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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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Mannschaftswagen der Carabinieri und einen Streifenwagen mit
     Blaulicht. Trotz der frühen Stunde hatte sich eine Gruppe von Schaulustigen gebildet. Die Alte kam oben ans Fenster und rief:
    »Was ist denn? Was ist los?«
    Jemand antwortete: »Der Kommissar wird verhaftet.«
    Sie schrie: »Wurde aber auch Zeit.« Dann schlug sie hastig die Fensterläden zu.
    »Kein Aufsehen, wie?« zischte Marco Luciani den Offizier an.
    Er stieg ins Auto, und als sie an dem Kiosk vorbeikamen, der gerade die Läden geöffnet hatte, sah er die Werbetafel der Zeitung:
     »Krimi um den Schiedsrichter: Der ermittelnde Kommissar hatte ihn attackiert.« Er wußte nun, daß sein Geheimnis gelüftet und
     das Ende der Fahnenstange erreicht war.
     
    Sie brachten ihn nicht zur Staatsanwaltschaft, sondern in die Kaserne von Quarto. Sie ließen ihn in einem kahlen Raum Platz
     nehmen: Ein Tisch, drei Stühle und ein Spiegel, durch den man ihn vermutlich beobachten konnte. Sie brachten ihm einen Kaffee,
     und als er um eine Erklärung bat, hieß es, er solle sich ein wenig gedulden, der Oberstaatsanwalt werde gleich eintreffen.
     Dann gingen sie und schlossen von außen die Tür ab.
    Ich könnte sie wegen Freiheitsberaubung anzeigen, dachte Luciani. Als ob das irgend etwas bringen würde.
    |347| Er spürte, daß er lange würde warten müssen. Staatsanwalt Angelini liebte es, Luciani warten zu lassen, und im Moment mußte
     er sich freuen wie ein Kind, daß er ihn drangekriegt hatte. Luciani versuchte auf dem unbequemen Stuhl eine bequeme Position
     zu finden, stellte sich den Kaffee auf den Bauch und begann, ganz langsam, jedes kleinste Detail berücksichtigend, den Zwischenfall
     aus seiner Fußballerära zu rekonstruieren, über den er in den Folgejahren Hunderte Male nachgegrübelt hatte.
    Es war das letzte, das entscheidende Spiel in der dritten Liga, Hopp oder Top: Die gegnerische Mannschaft brauchte mindestens
     einen Punkt, um die Klasse zu halten, Lucianis Team mußte gewinnen, wenn es in die zweite Liga aufsteigen wollte. Sie waren
     schon am Vorabend angereist, hatten sogar ihr eigenes Mineralwasser dabei, um Vergiftungen vorzubeugen. Die gegnerischen Fans
     hatten die ganze Nacht mit Trommeln, Trompeten und Kuhglocken unter ihren Hotelzimmern verbracht, und er hatte praktisch kein
     Auge zugetan. Aber er war zwanzig Jahre alt, neunzig Kilo reine Muskelmasse, und am nächsten Tag fühlte er sich nicht einmal
     so schlecht. Er war voller Energie und mit einer animalischen Wut im Bauch aufgelaufen. Er wollte um jeden Preis gewinnen,
     denn ein weiteres Jahr wollte er nicht in einer Hölle aus Kartoffeläckern, durchgedrehten Fans und Einschüchterungen durch
     die Mafia verbringen. Jetzt lächelte er bei dem Gedanken, wie kategorisch und extrem seine Haltung gewesen war, doch damals
     gab es für ihn nur Schwarz oder Weiß: Entweder er gewann, dann stieg er in die zweite Liga auf, bekam einen Jahresvertrag
     von mindestens fünfzigtausend Euro und die Gelegenheit, sich in Szene zu setzen, in Genua, Como, Bergamo und Piacenza. Er
     würde Vollprofi werden, ein schönes Haus, ein schönes Auto, eine schöne Frau haben, alles Dinge, die seine Familie bereits
     besaß, aber die er sich aus eigener Kraft erarbeiten wollte. Oder sie verloren, |348| blieben in der dritten Liga, mit wenig mehr als einer Spesenvergütung, er würde mit den Mannschaftskollegen in einer Wohnanlage
     in Kampanien leben und weiterhin den Blutgrätschen der Verteidiger von Acireale, Castel di Sangro und Sassari ausgesetzt sein.
     Es stand ein ganzes Leben auf dem Spiel, in einem Spiel von neunzig Minuten.
    Der Schiedsrichter war derselbe, der ihnen einige Wochen vorher eine Niederlage gegen den Tabellenzweiten beschert hatte.
     Und er hatte Marco vom Platz gestellt, weil dieser einen glasklaren Elfmeter eingefordert hatte. Die direkten Aufstiegskonkurrenten
     lagen einen Punkt hinter Marcos Team, aber sie würden sicher gewinnen, denn für ihren Gegner ging es um nichts mehr. Man mußte
     sie auf Abstand halten, und da half nur ein Sieg.
    Als Marco aufs Feld kam, war er schon zum Bersten angespannt, aber er war entschlossen, die Klappe zu halten und auf keinen
     Fall zu reklamieren. Der Trainer hatte alle zu absoluter Selbstbeherrschung angehalten; Marcos Kameraden hatten dem Schiedsrichter
     vor dem Anpfiff sogar zugelächelt und ihm die Hand gereicht. Auch Marco hatte sich überwunden und ihm die Hand gegeben. Aber
     gelächelt hatte er nicht.
    Er konnte sich

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