Freche Mädchen... 10: Headline mit Herz
wenn’s schnell geht.«
»Wo lebt ihr alle? Habt ihr noch nicht gecheckt, dass wir Konkurrenz bekommen haben? Und zwar von der übelsten Sorte.« Marvins Gesicht leuchtet wie eine Mondlampe im Kinderzimmer, während er unsere Verwirrung genießt.
Wir anderen wechseln Blicke.
Bisher bringen wir die einzige Zeitschrift an der »Gesamtschule am Park« – kurz: GaP – heraus.
Wer braucht eine zweite?
Wir befassen uns mit allem, was an unserer Schule abgeht, berichten brav über den Ausflug der Fünftklässler genauso wie über die Teilnahme an »Jugend forscht« oder den Kulturabend der Oberstufe. Außerdem decken wir – viel spannender! – Missstände auf, wann immer wir auf welche stoßen. Das volle journalistische Programm eben.
»Wer soll das sein?«, erkundigt sich Lasse, während er mir mit einer Verbeugung den reparierten Kuli auf der Handfläche serviert. »Madame?«
Marvin schwingt seine Füße mit einem Plumps auf den Boden. Unfassbar, wie er über sich selbst hinauswächst, während wir an seinen Lippen hängen. Insgeheim rechne ich damit, dass er gleich in wieherndes Gelächter ausbricht und nach Sechstklässler-Art »Verarscht, verarscht!« ruft.
Fehlanzeige.
»War ja klar, dass die irgendwann nachziehen würden«, beginnt Marvin. »Am Gymnasium nebenan wird noch in diesem Monat die neue Schülerzeitschrift in Druck gehen.« Marvin presst zufrieden die Lippen aufeinander und wartet auf Kommentare.
Ilona hebt beide Arme. »Na und?«
Sie nimmt mir das Wort aus dem Mund.
Was juckt es mich, was die Typen am Gymnasium treiben? Die in den Sommerferien renovierte Jugendstilvilla gehört zwar ebenfalls zu dem ansonsten aus Betonplatten bestehenden Schulgebäudekomplex am Park, aber die haben dort einen eigenen Direktor, ein eigenes Lehrerkollegium und selbstverständlich eigene Schulklassen. Wir haben mit den Gymis praktisch nichts am Gang, außer dass bei Schulsportwettkämpfen kriegsähnliche Zustände herrschen. Der Pausenhof ist auf Initiative der Elternpflegschaft des Gymnasiums durch eine Mauer abgetrennt, als würden sich die Schlauschlümpfe üble Krankheiten von den Gesamtschülern holen. Von mir aus können die da täglich eine Zeitung rausgeben. Thema durch.
Marvin haut sich mit der flachen Hand ein paarmal vor die Stirn, dass es klatscht. Offensichtlich angefressen, dass wir nicht im Dreieck hüpfen aufgrund seiner skandalösen Nachricht. »Ihr checkt das nicht, oder? Die geben die Zeitschrift nicht nur fürs Gymnasium raus, sondern auch für uns! Die wird hier überall ausliegen!«
Ups. Ich richte mich auf. »Woher weißt du das?«
»Ich weiß das, weil ich meine Ohren überall habe, wie es sich für einen guten Reporter gehört. Und ich weiß noch viel mehr. Nämlich, womit die ihre erste Ausgabe aufmachen. Ein Knaller, sag ich euch!«
Jetzt hat er uns.
Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass Lasse der Mund aufklappt. Er sieht in etwa so klug aus wie ein Kasten Limo, obwohl er erwiesenermaßen ein Technik-Genie ist, was er mit dem ruinierten Kugelschreiber gerade mal wieder bewiesen hat. Ich fürchte, ich sehe auch aus, als wären mein IQ und meine Schuhgröße identisch.
Marvin lehnt sich zurück, um aus seiner vorderen Jeanstasche einen zusammengeknüllten Zettel herauszupopeln.
Ist die Sache so kompliziert, dass er es sich notieren musste?
Er entfaltet das DIN-A5-Blatt, streicht es auf seinem Oberschenkel glatt und reicht es mir.
Wer ist das schönste Mädchen in den Schulen am Park?
Dein Name:
Deine Klasse:
Das Mädchen deiner Wahl:
Das Wahlergebnis wird in der ersten Ausgabe der No Limits , der Powerzeitschrift der Schulen am Park, bekannt gegeben!
Danke fürs Mitmachen!
Normalerweise fällt es mir nicht schwer, Texte zu erfassen. Einmal überfliegen und gut ist. Aber diesen Flyer lese ich fünf Mal, bis langsam durchsickert, was das bedeutet.
Marvin hat recht: Es wird ein Konkurrenzblatt geben, und es wird nicht nur am Gymnasium, sondern auch bei uns ausliegen. Dieser Contest soll die Zeitschrift pushen. Billiger geht’s nicht!
Ich reiche den Zettel an Ilona weiter, obwohl alle bereits über meine Schulter mitgelesen haben.
»Krass«, entfährt es Lasse. Er hat die Stirn gerunzelt und tippt sich mit einem Bleistift gegen die Unterlippe.
»Wahnsinn«, flüstert Celine.
»Sind die endbescheuert?« Ilona spricht mir mal wieder aus der Seele.
Marvin hat erneut die Füße hochgelegt und weidet sich an unserem Erstaunen. »Also mir sind diese Flyer gleich aufgefallen,
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