freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
den Schild seines Reiters zerschmetterte.
Aber auch der Schecke strauchelte. Einen Moment lang hatte Thor alle Mühe damit, sein Pferd auf den Beinen zu halten, und als er die Gewalt über das Tier zurückgewonnen hatte, da war auch der Hund schon wieder auf den Füßen und setzte zu einem weiteren Sprung an – diesmal von seiner rechten, ungeschützten Seite.
Thor versuchte das Schwert hochzureißen, aber die Klinge schien Zentner zu wiegen, und seine eigenen Bewegungen wurden im gleichen Maße langsamer, in denen die des Bluthunds fast magisch schneller zu werden schienen. Der Schecke kreischte vor Furcht und stieg in blinder Panik auf die Hinterläufe, und dieses Mal gab das verletzte Bein unter der Belastung nach. Thor spürte, wie er rücklings aus dem Sattel zu rutschen begann, kämpfte einen halben Atemzug lang vergebens um sein Gleichgewicht und verlor diesen Kampf endgültig, als der Hund gegen ihn prallte. Noch im Fallen riss er das Schwert hoch und hämmerte dem Ungetüm den Knauf so hart gegen die Schnauze, dass einer der gewaltigen Reißzähne abbrach und Blut und stinkender Geifer ihm ins Gesicht sprühten. Der Hund jaulte vor Schmerz und warf den Kopf zurück, aber er ließ keineswegs von ihm ab, sondern drückte ihn nur mit seinem gewaltigen Gewicht nieder, schnappte nach seinem Gesicht – und war verschwunden.
Es ging so schnell, dass Thor nicht einmal wirklich sah , was passierte. Der Sturm gebar ein weiteres Ungeheuer, weiß wie es selbst, doppelt so groß wie der Hund und hundertmal wilder. Mit einem einzigen Zuschnappen seiner gewaltigen Kiefer biss es den Hund nahezu in der Mitte durch, schleuderte den Kadaver davon und war genauso schnell wieder im Sturm verschwunden, wie es daraus aufgetaucht war; als wäre es tatsächlich nicht mehr als ein Gespenst, das das weiße Toben ausgespien hatte.
Schreie mischten sich in das Heulen des Unwetters, das Klirren von Waffen und das schrille Gekläff der Hunde, dann ein gepeinigtes Jaulen, das mit erschreckender Plötzlichkeit abbrach.
Thor wälzte sich mühsam herum, rammte die Schwertspitze in den Boden, um sich an der Waffe in die Höhe zu stemmen, und hielt zuerst nach dem toten Hund, dann nach dem gestürzten Reiter Ausschau. Der Hund stellte keine Gefahr mehr dar – Fenrir hatte ihn tatsächlich fast in zwei Hälften zerrissen – und der Reiter im Grunde auch nicht. Sein Schild war unter Thors Hieb zerbrochen, und der Arm hing nutzlos und schlaff herab. Blut liefan seiner Hand hinunter und tropfte in den Schnee. Seine andere Hand umklammerte noch immer das Schwert, aber er hatte den Helm verloren, und sein Gesicht war grau vor Schmerz und Todesangst. Als Thor sich ihm näherte, las er die vollkommene Gewissheit in seinen Augen, dass er ihn töten würde.
Thor schlug ihm das Schwert mit der flachen Seite gegen die Schläfe, was dem Mann auf der Stelle das Bewusstsein raubte, ihn aber nicht tötete, gewahrte eine Bewegung aus den Augenwinkeln und fuhr blitzschnell herum.
Hatte er vorher schon geglaubt, einen Albtraum zu erleben, so wurde es nun vollends bizarr.
Es war nicht einmal eine Momentaufnahme, aber durch und durch grässlich: Ein weiterer Hund tauchte aus dem weißen Chaos auf, riesig und voller Blut und schaumigem Geifer, versuchte sich auf ihn zu stürzen, und etwas packte ihn, zerrte ihn in die brodelnden Schleier zurück und riss ihn in Stücke. Schatten wogten hinter den Sturmschleiern, und wieder gellten Schreie, und er hörte das gequälte Kreischen eines Hundes – oder hielt es jedenfalls dafür, bis er begriff, dass es in Wahrheit die Stimme eines Menschen gewesen war.
Und dann, von einem Atemzug auf den anderen, war es vorbei. Das Heulen des Sturmes schwang sich noch einmal zu einem allerletzten, infernalischen Kreischen empor und brach dann mit einem gewaltigen Donnerschlag ab. Die nachfolgende Stille war so absolut, dass sie in seinen Ohren dröhnte.
Langsam, taumelnd vor Erschöpfung, aber trotzdem jederzeit darauf gefasst, erneut angegriffen zu werden, ließ Thor das Schwert sinken und lauschte. Der Sturm hatte nicht einfach aufgehört. Es war vollkommen windstill, aber die Luft war noch immer voller hochgewirbeltem Schnee, der sich nur allmählich senkte, und der zitternden Erinnerung an eine Hölle, die hier für einige wenige Augenblicke getobt hatte. Irgendwo wieherte ein Pferd, ein leises, angstvolles Geräusch, und vielleicht war da auch ein Stöhnen, aber er konnte nicht sagen, ob es aus einer
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