freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
jetzt nicht, Sie sind im Dienst und dürfen nichts trinken, wegen eines kleinen Cocktails …«
»Vergessen Sie’s. Ich trinke auch in meiner Freizeit nicht.«
Das klang genervt. Der Wirt merkte es und beschloß, nicht zu insistieren.
»Wie Sie wollen. Stefania«, sagte er, zu einer der Blondinen gewandt, »bring uns ein Lemonsoda ins Büro. Und für mich einen
Schluck von meinem ganz Speziellen. Das gestatten Sie doch, Herr Kommissar? Inzwischen ist es fast schon wieder Zeit für einen
Aperitif …«, sagte er mit einem Blick auf die Uhr, »na gut, sagen wir, es ist noch Zeit für einen Verdauungstrunk.«
Sie setzten sich und redeten ein paar Minuten über das Lokal. Obwohl der Kommissar nicht gefragt hatte, wartete der Chef mit
den üblichen Einlassungen auf, dies sei ein Privatclub, in dem viele berühmte Leute verkehrten, erfolgreiche Männer, und wie
man weiß, ziehen berühmte Leute |112| reichlich attraktive Mädchen an, oder womöglich ist es umgekehrt, jedenfalls arbeite er schon viele Jahre in dieser Branche
und sei mit jedermann bekannt. Er sorge gerne dafür, daß diese berühmten Männer, die viel einsamer seien, als man gemeinhin
annehme, ein nettes Mädchen treffen. Was dann zwischen den beiden außerhalb seines Lokals geschehe, das gehe ihn nichts an,
wie auch. »Wissen Sie, hier kommen viele Mädchen aus Osteuropa her; die sind sehr selbständig, die wissen, was sie wollen,
andererseits haben sie viel mitgemacht, man muß sie verstehen. Und unsere Kunden haben, wie gesagt, Klasse: Fußballer und
Leute aus dem Showgeschäft, aber auch Geschäftsleute, die den ganzen Tag arbeiten und unter Druck stehen. Der Streß ist die
größte Krankheit unserer Zeit, und soweit ich weiß, baut man den nicht ab, indem man sich mit Pillen vollstopft, sondern indem
man einen netten Abend in Gesellschaft eines sympathischen Mädchens verbringt; man ist dann viel entspannter, wenn man nach
Hause kommt, auch die Frau ist zufriedener, sind Sie nicht der gleichen Ansicht? Sind Sie verheiratet, Herr Kommissar? Nein?
Gut gemacht, mich hat’s als jungen Kerl erwischt, was will man tun, ich war ein Heißsporn, und zu der Zeit gab’s kein Pardon,
ich weiß nicht, ob ich mich verständlich mache. Man will sich amüsieren, aber danach muß man auch zu seiner Verantwortung
stehen.«
Saggese sprach ohne Punkt und Komma, und Marco Luciani ließ ihn eine Weile reden. Bei der ersten Pause hakte er ein, um die
Situation zu klären. Nicht aggressiv, aber ohne Umschweife. Die Situation war, daß er nicht nach Turin gekommen war, um sich
halbseidene Rechtfertigungen anzuhören, und im übrigen interessiere ihn gar nicht, was in oder außerhalb dieses Ladens geschah.
Er ermittele in einem Mordfall und erwarte rückhaltlose Unterstützung.
|113| »Es ist überflüssig, daß Sie mir so etwas sagen, Herr Kommissar, wir sind Leute von Welt und verstehen uns blind. Ich will
keinen Ärger, Sie ebenfalls nicht, wir sitzen also letztlich im selben Boot …«
Marco Luciani ließ ihn nicht ausreden: »Nein, wissen Sie, bleiben Sie mal in Ihrem Boot, und ich bleib in meinem, das ist
mir lieber. Und wenn irgend jemand absäuft, dann bin nicht ich das.«
Der Wirt lächelte – die Miene war ein bißchen weniger freundlich. »Sie legen Wert darauf, daß Sie auf der Seite der Guten
stehen, stimmt’s? Sie verachten mich, weil Sie mich für einen widerwärtigen Zuhälter halten, aber versuchen Sie einmal, die
Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Die Mädchen wollen arbeiten, um zu leben, um sich eine Zukunft aufzubauen,
um ihren Familien zu helfen …«
»Oh, bitte! Den Sermon kenne ich schon.«
»Ich zwinge niemanden, hierherzukommen, Herr Kommissar. Das schwöre ich bei meiner verstorbenen Mutter. Genausowenig zwinge
ich sie, irgend etwas zu tun, beileibe nicht. Das habe ich gar nicht nötig, da draußen stehen die Mädchen Schlange, die hier
Promis kennenlernen wollen. Mädchen von sechzehn, siebzehn Jahren, und glauben Sie mir: Ich kontrolliere bei allen den Ausweis,
denn ich will keine Scherereien. Ich weiß, daß es Fälle gibt, wo die Mädchen gezwungen werden, erpreßt, mißhandelt …, aber
das ist nicht mein Stil. Das ist der Abschaum, der Mist, den die Nigerianer mit ihrem verschissenen Voodoo-Kult anstellen,
oder die Slawen. Wieso sollte ich so etwas machen? Ich arbeite auf viel höherem Niveau, warum sollte ich ein Mädchen zwingen,
wenn es zehn andere gibt,
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