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Freddy - Fremde Orte - Blick

Freddy - Fremde Orte - Blick

Titel: Freddy - Fremde Orte - Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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die Nerven ging, wünschte sich von dem Psychiater irgendeine beruhigende Erklärung und möglichst gleich noch eine Therapie. Doch auch das konnte Andô nicht leisten. Während Takase die Erscheinungen in seinem permanenten Alkoholrausch nicht einmal wahrnahm, konnte Andô die Augen nicht davor verschließen. Er selbst empfand sie als deutliche Aufforderung, mit den Experimenten aufzuhören. „Seid vorsichtig mit dem Film“, schienen die Schatten sagen zu wollen. „Wir lassen nicht zu, dass ihr ihn zerstört. Wenn ihr es tut, werdet ihr dafür büßen.“
    Es war höchste Zeit gewesen, die Sache mit Gewalt in die richtige Richtung zu lenken.
    Vor einer Woche hatte er Takases Haus aufgesucht, um ihn dazu zu bewegen, den Film herauszugeben. Zunächst hatte er es mit freundlichen Worten und rationalen Argumenten versucht, doch Takase musste die Bereitschaft in ihm gespürt haben, notfalls härtere Maßnahmen zu ergreifen. Er hatte sich von Anfang an aggressiv und uneinsichtig gezeigt. Es war zu einem Handgemenge gekommen, in dessen Verlauf die beiden Streitenden einen uralten Öl-Heizofen umgestoßen hatten. Die Sicherheitsvorkehrungen des rostigen Ofens funktionierten nicht mehr. Im Handumdrehen war Öl ausgelaufen, und das Zimmer stand in Flammen.
    Kaum war das Feuer ausgebrochen, sah Dr. Andô die Schatten wieder. Für einen Moment lähmte ihn die Angst vor diesen Wesen. Ihre ruckartigen, sprunghaften Bewegungen faszinierten ihn, und er vergaß darüber die Bedrohung des Feuers. Es war, als laufe ihre Zeit anders ab. Als nehme man nur jedes hundertste Einzelbild eines Filmes für einige Sekunden wahr, ehe es zum nächsten überschnappte, ohne die fließenden Bewegungen dazwischen, die man zu sehen erwartete. Wenn man ihnen lange zusah, begann der Körper zu rebellieren. Nicht nur der Geist drohte angesichts dieser unmöglichen Geschöpfe zu kapitulieren, auch der physische Leib geriet aus dem Rhythmus. Das Herz begann zu rumpeln, der Magen schien sich mit Säure zu füllen, die Pupillen verengten und weiteten sich in rasendem Wechsel, und eine ganze Menge Reflexe funktionierten nicht mehr. Man konnte nicht mehr schlucken, der Speichel sammelte sich im Mund.
    Einige Sekunden lang erschien es ihm als normal und selbstverständlich, den Schatten die Rettung des Films zu überlassen. Doch dann begann er zu zweifeln, ob sie dazu überhaupt fähig waren. Sie machten den Eindruck, zu einer anderen Dimension zu gehören. Vielleicht konnten sie nur warnen, nicht handeln. Es kostete ihn unvorstellbare Kraft, seinen Körper in Bewegung zu setzen, die Filmspule aus der Maschine zu nehmen und in die Tasche zu stecken, die er mitgebracht hatte. Für die nächsten Minuten ließ ihn das Gefühl nicht los, ein winziger Zwerg in einem schweren, plumpen Menschenkörper zu sein. Auch als er in letzter Sekunde über das Dach floh, tat er es unbeholfen, rutschte aus, fiel über die Dachkante und hätte sich dabei beinahe den Hals gebrochen.
    Einige Schatten begleiteten ihn ein Stück weit. Er konnte nicht sagen, ob sie ihn jagten oder eskortierten. Es gelang ihm, in den Gassen unterzutauchen. Er hatte den Film in Sicherheit gebracht. Und noch etwas anderes. Ein Objekt in einer winzigen Schachtel. Ein winziges Stück Zelluloid – ein Einzelbild aus dem Film. Es entstammte ebenfalls Takases ungezügelter Experimentierlust. Wenn es nach Andô gegangen wäre, hätte es dieses Ding niemals gegeben. Das Risiko schien ihm viel zu groß, doch wieder entschieden Takase und Miura über seinen Kopf hinweg.
    Dr. Andô erinnerte sich noch genau, wie er einen Blick durch das Objekt geworfen hatte, als läge die Szene erst Tage zurück. Dabei war seither mehr als ein Jahr vergangen.

6
    Takase hatte ein Bild aus dem Film entnommen. Es war das erste Mal gewesen, dass er so etwas tat. Nicht einfach nur irgendein Bild war es, das er herausgeschnitten hatte. Es zeigte eine Person, die auf dem Film nicht zu sehen war.
    Eine junge, rothaarige Frau …
    Miura und Andô waren verblüfft, als sie dieses unbekannte Gesicht sahen. Trotzdem konnte kein Zweifel bestehen, dass das Bild aus dem Film stammte, denn die Frau zeichnete sich gegen den Hintergrund ab, den sie mittlerweile besser kannten als ihre eigenen Wohnungen. Sie lief offenbar gerade durch den Korridor im ersten Stock des Schlosses. Ihre Kulisse war dieselbe wie die, vor der sich die Filmemacher bewegten.
    „Wo kommt sie her?“, hatte sich Miura erkundigt. In seinen Augen glänzte die

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