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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Ultimatums war abgelaufen. Geldübergabe: 3 Uhr 30. Das war geschehen. Dann der Schuss. Bruno Ehrlicher lag regungslos auf dem Asphalt und blutete.
    »Bruuuno!«
    Frederike schrie. Sie warf sich über den leblosen Körper.
    Die Sanitäter blickten zu Miersch und warteten auf sein Kommando zum Einsatz. Der Polizeidirektor gab es noch nicht. Zu gefährlich die Situation, zu unberechenbar die Täter. Miersch konnte den Schuss nur so erklären.
    Frederike kniete neben Ehrlicher und schlug ihm immer wieder ins Gesicht. Der zeigte keine Regung. Dann wurde Frederike von einem Arm zurück hinter die Tür gerissen. Ihre Hände krallten sich noch kurz in die Lederjacke und hoben Ehrlichers Körper ein Stück vom Boden. Dann ließen sie los. Ehrlicher sackte auf den Asphalt unsanft zurück. Er röchelte. Und die Straße lag wieder da, surreal, hell erleuchtet, eben und still. Sie wirkte wie eine Filmkulisse, auch die Menschen am Rande schienen eine Rolle zu spielen. Sie wirkten unecht, gestellt, theatralisch. Sie kamen Miersch vor, als könnten sie sich gar nicht mehr natürlich bewegen. Jetzt hob der Polizeidirektor seine Hand und gab das Zeichen: and action! Er war der Regisseur. Er gab die Befehle. Er hatte das Filmset im Griff.
    Drei orange-rote Jacken stürmten zu Bruno Ehrlicher. Auch der Direktor begab sich in vorderste Linie. Er sah das Licht spiegelnde Blut. Er sah Ehrlichers geschlossene Augen. Lebenszeichen bemerkte er keine an ihm. Das medizinische Personal handelte routiniert, ohne Hektik. Sie hatten solche Einsätze trainiert. Notfallmedizin betreute den Notfall. Den gab es täglich. Der Arzt beugte sich übers Gesicht des leblosen Kommissars am Boden.
    »Verstehen Sie mich? Hallo! Verstehen Sie mich?« Bruno Ehrlicher zeigte keine Reaktionen.
    Miersch konnte bei seinem Anblick nicht zwischen Leben und Tod unterscheiden. Ehrlicher lag kalkweiß und ohne jegliche Regung. Miersch sah keinen Brustkorb in Atmung. Er sah keine Lider flattern. Wie eine wächserne Puppe lag Bruno Ehrlicher auf der Straße. Die Sanitäter klatschten ihm ins Gesicht. Immer wieder. Sie hoben seine Arme. Sie kontrollierten Pupillen und Atmung.
    »Bewusstlos. Fleischverletzung.«
    Mehr konnte der Arzt nicht sagen, oder er wollte es nicht. Er zuckte bedauernd die Schultern. Miersch atmete geräuschvoll aus und wischte sich kalten Schweiß von der Stirn. Die Kollegen blickten ihn an, als hätten sie den Direktor bei einer intimen Geste überrascht. Miersch war es grundlos peinlich. Mit Bruno Ehrlicher als Vermittler hätte es ein anderes Ende nehmen können, nehmen müssen. Ehrlicher hatte all ihren Anweisungen genau Folge geleistet: Hände heben, bedeutet, ich hab keine Waffen. Zeigen Sie ihnen den Koffer, das Geld. Reden Sie, bieten Sie sich zum Austausch an. Tun Sie alles, um die Geiseln zu befreien! Bruno Ehrlicher hatte alles versucht. Die Kidnapper hatten ohne Warnung geschossen. Sie waren auf Ehrlichers Angebot nicht eingegangen, hatten nicht diskutiert. Sie wollten keinen alten Kommissar eintauschen gegen die Geiseln, die sie hatten. Sie hatten andere Pläne. Miersch wusste nicht, welche. Die Gangster schossen. Sie würden weiter schießen. Sie fühlten sich in die Enge getrieben. Miersch kannte den Grund nicht. Aber Menschenleben zählten für sie nicht. Sie hielten drauf und drückten ab. Das war wie im Krieg. Und fünfzehn Menschen waren noch immer in ihrer Gewalt. Mindestens fünfzehn. Miersch musste nach ihren Anweisungen handeln, die keiner kannte. Er konnte nicht frei entscheiden. Er war machtlos, musste zusehen.
    »Und auf!«
    Die geübte Routine der Sanitäter nahm ihren Fortgang. Der bewusstlose Ehrlicher wurde auf eine Plane gerollt und auf eine Trage gehoben. Dann schoben sie die Bahre im Laufschritt über die Straße. Am Wagen der SMH blinkte das Blaulicht. Der Fahrer sprang hinters Lenkrad. Das Martinshorn zerriss die Stille und weckte die Zuschauer aus ihrer Erstarrung. Trotzdem blieb die Atmosphäre unwirklich, die Häuser Kulisse. Miersch wartete auf den Ruf des Regisseurs: Cut! Er hätte ihn selbst geben müssen.
    Anhalten konnte Polizeidirektor Miersch nichts und befahl seinen Kräften den Rückzug. Auto und Geld hatte man den Gangstern vor die Tür des Waschsalons gestellt. Die Tür war geschlossen. Es war an ihnen da drin ein Zeichen zu geben, zu handeln. Miersch und allen anderen blieb weiter nichts, als zu warten. Die nächsten Aktionen bestimmten allein die Kidnapper. Die Polizei wusste, Miersch wusste,

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