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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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aus gutem Hause. Die Musik, Kunst und Literatur liebte und Gewalt verabscheute. Sie hatte zwei Menschen umgebracht!
    Klirrend fiel das Schwert auf den Steinfußboden.
    Nein, nicht zwei Menschen – zwei rohe Gesellen, die gewissenlos andere Menschen massakrierten! Sie hatte getan, was getan werden musste, um ihr Leben und das ihrer Mutter zu retten. Genauso wie ihr Vater, der sich mit seinem Schwert schützend hinter sie gestellt und ihr Leben verteidigt hatte.
    Waren Christen denn dazu verpflichtet, sich willenlos abschlachten zu lassen? Hatte sich Jesus nicht auch gewehrt, als man ihn den Felsen herunterstoßen wollte, wenn auch mit passiver Gewalt?
    Wenn doch ihr Vater jetzt käme und sie in seine starken Arme nähme! Oder Benno, der sie verstehen und sie trösten würde.
    Plötzlich waren alle Wut und aller Zorn verflogen. Sie fühlte sich nur noch schwach und hilflos. Ihre Hände und Knie zitterten. Kälte breitete sich in ihrem Körper aus.
    Sie blickte sich nach ihrer Mutter um, die neben ihr in einem der Chorstühle kauerte. Sie wirkte so einsam, so hilflos, so verzweifelt.
    »Mutter, was ist mit dir?«, fragte Anneliese.
    »Er wird nicht kommen«, antwortete Martha tonlos.
    »Was meinst du?«
    »Es sind einfach zu viele. Wir werden ihn nicht wiedersehen.«
    »Nein, sag das nicht!«, begehrte Anneliese. »Sag das nicht! Wir werden ihn wiedersehen!«
    Doch Martha Stetter schüttelte nur ihren Kopf, verschränkte schutzsuchend die Arme um ihren Oberkörper und neigte sich nach vorne. Wortlos starrte sie auf den kalten Steinboden des Domes, unter dem die Gräber von einflussreichen Männern der Stadt lagen.
    Als Georg Ackermann mit einem Trupp seiner Männer, seinen beiden Trabanten, die ihm als Leibwächter den Rücken freihalten sollten, und einem Feldwebel in die Gasse einbog, in der die Druckerei Carl-Ulrich Stetters lag, hielt er entsetzt inne. Blut floss ihm über das Kopfsteinpflaster entgegen. Die Gasse lag voll verstümmelter Leichen von kaiserlichen Söldnern.
    »Mein Gott«, rief er, »Wer hat denn hier gewütet!«
    Dann erblickte er den schwarzhaarigen Hünen, der mit einem riesigen Schwert in den Fäusten an der Wand eines Fachwerkhauses zusammengesunken war. Georg Ackermann kletterte über die Leichenberge hinweg und ging zu dem Hünen hinüber. Bewundernd blickte er auf ihn herab.
    Das war also der Mann, der einen ganzen Trupp Söldner aufgehalten hatte! Was für ein Krieger!
    Blut rann dem Toten aus einem daumennagelgroßen Loch den Rücken hinunter. Man hatte ihn von hinten erschossen! Wie feige!, dachte der Kapitän. Im ehrlichen Kampf konnte ihn wohl keiner bezwingen.
    Weiter hinten lag ein Wallone tot auf der Gasse. Neben ihm lag eine Radschlosspistole. Ein Wurfmesser steckte in seiner Brust.
    »So hast du deinen Mörder auch noch niedergestreckt«, sagte Georg Ackermann zum toten Hünen.
    Seine beiden Trabanten waren inzwischen in den Hof des Hauses gegangen und kamen wieder zurück.
    »Es ist eine Druckerei«, erklärten sie ihrem Kapitän. »Hier ist ein Schild, auf dem steht, dass dieses Haus vom Grafen zu Pappenheim beschlagnahmt worden ist.«
    »Dann lasst besser die Finger davon!«, befahl ihnen Georg Ackermann. »Eine Druckerei wird später dringend gebraucht, um die Anordnungen der Heeresleitung zu vervielfältigen und Nachrichtenblätter drucken zu können.«
    Er stellte die beiden Männer als Wache auf. Zwar maulten sie anfangs, weil sie nicht an den Plünderungen teilnehmen konnten, gaben sich aber zufrieden, als er ihnen baldige Ablösung versprach.
    »Ihr werdet noch genügend Zeit dafür haben, keine Sorge.«
    Georg Ackermann trat drei Schritte zurück und betrachtete das Haus. Über der Haustür stand auf einem Balken zu lesen:
    Gott bewahre uns und dieses Haus
vor Feuer und vor Wassernot
und vor dem schnellen bösen Tod.
    Er dachte an seine Eltern, die protestantische Söldner erschlagen hatten, obwohl sie Lutheraner gewesen waren.
    »Vor Feuer kann ich das Haus schützen«, sagte er seinen Männern, »aber nicht seine Bewohner vor dem schnellen bösen Tod.«
    Er säuberte seine Stiefel, stieg die Treppe zur Wohnung hinauf und blickte sich um. Alles war geschmackvoll eingerichtet, sauber und aufgeräumt. Nach den vielen Jahren des oft entbehrungsreichen Feldlebens erschienen ihm die mit Einlegearbeiten versehenen und auf Hochglanz polierten Schränke und Kommoden wie Möbel aus einer anderen Welt.
    So müsste man leben können!, dachte er und ließ sich in einen Lehnstuhl

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