Freddie Mercury : Ein intimer Einblick von dem Mann, der ihn am besten kannte. (German Edition)
Eigenständigkeit.
Das Hauptmotiv für Freddies Großzügigkeit in dieser Hinsicht lag natürlich in seinen Schuldgefühlen begründet. Es kam ihm immer wieder so vor, als ob er massiv in das Leben anderer Menschen eingegriffen hätte. Joe zum Beispiel hatte er 1978 nach England mitgenommen — ihn von seinem Leben und seiner Familie in Springfield, Massachusetts fortgerissen — und als Freddie schließlich nicht länger in ihn verliebt war, hätte er nie im Leben daran gedacht, Joe einfach wieder fortzuschicken. Freddie kümmerte sich jedes Jahr erneut um Joes Aufenthaltsgenehmigung. Mit Mary verhielt es sich ganz ähnlich. Als Freddie sich zu seinem Schwulsein bekannte, enttäuschte er damit immerhin all ihre Hoffnungen und Erwartungen, und er hatte einfach nicht die Absicht, sie zu verletzen. Das soll allerdings keinesfalls bedeuten, dass Freddie sich Freundschaft gekauft hätte. Ich gehöre zu den Glücklichen, denen er gestattete, ihm nahe zu kommen. Und was die Menschen in seiner Nähe an Empfindungen verspürten, lässt sich mit keinem Geld der Welt erklären.
Es ist einfach schwierig, Gefühle zu erklären. Leidenschaftliche Loyalität vermischt mit Liebe und Bewunderung … Ich hätte alles für ihn getan, was auch immer er von mir verlangt hätte. Aber er verlangte nicht. Er erwartete nicht. Alle, die mit ihm zu tun hatten, hafteten an ihm, als wäre er ein Magnet. Es war die Anziehungskraft seines Charakters, seiner Seele …
seine
! Wenn er es sich zu Hause vor dem Fernseher gemütlich machte, konnte man ihn sich kaum auf der Bühne vorstellen. Man wusste, dass er es nicht aushalten würde, längere Zeit über ruhig zu sein und sich selbst zu genügen. Er wusste, dass es zwei Freddie Mercurys gab: Den einen, der vor dem Fernseher saß und
Countdown
guckte und den anderen, der ihm auf der Schulter saß. Der eine war der Mensch und der andere der Selbstdarsteller, und beide rangen miteinander um die Kontrolle über den physischen Körper.
Im Allgemeinen gewann der Selbstdarsteller. Er verkörperte das, was Freddie tief im Inneren immer gewollt hatte. Er war immer ein Selbstdarsteller gewesen. Als die Krankheit voranschritt, vernichtete sie den Selbstdarsteller. Er verschwand als erstes, und ohne ihn konnte der Mensch dahinter nicht länger existieren. Freddie sah sich außerstande, noch weiter mit erhobenem Haupt für sich selbst einzutreten. Als der Selbstdarsteller starb, gab es nichts mehr, für dass es sich zu kämpfen lohnte. Die letzte Entscheidung traf er ganz allein. Sein gesamtes Leben war das Ergebnis seiner Handlungen gewesen. Er hatte schon immer vorgehabt, ein Star zu werden, und musste gar nicht groß drüber nachdenken, wie er das eigentlich erreichen sollte. Er hatte sowohl die Hardware als auch die Software, und er schrieb seine Programme selbst.
Wie man mir versichert hat, kann ich für alle seine Freunde sprechen, wenn ich sage, dass jeder einzelne von uns stolz darauf ist, ihn gekannt zu haben. Wenn er Freunde mit Geschenken überhäufte, die er für sie gekauft hatte, dann tat er das ohne jeden Hintergedanken. Sie hätten seine Freundschaft so oder so erwidert, und diese Freundschaft war die Dividende, die er unweigerlich bekam. Freundschaft und Loyalität waren ihm wichtiger als alles Geld der Welt, und er selbst war derjenige, der sich von Anfang an stets loyal verhielt.
Diese Loyalität konnte sich auf sehr beschützende Weise äußern. Ein Beispiel für diese Form von Treue zeigt zugleich auch, dass Freddie durchaus mit Freunden streiten und sich mitunter sogar für eine Weile mit ihnen überwerfen konnte, ohne dass die zugrunde liegende Freundschaft dadurch beendet gewesen wäre. Ich erinnere mich an einen Abend, als ein junger Mann bei uns war, der mit John Reid zusammen gewesen war. Im Vertrauen hatte er einer dritten Person von all den unschönen Einzelheiten seiner Freundschaft mit Reid erzählt. Diese dritte Person fing gedankenlos damit an, Tratsch und Klatsch zu verbreiten und einige dieser pikanten Details zu enthüllen. Als Freddie mitbekam, was dieser junge Mann da erzählte, fuhr er ihn an: „Was weißt
du
denn schon darüber? Halt lieber die Klappe und kümmere dich um deinen eigenen Kram! Oder noch besser: Du verschwindest hier!“
Dieser Zwischenfall ereignete sich sogar noch nach dem Fiasko mit dem fehlgeschlagenen Versuch einer gemeinsamen Geburtstagsfeier im Pikes in Ibiza, die einigen Unfrieden zwischen Freddie und John Reid zur
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