FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Dänen Frieden geschlossen haben, jetzt vor allem die Niederländer und Schweden. Die Franzosen greifen zwar nicht direkt ein, aber sie sind auch gegen den Kaiser. Und dieser Machtkampf wird in Deutschland ausgefochten. Die Fürsten und Könige des Deutschen Reiches mischen da kräftig mit. Unsere Stadt hat lange versucht, sich rauszuhalten. Doch dann wollte man uns rekatholisieren, und deswegen machen wir seit zwei Jahren ebenfalls Front gegen den Kaiser.«
»Auch die Franzosen sind dabei?«, rief seine Tochter aus. »Aber die sind doch zum größten Teil katholisch! Wieso unterstützen sie die Evangelischen?«
»Ja, die Franzosen unterstützen z. B. die Schweden mit Geld, auch wenn sie keine Soldaten in den Kampf schicken. Denn Kardinal Richelieu ist zwar ein Hugenottenhasser, aber vielmehr als diese verabscheut er die Spanier und Habsburger, meine Liebe. Deshalb hat er sich letztes Jahr auch dafür eingesetzt, dass König Gustav Adolf von Schweden mit den Polen Frieden geschlossen hat, sodass der Schwede nun gegen den Kaiser Krieg führen kann.«
Anneliese dachte eine Weile nach, dann sagte sie: »Und inzwischen hat Gustav Adolf in Frankfurt an der Oder die Kaiserlichen vertrieben und wird nun nach Magdeburg marschieren, um uns gegen Pappenheim und Tilly zu verteidigen.«
»Jedenfalls plant er das, wie sein Gesandter Dietrich von Falkenberg es dem Stadtrat berichtet hat. Man munkelt aber, dass die Schweden an der Oder schwere Verluste hinnehmen mussten und deshalb nur langsam vorwärtskommen.«
»Hauptsache er kommt.«
»Na, freu dich nicht zu früh, mein Liebes. Auch die Schweden brauchen Proviant, Kleidung und Geld. Man kann es nicht oft genug wiederholen. Bluten werden wir so oder so, egal ob die einen oder die anderen kommen sollten. Entweder wir zahlen an Tilly und Pappenheim ein hübsches Sümmchen Lösegeld, damit sie wieder abziehen, oder wir bezahlen die Schweden. Auf jeden Fall werden wir zur Kasse gebeten.«
»Gustav Adolf und seine Männer wären mir aber lieber.«
»Mir auch. Die kaiserlichen Mordbrenner sähe ich nicht gerne vor unseren Stadtmauern.«
Meister Stetter schwieg eine Weile, während sie auf das trübe Wasser der Elbe schauten. Dann fuhr er fort: »Doch wenn sie vor dem Schwedenkönig kommen, sollten wir ihnen ein Lösegeld zahlen. Das ist meine Meinung. Lieber einen Haufen Dukaten verlieren als das Leben. Nichts ist wichtiger als das Leben, Anneliese! Merk dir das. Ohne Leben ist alles andere nichts!«
Sie nickte gedankenverloren. Dann flüsterte sie: »Noch nicht einmal die Liebe.«
»Was hast du gesagt?« Ihr Vater warf ihr einen prüfenden Blick zu.
»Nichts, ich habe nur laut gedacht.«
»Aha, ich dachte schon, ich hätte ›Liebe‹ verstanden.«
»Du meinst, ich sei verliebt? Ach, Vater. Auf was für Gedanken du immer kommst.«
Carl-Ulrich Stetter schmunzelte.
»Sollten wir nicht wieder nach unserem Kranken sehen? Solch einen netten jungen Mann muss man besonders gut pflegen, oder?«
»Mmh«, antwortete sie nur.
»Komm«, sagte Anneliese nun bestimmt, um vom Thema abzulenken. Sie fasste ihn am Arm und zog ihn in Richtung Stadttor. »Lass uns nach Hause zurückkehren. Mutter hat sicherlich schon den Mittagstisch gedeckt.«
Nachdem Benno Greve am Vorabend ein Bad genommen und ein wenig mit Zucker gewürzte Gemüsesuppe gegessen hatte, war er auf dem Sofa müde und erschöpft eingeschlafen. Zwei Hausdiener hatten das Geschirr abgeräumt und auch den Badezuber wieder aus dem Zimmer getragen, ohne dass Benno etwas davon mitbekommen hatte. Wie viele Stunden er dort auf dem Sofa gelegen hatte, wusste er nicht, weil er im Schlaf noch nicht einmal die Turmuhr des naheliegenden Domes gehört hatte. Erst als die Sonnenstrahlen am späten Vormittag durch die Fensterscheiben fielen, wachte er auf.
Wo bin ich?, fragte er sich noch ein wenig benebelt.
Er hob den Kopf und schaute sich im Zimmer um. Langsam kehrte seine Erinnerung wieder zurück. Der Unfall, der Druckermeister und die schöne Tochter des Hauses.
Unwillkürlich musste er lächeln, als er an Anneliese dachte. Solchen Frauen begegnet man nicht oft im Leben, dachte er.
Benno musterte den Raum, in dem er lag. Er wurde über einen nordfriesischen Bilegger geheizt, einen gusseisernen Ofen, der von der Küche aus befeuert wurde. Auf diese Weise konnte der Rauch nicht in den Wohnraum dringen. Er besaß abschraubbare Messingknöpfe, mit denen man sich an kalten Tagen die Hände wärmen konnte, und eine
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