mit dem kleinen Karussell auf ihrem Schreibtisch herumgespielt. Der Stempel mit >BETRAG ERHALTEN< war mir dabei wie von allein in die Hand gefallen. Damit, und ergänzt um ein handschriftlich eingetragenes Datum, verwandelt sich eine unterschriebene Rechnung sehr flott in eine unterschriebene Quittung. Und es spart ein Geld, man glaubt es kaum.
    Frau Müller überflog den Wisch, nickte, und ich sah mich schon Arm in Arm mit meinem Hund, und wie wir lachten.
    »Doch …«, sie sah hoch zur Kombination aus Wanduhr und Kalender, »wir haben inzwischen den Fünfzehnten, das heißt, es fehlen noch die Gebühren für zwei Tage Unterbringung.«
    »Die fallen weg«, behauptete ich rasch. »Ich habe ein paar Reklamationen geltend gemacht, und Frau Spirititolu und ich haben uns auf die quittierte Summe als Gesamtbetrag geeinigt.« Alles vorgetragen mit meiner grundehrlichsten Miene, und trotzdem meinte Frau Müller, ihren verdammten Computer zurate ziehen zu müssen.
    »Es ist somit alles geklärt«, insistierte ich. »Und wenn ich jetzt meinen Hund …«
    »Seltsam, hier ist noch gar kein Zahlungseingang vermerkt«, meinte Frau Müller in stirnrunzelnder Betrachtung ihres Bildschirms.
    »Frau Spirititolu hat wahrscheinlich nur vergessen, das einzutragen«, sagte ich. »Sie wird wohl langsam ein bisschen schusselig«, schickte ich zur Untermauerung hinterher.
    »Werde ich das?«, fragte Frau Spirititolu, und ich fuhr herum.
    »Ich … ich dachte, Sie sind in der Pause?«, stammelte ich.
    »Falsch gedacht«, schnappte sie und stemmte die Fäuste in die feisten Hüften.
    Ab da geriet die Situation etwas, na ja, aus den Fugen. Es gab eine verbale

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