freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
Schuhe und Kontaktlinsen oft wahre Wunder«, sagte sie mit einem schelmischen
Lächeln.
Marco Luciani sah reihenweise Denunzianten vor sich. Er sah Giampieri, der mit ihr in genau dieser Bar an einem Tischchen
saß, oder in einem noch intimeren Lokal. Und er selbst hatte die Frau ignoriert und an seinen Vize verwiesen!
»Dann werden Sie inzwischen mehr wissen als ich«, sagte er, sichtlich verärgert.
»Glauben Sie nicht, daß Sie der einzige unbestechliche Polizist sind, Herr Kommissar. Vielleicht haben Sie Ihre Leute auch
zu gut im Griff. Oder vielleicht haben sie kapiert, daß ich ein anständiges Mädchen bin, von dem man keine konkreten Gegenleistungen
erwarten darf. Am Ende habe ich nicht viel mehr erfahren als das, was auch in der Zeitung stand.«
Sie trank noch einen Schluck Martini. »Als ich Sie vorgestern sah, wußte ich sofort, daß Sie ein aufrichtiger Mensch sind.
Ich bin hergekommen, um Ihnen ganz offen vorzuschlagen, daß wir einander unter die Arme greifen. Denn ich meine, wir haben
etwas Wichtiges gemein.«
»Das wäre?«
»Obwohl es in Ihrem Interesse liegt, diese haarige Geschichte schnell abzuschließen, und obwohl Sie von allen |179| Seiten Druck bekommen, ermitteln Sie weiter im Sinne einer Mordtheorie. Und obwohl es meinem und dem Interesse meiner Gesellschaft
zuwiderläuft, die mich übrigens rausschmeißen würde, wenn sie es erführe, verrate ich Ihnen eine bemerkenswerte, höchst interessante
Tatsache.«
»Die wäre?«
Sofia Lanni machte eine Pause, um die Spannung zu erhöhen.
»Wenn ich sie Ihnen anvertraue und sie sich als so interessant erweist wie versprochen, werden Sie mich dann über den Gang
der Ermittlungen auf dem laufenden halten?«
Marco Luciani spürte in seinem Magen eine wohlige Wärme, seine Beine schienen dahinzuschmelzen. Das war nicht mehr nur eine
Frage von Schönheit und attraktivem Äußeren, er spürte schon nach diesen wenigen Minuten, daß sie auf einer Wellenlänge lagen,
daß sie ihre jeweilige Rolle mit ähnlicher Ironie betrachteten, und er genoß die Vorstellung, in Sofia Lanni eine Gehilfin
und Vertraute zu haben.
Natürlich nur das, nichts weiter.
Er versuchte kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht festzulegen.
»Ich werde Ihnen einige Dinge sagen, die Ihnen helfen können. Natürlich dürfen Sie mit niemandem darüber sprechen.«
»Natürlich.«
»Ich bin ganz Ohr.«
Sie stellte das Glas ab. Es war schon leer. »Tut mir leid, Herr Kommissar, aber ich komme um vor Hunger. Ich werde erst reden,
wenn ein Teller Spaghetti vor mir steht. Kennen Sie ein Lokal hier in der Nähe?«
Marco Luciani schüttelte es. Als er das letzte Mal in der Gegend ein Lokal betreten hatte – vielleicht vor etwa drei Jahren
– lag er mit dem Kellner im Clinch, ehe er überhaupt Platz genommen hatte. Und schon früher, als er noch zum |180| Essen ausging, weil seine Freundin oder ein Freund ihn praktisch mit Gewalt mitschleifte, hatte er alle Restaurants dieser
Gegend hassen gelernt: Entweder sind die Kellner rotzfrech, oder sie machen um zehn die Küche zu. Manche bescheißen dich bei
der Rechnung, andere geben dir ganze drei Fleischbällchen zu zehn Euro das Stück. Einige pferchen ihre Gäste so zusammen,
daß dein Nachbar dir den Rauch direkt ins Gesicht bläst, oder sie setzen dich, falls du alleine kommst, auf die Eselsbank
an der Klotür, selbst wenn das ganze Lokal leer ist, »man weiß ja nie«, es könnten ja plötzlich fünfzig Gäste auf einmal hereingeschneit
kommen. Bei manchen ißt du zweimal gut, und beim dritten Mal ist das Niveau unter aller Kanone. Im Geiste strich er jedes
dieser Lokale mit einem schwarzen Kreuz aus der Liste. Und so hatte noch vor der Zeit, als sein Magen die Nahrungsaufnahme
verweigerte, der gastronomische Stadtplan seiner Stadt die Gestalt eines Friedhofs angenommen.
»Ich weiß nicht«, sagte er, »da ist eines wie das andere.«
Sie gingen hinaus auf die Hafenmole, und nach wenigenSchritten deutete der Kommissar auf den Schriftzug eines Restaurants:
»Ist das okay?«
Marco Luciani konnte sich nicht erinnern, jemals da gewesen zu sein, aber es war eines dieser teuren Aufschneiderlokale, die
schon mit einem schwarz eingebrannten Kreuz geboren werden. Das riesige Brandmal über dem Eingang schien noch bedrohlich zu
qualmen. Wahrscheinlich steckten die Kellner unter weißen Kapuzen und warteten auf Kunden, die sie an eben dieses Kreuz nageln
konnten.
»Klar, sehr okay«,
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