freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
Und das wird immer so bleiben.«
»›Ich mag dich.‹ Du hörst dich an wie ein verpickelter Teenie, der nicht den Mut hat, ›Ich liebe dich‹ zu sagen. Hast du das
jemals zu einer von
uns
Frauen gesagt: Ich liebe dich?«
»Ja, als ich noch ein verpickelter Teenie war.«
»Sag’s mir jetzt.«
Er schwieg.
»Sag mir jetzt, ob du mich liebst oder nicht. Ich habe ein Recht darauf, es zu wissen.«
»Ihr Frauen …«
Die Ohrfeige traf ihn unvorbereitet. Sie war kräftig, aber er nahm vor allem das Geräusch auf der linken Wange wahr.
»Sag nicht: ihr Frauen! Das ertrage ich nicht! Du sprichst mit mir, hast du das kapiert? Mit mir!«
|127| Sie sah verstört aus, in ihren Augen standen Tränen. Marco Luciani wurde klar, daß sie diesmal zu weit gegangen waren, viel
zu weit.
»Ihr Frauen«
, sagte er leise, »meint immer, daß eure Liebe genügt. Auch wir Männer meinen das irgendwie. Und es spielt keine Rolle, ob
der Mensch, in den wir uns verlieben, uns nicht liebt, ob er einen Beruf hat, der uns nicht gefällt, ein Leben führt, das
uns fremd ist, es spielt keine Rolle, wenn er keine Kinder will. Wir meinen, früher oder später wird er uns lieben, sich einen
anderen Job suchen, leben wie wir, er wird Kinder wollen oder sie zumindest akzeptieren. Was von dem Menschen übrigbleibt,
den wir kennengelernt haben, das ist egal, es reicht, daß er sich unserem Egoismus unterworfen hat.«
Sie weinte jetzt und gab sich keine Mühe mehr, die Tränen zu verbergen.
»Was bist du für ein Arschloch. Ein richtiges Arschloch. Jetzt willst du auch noch
mich
als Egoistin hinstellen. Ich habe dir zuliebe auf so viel verzichtet, du dagegen auf gar nichts. Es ist einfach, sich immer
nur in sein Schneckenhaus zurückzuziehen, sich nie hinzugeben, nie festzulegen. Ich wette, daß man so eine Menge Weiber flachlegen
kann, eine Menge dummer Hühner, die sich, so wie ich, für etwas Besonderes halten, und in Wirklichkeit sind sie wie alle anderen:
ein Zeitvertreib, sonst nichts.«
»Jetzt bist du ungerecht. Mir gegenüber und dir selbst gegenüber. Du weißt, daß du nicht irgendeine bist, und du weißt, daß
ich nichts mit anderen Frauen habe. Daran liegt es nicht, daß es zwischen uns nicht funktioniert, und das wollte ich dir schon
lange sagen.«
»Ach ja? Das wolltest du mir sagen? Du wolltest mir den Laufpaß geben? Dann tu es doch, oder hast du nicht einmal dazu den
Mumm? Du willst mit mir Schluß machen und mir auch noch einreden, es sei meine Schuld? Wann hast du |128| das denn beschlossen? Bevor oder nachdem du mich heute Abend gebumst hast? Fick dich doch ins Knie, du Scheißkerl, du Scheißkerl,
du bist ein Scheißkerl!«
Sie war plötzlich völlig hysterisch geworden. Den Kommissar streifte eine weitere Ohrfeige, er spürte, wie die Fingernägel
seine Haut schraffierten, wie die Wange sofort zu brennen anfing. Er hielt ihre Handgelenke fest, während sie weiterschrie,
Tränen und Beschimpfungen ausspuckte und nach ihm trat. Sie verlor ihre Schuhe, tobte aber weiter, barfuß, mitten auf der
Straße, während ihr die Wimperntusche übers Gesicht lief. Marco Luciani schaute sich um und sah aus dem Augenwinkel, wie drei
oder vier Leute stehenblieben, um sie zu beobachten. Er wäre vor Scham am liebsten im Erdboden versunken und wollte nur, daß
sie aufhörte zu brüllen und herumzutoben wie eine Schlampe.
»Du Scheißkerl, laß mich, du Scheißkerl! Laß mich!«
Langsam näherte sich ein Pärchen. Die Frau trieb den Mann an, der offensichtlich keine große Lust hatte, sich einzumischen.
»Hör auf. Die gucken schon.«
»Dann sollen sie gucken! Die sollen sehen, was für ein Scheißkerl du bist. Schämst du dich jetzt? Du hast allen Grund, dich
zu schämen!«
Er spürte, daß er sie haßte. Ja, es war schlichtweg Haß, abgrundtiefer Haß. Er fragte sich, wie er nur mit ihr hatte zusammensein,
sie auch noch hatte gern haben können. Was hatte ihm nur an diesem trivialen Gesicht gefallen, das sich nun in eine grausige
Fratze verwandelt hatte?
»Gibt es hier ein Problem, Fräulein?« Ein junger Bursche war aufgetaucht. Er war vielleicht zwanzig, zweiundzwanzig Jahre
alt, dünn, mit Ohrring und Tätowierung am Arm. Neben ihm stand ein übergewichtiges Mädchen, älter als er und ausgesprochen
häßlich, verwachsen. Sie hatte ihr Mobiltelefon in der Hand und schaute Luciani herausfordernd an:
|129| »Wenn Sie sie nicht in Ruhe lassen, rufe ich die Polizei.«
Dem Kommissar
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