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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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nicht
     mit einem Flittchen verwechseln, dachte der Kommissar. Aber er sagte nur:
    |119| »Ich hatte einen furchtbaren Tag.«
    »Ach, ich dagegen … Seit drei Tagen bist du unauffindbar. Im Büro gehst du nicht ans Telefon, zu Hause bist du nicht, jetzt
     haben wir schon wieder diese Affenhitze, aber ich dusselige Kuh renne den ganzen Tag in diesen Scheißgassen herum. Wo warst
     du denn?«
    »In Turin. Ich komme gerade erst zurück und würde mich gerne duschen.«
    Das war eine Aufforderung, sich zu verdrücken, aber sie ging nicht darauf ein.
    »Mhhm, ich würde mich auch gerne duschen.«
    Er fand sich damit ab, daß sie mit hochkam, obwohl er wußte, daß er sie dann nicht so leicht wieder loswerden würde.
    »Jesses, was für ein Currydunst … Kannst du deinem Nachbarn nicht mal was sagen?«
    »Was soll ich ihm denn sagen? Ist ja schließlich nicht verboten. Der im zweiten Stock kocht immerzu Kohl, das ist schlimmer.«
    Sie betraten die Wohnung, und schon an der Tür stürzte das Chaos auf sie ein. Da lagen ein Paar Gummischlappen und ein Paar
     vergessener Schuhe, eine Tüte mit Plastikabfällen, die in die Recyclingtonne mußten, auf einem Tisch ein Haufen Papiere und
     Briefe, ein paar alte Zeitungen, in einer Ecke ein alter Tennisschläger und abgenutzte Bälle. Greta verzog das Gesicht: »Heiliger
     Strohsack … wann hast du denn das letzte Mal hier aufgeräumt? Du könntest dir wenigstens einmal einen Schuhschrank kaufen.
     Du kannst doch nicht ewig so weitermachen mit diesen Schuhen, die zwischen Flur und Abstellkammer herumfliegen.«
    Warum nicht, dachte der Kommissar. Das ist so was von praktisch.
    Er flüchtete ins Schlafzimmer, doch Gretas Stimme drang immer wieder zu ihm durch: »Und diese Wohnung … ich |120| muß da … und wenn es nur die Vorhänge sind … irgend jemand.« Er konnte die Sätze problemlos zu Ende führen, denn sie hatte
     sie ihm tausendmal vorgebetet: Ihr gefiel diese triste Wohnung nicht, die der Vermieter mit zusammengestoppelten Möbeln eingerichtet
     hatte und in der eine persönliche Note fehle (in kühnen Momenten sprach sie von der »weiblichen Note«), eine Wohnung, die
     wie die Höhle eines Bären wirkte.
    »Ich bin sicher, daß du mich nicht betrügst, weil keine Frau mit einem Minimum an Selbstwertgefühl hier einen Fuß reinsetzen
     würde«, sagte sie.
    Dafür, daß sie hier ist, um eine angeknackste Beziehung zu retten, dachte der Kommissar, geht sie einem ganz schön auf den
     Sack. Aber er sagte nur: »Möchtest du etwas trinken? Ein Glas Wasser?«
    »Hui, ist das nicht ein bißchen stark?«
    Er drehte ihr den Rücken zu. »Schau mal nach, ob irgend etwas da ist. Du weißt, daß ich keinen Alkohol trinke.«
    »O Mann, wie das nervt! Wieso mußte ich mir gerade so einen Säulenheiligen aussuchen?« Sie ging in die Küche und schaute,
     ob irgendwo noch ein Rest von einem alkoholischen Getränk zu finden war.
    »Ich geh mich duschen. Ich beeile mich, und dann kannst du.«
    Er hörte sie sagen: »Dieser Rum hier, von wann ist der denn? Wurscht, je älter, desto besser, oder?« Er war versucht, die
     Badtür abzuschließen, aber seitdem er als Zwölfjähriger wegen eines defekten Heizofens in Ohnmacht gefallen war und seine
     Mutter ihn wie durch ein Wunder gerettet hatte, brachte er es einfach nicht mehr fertig.
    Er zog sich aus, kickte die Schuhe durchs Bad, knüllte seine Kleidungsstücke zusammen und verteilte sie so chaotisch wie möglich.
     Er hatte Lust zu schreien, ins Wohnzimmer zu rennen und sie endgültig zum Teufel zu jagen. Da |121| sah er sich im Spiegel und war entsetzt über seine boshafte Fratze. Sein Gesicht sah verkniffen und ausgemergelt aus, auf
     der Stirn tiefe Falten, die Zähne zusammengebissen. Wer weiß, wie alt man mich schätzt, dachte er, während er die weißen Haare
     betrachtete, die nach und nach an den Schläfen sprossen. Er musterte sich eingehend, sah zwei kleine Falten am Mundwinkel,
     versuchte zu lächeln, zuerst sehr verhalten, dann mit Schmackes. Ein Gesichtsausdruck, den er fast nicht mehr an sich kannte.
     Er fragte sich, wann er das letzte Mal gelächelt oder gar herzhaft gelacht hatte, wann er das letzte Mal einen dieser Lachanfälle
     bekommen hatte, bei denen es einen schüttelte und man sich nicht mehr einbekam, bis einem die Luft wegblieb und der Bauch
     weh tat.
    Aber es gab nun mal keinen Grund zu lachen, überhaupt keinen. Er hatte die kläglichen Reste eines Gesichts vor sich, in dem
     nur die von der Mutter

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