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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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sicher, daß die Witwe das nicht
     will. Und jemand anderes auch nicht, jemand, für den drei Milliarden noch weniger ins Gewicht fallen als für sie.«
    »Aber trotzdem, welchen Vorteil zieht sie daraus, wenn der Fall so schnell ad acta gelegt wird?«
    »Sie setzt den Gerüchten ein Ende. Sie streicht womöglich eine noch höhere Prämie von den Freunden ihres Mannes ein. Und sie
     übt gehörigen Druck auf die ermittelnden Behörden aus. Wenn sie zeigt, daß sogar die Familie von einem Selbstmord überzeugt
     ist, bestätigt sie den Verdacht, daß wir uns aus persönlichen Gründen in die Sache verbissen haben. Für die Sportgazetten
     und die Zeitungen, die den großen Clubs nahestehen, wäre das ein gefundenes Fressen.«
    Sofia Lanni warf einen schuldbewußten Blick auf den |184| Salat des Kommissars, dann machte sie sich mit Appetit über die Tagliatelle her. Beim ersten Bissen schloß sie die Augen und
     gab ein genüßliches Winseln von sich. Es war ein Vergnügen, ihr beim Essen zuzusehen.
    »Das heißt, für Ihre Gesellschaft ist der Fall quasi abgeschlossen.«
    »Vorgestern hat mein Chef mich angerufen, um die Sache zu beschleunigen, aber ich habe ihm gesagt, daß ich nicht überzeugt
     bin. Deshalb hat mich heute der Oberboß angerufen, der Allmächtige in Person, um mir mitzuteilen, daß er mit meiner Arbeit
     sehr zufrieden sei, daß er wisse, wie sorgfältig ich meine Ermittlungen führe, und daß ich ihm nichts mehr beweisen müsse.
     Und er hat hinzugefügt, daß sie mir die volle Provision für die drei Milliarden auszahlen und eine Woche Urlaub schenken,
     auch wenn dies ein einfacher Fall war, der in beiderseitigem Einvernehmen abgeschlossen wurde.«
    Marco Luciani war versucht, sie nach der Höhe ihres Anteils zu fragen. Doch er verkniff sich das und sagte nur: »Die Botschaft
     ist klar.«
    »Glasklar: Klapp den Aktendeckel zu und mach dir einen faulen Lenz, uns soll’s recht sein. Ich brauche wohl nicht darauf hinzuweisen,
     daß meine Versicherungsgesellschaft vom selben Konzern kontrolliert wird, der auch die Aktienmehrheit an einem bestimmten
     Fußballclub hält …«
    Sie aßen eine Weile weiter. Dann brach Marco Luciani das Schweigen.
    »Warum erzählen Sie mir das?«
    »Aus demselben Grund, aus dem Sie die Nachforschungen nicht einstellen wollen. Wir sind Ermittler, wir tun das nicht für den
     Gehaltsscheck am Monatsende oder für eine Provision, sondern aus Jagdinstinkt, weil wir die Wahrheit wissen wollen, oder zumindest
     alles daran setzen wollen, sie herauszufinden. Das ist eine Frage des Gewissens, der |185| Selbstachtung. Sehen Sie, ich weiß wirklich nicht, ob der Schiedsrichter sich umgebracht hat oder ermordet wurde, ich weiß
     nur, daß ich eine Wahnsinnslust habe, es herauszufinden.« Ihre grünen Augen leuchteten hinter den Brillengläsern.
    Marco Luciani lächelte: »Wenn man Sie rausgeschmissen hat, bewerben Sie sich bei der Polizei.«
    Sofia Lanni hob das Glas: »Ihr habt mich schon abgelehnt, vor drei Jahren.«
    Sie redeten nicht mehr über den Fall. Marco Luciani begann sie ebenso behutsam wie gnadenlos zu verhören. Über die Familie,
     die Ausbildung, den Job. Ihr Leben in Mailand, wo genau sie arbeite. Die Ferien, ihre Reisen. Er fragte mit keinem Wort, ob
     sie verheiratet, verlobt oder verliebt sei, und sie schnitt das Thema nicht an. Ein gutes Zeichen, dachte der Kommissar, bei
     einem zweideutigen Treffen streut eine Frau, die auf Sicherheitsabstand gehen und Avancen vorbauen will, Bemerkungen ein wie:
     »Auch mein Mann ist ganz verrückt nach …« oder: »Das sage ich meinem Freund auch immer …«. Aber dann dachte der Kommissar,
     daß dies ja kein zweideutiges Treffen war, sondern einfach ein Arbeitsessen; und wenn sie nicht von ihrem Partner sprach (denn
     so eine Frau mußte einfach irgendwie gebunden sein), hieß das, daß sie es für überflüssig hielt, erotische Implikationen zu
     zerstreuen, denn sie dachte nicht, daß so etwas überhaupt in Frage käme. Das bedeutete unterm Strich: daß sie keine Abwehrhaltung
     einnahm, war ein schlechtes Zeichen.
    Er schwankte eine Weile zwischen den beiden Interpretationen hin und her, bis ihm die »Objektivierungs-Methode von Delrosso«
     in den Sinn kam. Ein Kommilitone hatte sie ihm an der Uni beigebracht – sie war unfehlbar: Er mußte sich nur vorstellen, er
     säße am Nebentisch und beobachtete seinen Tisch. Dann mußte er sich ausmalen, was er gerade |186| über sich und Sofia Lanni denken würde. Vom

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