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FreeBook Robert Musil Drei Frauen

Titel: FreeBook Robert Musil Drei Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Musil
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seinen Fehler anerkennen mochte, mußte er es ins Universale, Weltschmerzliche vergrößern und es als Los des reichen Geistes empfinden, solcher Ergänzung durch fremden Starkmut zu bedürfen, so daß es auch für die Frau dabei nicht an schmerzlicher Erhöhung fehlte. Sie maskierten ihr Verhältnis sorgfältig und auch vor sich als geistige Freundschaft, aber es gelang nicht immer, und zuweilen waren sie ganz entsetzt über Hyazinthische Schwächen, die sie in Gefahr brachten und unsicher machten, ob sie nun fallen müßten oder starkmütig zur alten Höhe wieder hinansteigen sollten. Als aber der Gatte erkrankte, war den Seelen der Halt geschenkt, nach dem langend, sie um den einen Zentimeter wuchsen, der zuweilen noch gefehlt hatte. Von da an war die Gattin geschützt durch Pflicht, machte gut durch verdoppelte Pflicht, was etwa noch in Empfindungen gesündigt wurde, und das Denken war durch eine einfache Regel, welche jetzt den Ausschlag gab, vor jenem Schwanken zwischen Verpflichtung zur Größe der Leidenschaft und zur Größe der Treue gesichert, das so besonders unangenehm war.
    So sahen also verläßliche Menschen aus, sie zeigten es durch Geist und Charakter. Und mochte in Hyazinths Romanen auch noch so viel Liebe auf den ersten Blick vorkommen, jemand, der ohne weiteres einem Menschen folgte – wie ein Tier, das weiß, wo es trinken darf und wo nicht, – wäre ihnen als ein Wesen erschienen, das sich in einem wilden Urzustand ohne Moral befindet. Der Sohn aber, welcher mit dem tierhaft guten Vater Mitleid fühlte und Hyazinth wie die Mutter gleich der geistigen Pest bei allen kleinen Gelegenheiten des Familienlebens bekämpfte, hatte sich durch diese beiden in die entgegengesetzteste Ecke der zeitgemäßen Möglichkeiten treiben lassen. Der vielseitig Begabte studierte Chemie und stellte sich taub gegen alle Fragen, die nicht klar zu lösen sind, ja er war ein fast haßerfüllter Gegner solcher Erörterungen und ein fanatischer Jünger des kühlen, trocken phantastischen, Bogen spannenden neuen Ingenieurgeistes. Er war für Zerstörung der Gefühle, war gegen Gedichte, Güte, Tugend, Einfachheit; Singvögel brauchen einen Ast, auf dem sie sitzen, und der Ast einen Baum, und der Baum braunblöde Erde, er aber flog, er war zwischen den Zeiten in der Luft; hinter dieser Zeit, die ebensoviel zerstört wie aufbaut, wird eine kommen, welche die neuen Voraussetzungen hat, die wir mit solcher Askese schaffen, und dann erst wird man wissen, was wir hätten fühlen sollen – so ungefähr dachte er: einstweilen galt es hart und karg sein wie auf einer Expedition. Es hatte bei solchem Antrieb nicht fehlen können, daß er schon auf der Schule den Lehrern aufgefallen war, er hatte die Ideen neuer Erfindungen gefaßt, sollte sich ihrer Ausbildung nach dem Doktorat noch ein bis zwei Jahre widmen und hoffte, dann mit unaufhaltsamer Sicherheit über jenem strahlenden Horizont aufzusteigen, als den junge Leute die aus Glanz und Ungewißheit gemischte Zukunft vor sich sehen. Tonka liebte er, weil er sie nicht liebte, weil sie seine Seele nicht erregte, sondern glatt wusch wie frisches Wasser; er tat es mehr, als er glaubte, und die zuweilen vorsichtig mit scharfer Spitze tastenden Erkundigungen seiner Mutter, welche eine Gefahr ahnte, die sie nicht zur Rede stellen konnte, weil sie keine Gewißheit besaß, trieben ihn zur Eile. Er legte seine Prüfungen ab und verließ das Elternhaus.
     
     
V
    Sein Weg führte ihn nach einer deutschen Großstadt. Er hatte Tonka mit sich genommen; es wäre ihm zumut geworden, als würde er sie Feinden ausliefern, wenn er sie in der Stadt ihrer Tante und seiner Mutter zurückgelassen hätte. Tonka schnürte ihre Sachen und verließ die Heimat so herzlos, so selbstverständlich, wie der Wind mit der Sonne wegzieht oder der Regen mit dem Wind.
    Sie nahm in der neuen Stadt eine Stellung an, in einem Geschäft. Sie begriff die neue Arbeit rasch und wurde täglich dafür gelobt. Aber warum bekam sie einen unzureichenden Gehalt und bat nie um Erhöhung, obwohl man sie ihr bloß vorenthielt, weil es so eben auch ging? Sie nahm, was ihr fehlte, ohne Bedenken von ihrem Freunde an. Nicht deshalb, sondern weil ihm ihre Bescheidenheit nicht immer paßte, und um sie klüger zu machen, hielt er zuweilen Reden dagegen. »Warum verlangst du nicht, daß er dir eine höher bezahlte Verwendung gibt?!«
    »Ich kann nicht.«
    »Kannst nicht und behauptest, daß überall, wo etwas nicht stimmt, du helfen

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