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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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Sie, Herr Kommissar.«
    Sie war unbemerkt an ihn herangetreten. Sie trug eine smaragdgrüne Baumwollhose, ein weißes Polo-Shirt und über den Schultern
     einen blauen Pulli. Sie hatte ihr Haar hochgesteckt, und das grüne Brillengestell unterstrich ihre Augenfarbe: grün wie der
     Rasen von Wimbledon. Marco Luciani hatte sich auf die junge Karrierefrau aus seinem Büro eingestellt, aber jetzt schmolz er
     dahin wie eine |176| Wachspuppe angesichts dieses ungeschminkten Engels. Schweigend fixierte er sie einige Sekunden, bis sie glaubte, er habe sie
     nicht wiedererkannt.
    »Ich bin es, nur ohne Dienstuniform, Herr Kommissar. Darf ich mich trotzdem setzen?«
    Marco Luciani versuchte wieder Haltung anzunehmen. Er stand auf und rückte ihr den Stuhl zurecht.
    »Entschuldigen Sie. Ich war ins Träumen geraten …« Er führte den Satz nicht zu Ende, freute sich aber fast über seinen zweideutigen
     Gehalt, man konnte ihn als simple Redewendung oder als gewagtes Kompliment verstehen.
    Sie überging dies nonchalant, ebenso wie die Tatsache, daß sich die Blicke aller im Raum versammelten Männer an ihr festgesaugt
     hatten. Marco hätte gerne ein Mal, ein einziges Mal im Leben ausprobiert, was man dabei empfand.
    »Ich habe von dem Überfall gehört. Wie geht es Ihnen?«
    Er schnaubte verächtlich und zuckte mit den Schultern, was er sofort wieder bereute. Er wollte nicht den harten Hund spielen,
     womit er sich nur lächerlich machte, aber er wollte sich auch nicht bemitleiden lassen und vielleicht das bißchen Macht verlieren,
     das er über sie hatte. »Ich habe ganz schöne Angst ausgestanden«, antwortete er, »aber zum Glück ist es noch einmal gutgegangen.
     Ist nicht der Rede wert.«
    Sie merkte, daß sie ihn in Verlegenheit gebracht hatte, und wechselte schnell das Thema.
    »Hier ist es wirklich wunderschön, Herr Kommissar. Die Luft tut gut, und der Meerblick ist so entspannend … Ihr seid wirklich
     zu beneiden dafür, daß ihr hier das ganze Jahr lebt.«
    »Verzeihen Sie, daß ich schon bestellt habe, aber der Kellner warf mir böse Blicke zu. Was nehmen Sie?«
    »Ich hätte gern einen Aperitif, einen Martini, ich habe nämlich noch nicht gegessen. Und Sie?«
    |177| »Ach, ich … nein, im Grunde«, log er. Er hatte eine halbe Pellkartoffel, drei Scheiben Rote Beete und sogar einen Honigkeks
     gegessen. Er fühlte sich pappsatt.
    »Hätten Sie Lust, nach dem Aperitif etwas essen zu gehen?«
    »Und ob. Sehr gern«, sagte er mit einem gezwungenen Lächeln.
    Sofia Lanni winkte, und sofort erschien der Kellner.
    »Stört es Sie, wenn ich mit der Tür ins Haus falle und sofort auf mein berufliches Anliegen zu sprechen komme, Herr Kommissar?
     Dann haben wir es wenigstens hinter uns.«
    »Ich bitte Sie. Deswegen sind wir doch hier.«
Weswegen denn sonst?
    »Nun, wie ich Ihnen beim letzten Mal darlegen wollte, hatte Herr Ferretti bei uns, vor etwa zwei Jahren, eine Lebensversicherung
     abgeschlossen. Er zahlte jeden Monat einen Betrag ein, der ihm, im Falle des Ablebens, drei Milliarden italienische Lire –
     1,5 Millionen Euro – eingebracht hätte. Vor kurzem, genauer gesagt, letzten Sommer, hatte er um eine Verdoppelung von Beitragssatz
     und Prämie nachgesucht. Angesichts der Anfeindungen, denen er sich nach der letzten Fußballsaison ausgesetzt sah, versuchten
     wir erst einmal Zeit zu gewinnen. Wir brachten als Vorwand vor, jenseits der Vierzig sei ein neuer Gesundheits-Check vonnöten.
     Wie Sie wissen, werden solche Prämien im Unglücksfall ausgezahlt, bei einem Autounfall zum Beispiel, bei einer tödlichen Krankheit
     oder Mord. Aber natürlich nicht im Falle der Selbsttötung.«
    »Die Begünstigte war die Ehefrau, nehme ich an.«
    »Der Sohn. Aber klar, solange er nicht volljährig ist, würde die Mutter das Geld verwalten.«
    Sofia Lanni trank einen Schluck Martini, dann redete sie weiter.
    |178| »Als wir vom Tod Herrn Ferrettis erfuhren, hofften wir, es würde sich um Selbstmord handeln. Da die Beiträge erst seit kurzem
     geleistet wurden, wäre eine Prämienzahlung für die Versicherungsgesellschaft ein glatter Verlust. Nichts Dramatisches, Gott
     bewahre, aber in Krisenzeiten wie diesen spielen auch 1,5 Millionen in der Bilanz eine Rolle.«
    »Und folglich hat man Sie beauftragt, sich des Falles anzunehmen.«
    »Genau. Ich muß gestehen, daß ich, da ich nie mit Ihnen sprechen konnte, versucht habe, über andere Quellen an Informationen
     zu kommen, im Polizeipräsidium … wirken hochhackige

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