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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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attraktiv, gerade mal Anfang Vierzig, reich, und wenn auch
     nicht beliebt, so doch zumindest berühmt – ein leichtes gewesen, eine jüngere Frau zu finden. Und vielleicht meinen Sie, er
     sei einer der Schiedsrichter gewesen, denen die Clubs Mädchen besorgen … Hostessen, Gesellschaftsdamen, wie sie genannt werden
     … Glauben Sie bloß nicht, ich hätte von diesen Dingen nicht gehört.«
    Sie kippte noch einen Schluck Whiskey hinunter. Der Kommissar ertappte sich erneut bei dem Gedanken, daß diese Frau in eine
     billige Vorabendserie gepaßt hätte.
    »Sehen Sie, Herr Kommissar, soviel Vertrauen eine Frau auch in ihren Mann haben mag, manchmal fragt sie sich, ob nicht auch
     er … Jawohl, ich würde für ihn die Hand ins Feuer legen und womöglich wie eine dumme Gans dastehen. Womöglich haben Sie bei
     Ihren Nachforschungen |107| Dinge entdeckt, die mir nie aufgefallen sind … und in diesem Fall möchte ich Sie bitten, daß Sie so taktvoll sind und es für
     sich behalten. Ich bin nicht vertrottelt, Herr Kommissar. Ich kenne meine Grenzen, und ich kenne die Grenzen der Männer, aber
     ich kannte auch die Professionalität meines Mannes, und ich bin mir ebenso meiner Verdienste bewußt, ich weiß, was ich für
     ihn bedeutete und was mein Sohn ihm bedeutete. Doch, man kann sich umbringen, weil man die Familie verliert, Herr Kommissar.
     Das ist ein hervorragender Grund. Ich weiß nicht, ob er euch Polizisten genügt, aber mir genügt er, und das ist auch die Erklärung,
     die ich für mich gefunden habe. Eine andere brauche ich nicht.«
    Sie hatte ganz leise zu weinen begonnen, sehr dezent, wobei sie die Tränen mit einem kleinen Taschentuch auffing, um das sich
     ihre Faust krampfte. Marco Luciani glaubte diesen Tränen nicht. Nicht ganz. Die Frau hatte versucht, ihm eine überzeugende
     Lesart zu liefern, damit er den Fall abschließen konnte, und das schien ihm interessanter als viele Kleinigkeiten, die er
     hatte wissen wollen. Er dachte, daß es für diesmal das Klügste war, abzubrechen und sich alles Weitere für ein andermal aufzuheben.
    »Auch ich halte das für die plausibelste Erklärung, gnädige Frau. Und ich habe keine konkreten Hinweise auf eine andere Hypothese.
     Soweit wir bisher ermitteln konnten, hing Ihr Mann sehr an der Familie, und die Trennung war für ihn sicher ein harter Schlag.
     Sie werden jedoch verstehen, daß es meine Pflicht ist, allen möglichen Hypothesen nachzugehen und vor allem nachzuweisen,
     daß es sich tatsächlich um Suizid handelte. Im Falle eines Selbstmords, dies lassen Sie mich bitte noch anfügen, ist Ihre
     Erklärung stichhaltig, aber sie kann nicht die einzige sein: Hätte Ihr Mann sich wegen seiner familiären Probleme umgebracht,
     dann hätte er dies an einem anderen Ort und zu einem anderen Zeitpunkt tun können. Aber da er beschlossen hat, |108| den Selbstmord in der Halbzeitpause eines Fußballspieles zu begehen, sehe ich darin eine deutliche Botschaft an dieses Milieu.
     Wenn er sich ausgerechnet dort und in jenem Moment umbrachte, dann deshalb, weil er genau wußte, was er damit auslösen würde:
     Ermittlungen, Nachforschungen, Enthüllungen. Vielleicht wollte er, daß irgendein Skandal ans Licht kommt.«
    Frau Ferretti sprang unvermittelt auf die Füße: »Mein Mann war in keinerlei Skandal verwickelt.« Sie hatte sofort wieder ihren
     künstlich gereizten Tonfall angenommen.
    In Marco Luciani stieg plötzlich Haß gegen diese Frau und ihre Komödie auf. Denn dieser unvermittelte Umschwung von der trauernden
     Witwe zur indignierten Signora konnte nur aufgesetzt sein.
    Der Kommissar hatte sich ebenfalls erhoben und sagte deutlich, jede Silbe betonend: »Gnädige Frau, bei allem Respekt, als
     Schiedsrichter
war
ihr Mann ein Skandal.«
    Die Witwe schien eine Art Stromschlag zu durchzucken, aber sie hatte sich bewundernswert schnell wieder in der Gewalt. Nur
     die Oberlippe zitterte leicht.
    »Ich habe mich an Anwürfe gewöhnt, Herr Kommissar, aber nicht in meinem Haus.«
    »Das war kein Anwurf, gnädige Frau, es war schlichtweg die Wahrheit, und das wissen Sie. Jeder, der diese Spiele mitangesehen
     hat, weiß es. Und dort gilt es anzusetzen, wenn man herausfinden will, wer Ihren Mann umgebracht hat oder warum er es selbst
     getan hat.«
    Er merkte, daß er laut geworden war, was nicht in seiner Absicht gelegen hatte.
    »Verzeihen Sie«, sagte er leise, die Augen zu Boden geschlagen, »ich wollte nicht unhöflich sein. Ich werde Sie nicht

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