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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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hereingekommen sind, oder nicht?
     Aber da Sie sich nicht dazu durchringen können, und da Sie es sowieso schon wissen, sage ich: Jawohl, mein Mann und ich, wir
     wollten uns trennen, das heißt, ich hatte ihn praktisch schon verlassen und wäre trotz all seiner Bitten nicht zu ihm zurückgekehrt.«
    Der Kommissar fühlte sich auf dem falschen Fuß erwischt. Die Gerüchte über sie und Colnago waren also mehr als billiger Tratsch.
    »Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen, gnädige Frau. Darf ich Sie nach dem Grund fragen?«
    Die Witwe schnitt eine bittere Grimasse: »Warum wir uns trennen wollten? Da fragen Sie mich noch? Haben Sie Ende der letzten
     Saison Zeitung gelesen? Und können Sie sich vorstellen, was eine solche Geschichte in einer Familie |102| anrichten kann, selbst einer so intakten, wie die unsrige es war? Glauben Sie mir, die Frau eines Schiedsrichters ist an heikle
     Situationen gewöhnt. Wir haben gemeinsam nächtliche Telefonanrufe, anonyme Schreiben, Drohungen jeder Art durchgestanden.
     Selbst unsere Gartenmauer wurde mit den grauenhaftesten Parolen beschmiert. Es gibt entsprechende Anzeigen, die können Sie
     einsehen. Aber das alles haben wir ausgehalten und hätten es auch weiterhin getan, wenn es nicht um Luca gegangen wäre.«
    »Ihren Sohn.«
    »Genau. Haben Sie Kinder, Herr Kommissar?«
    »Nein.«
    »Schade. Aber ich denke, Sie können sich trotzdem vorstellen, was ein siebenjähriges Kind empfindet, wenn seine Klassenkameraden
     ihm den ganzen Tag nachrufen, sein Vater sei bestochen, gekauft, ein Betrüger. Kinder können sehr grausam sein; es verging
     kein Tag, an dem Luca nicht in Tränen aufgelöst nach Hause gekommen wäre. Er wurde beschimpft und mehr als einmal verprügelt.
     Schließlich traute er sich nicht mehr in die Schule, nicht einmal auf die Straße, denn auch da kam es vor, daß mein Mann vor
     mir und dem Kind beleidigt wurde.«
    Marco Luciani hörte zu und empfand zum ersten Mal so etwas wie Mitleid für diese Frau, denn je länger sie sprach, desto mehr
     blätterte von dem High-Society-Lack ab, und eine besorgte Mutter kam zum Vorschein.
    Da erschien der kleine Luca im Wohnzimmer. Ein hübscher Junge, der allerdings schüchtern und traurig wirkte. Er begrüßte den
     Gast mit einem höflichen »Buongiorno«, dann ging er zu seiner Mutter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie strich ihm über
     den Kopf und antwortete: »In Ordnung, ich komme gleich. Jetzt geh.«
    Luca wollte schon hinaus, hielt dann aber inne und wandte sich an Marco Luciani: »Bist du ein Polizist?«
    |103| Der Kommissar warf der Mutter einen fragenden Blick zu und begriff, daß der Junge Bescheid wußte.
    »Ja, so eine Art.«
    »Willst du dir mein Zimmer ansehen?«
    »Luca! Du sollst den Herrn Kommissar nicht belästigen.«
    »Nur eine Minute … ich habe es aufgeräumt.«
    »Siehst du nicht, daß wir uns unterhalten? Und dann interessiert das den Kommissar auch gar nicht …«
    Marco Luciani dachte daran, wie einsam sich das Kind fühlen mußte in diesem riesigen Haus … ohne seinen Vater. Er fragte sich,
     ob er von ihm für sein aufgeräumtes Zimmer gelobt werden wollte, weil er Polizist war, oder ob er einfach den Menschen kennenlernen
     wollte, der den rätselhaften Tod seines Vaters aufklären sollte: »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mir das Zimmer
     gerne ansehen.«
    Die Mutter stieß einen kurzen Seufzer aus. »In Ordnung. Ich danke Ihnen. Aber nur eine Minute, Luca.«
    Sie gingen hoch in den ersten Stock und ließen sich von dem Kind in ein mit Fußballpostern und Fotos tapeziertes Zimmer führen.
     Auf einigen waren nur Spieler, auf anderen der Vater mit berühmten Stars zu sehen. Auch von den Fanblocks gab es viele Poster,
     und auf dem Computer war als Bildschirmschoner ein Foto des Marassi-Stadions installiert: die Ränge unter einem Meer von Sampdoria-Genua-Schals.
     Und dann gab es Trikots verschiedener Mannschaften, Wimpel und Lederbälle. Überall auf den Regalen standen Pokale und Trophäen,
     die als Stützen für Bücher und Comic-Hefte dienten.
    Um dem Kind eine Freude zu bereiten, studierte der Kommissar alle Poster und Fotos.
    »Gefallen sie dir? Die schickt mir mein Vater.«
    »Einfach toll. Du hast wirklich eine schöne Sammlung.«
    »Keiner von meinen Freunden hat so eine.«
    »Das glaube ich gern. Ich wette, daß dich alle beneiden«, |104| sagte er, bevor ihm einfiel, daß der Junge gerade Halbwaise geworden war.
    Das Hausmädchen kam herein, um ihn aus der

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