freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
menschlichen Kehle stammte oder der eines Tieres.
Thor machte einen weiteren Schritt, lauschte konzentriertund blieb dann abermals stehen, als sein Fuß gegen etwas Weiches stieß.
Es war ein weiterer toter Hund … oder was davon übrig war. Etwas hatte ihm den Kopf abgebissen, und auch seine Hinterläufe waren nur noch blutige Stümpfe.
Der Anblick war so grauenerregend, dass Thor schon wieder eine leise Übelkeit verspürte. Trotzdem ließ er sich neben dem toten Tier in die Hocke sinken und zwang sich, den Kadaver genauer zu betrachten.
Der Hund war nicht einfach getötet worden. Was immer dieses Tier umgebracht hatte, hatte ihn regelrecht zerfetzt, wie um eine uralte Feindschaft an ihm auszulassen, einen Hass, der nicht mit seinem bloßen Tod gestillt werden konnte.
Auch wenn es vollkommen widersinnig war, stieß er das blutige Bündel zweimal mit der Schwertspitze an, wie um sich davon zu überzeugen, dass auch wirklich kein Leben mehr in ihm war, dann stand er auf und sah sich weiter um. Das Schneegestöber hatte sich mittlerweile vollends zu Boden gesenkt. Aber er wünschte sich fast, es wäre nicht so gewesen.
Er stand auf einem Schlachtfeld. Das Pferd, dessen klägliches Schnauben er gerade gehört hatte, wieherte erneut und kam ängstlich näher, blieb aber erschrocken stehen, als er eine unvorsichtige Bewegung machte. Es war das einzige lebende Geschöpf, das er noch gewahrte. Ein weiteres, totes Pferd lag mit aufgerissener Kehle nur ein paar Schritte entfernt im Schnee, und mindestens zwei weitere Tiere mussten geflohen sein, denn er sah insgesamt vier reglose Männer; zweifellos tot und zweifellos ebenso von Wölfen gerissen, wenn auch nicht annähernd so schlimm zugerichtet wie die Hunde.
Thor ging langsam von einem zum anderen, aber er wusste schon vorher, dass jede Hilfe zu spät kam. Den Männern waren die Kehlen durchgebissen worden, was sicher der schnellste und barmherzigste Tod war, den sie von Fenrir und seinen grauen Jägern hatten erwarten können.
Ein sonderbarer Zwiespalt ergriff von Thors Gefühlen Besitz, während er langsam von einem Mann zum anderen ging. Unterihnen war nicht einer, den er nicht gekannt hätte, aber zu seiner Erleichterung entdeckte er auch keinen von denen, die im Laufe des zurückliegenden Winters zu seinen Freunden geworden waren.
Aber das machte es nicht besser. Er empfand nicht einmal das Gefühl der Erleichterung, das doch eigentlich kommen sollte, nun, wo er die Verfolger los war, die Urd und seinen ungeborenen Sohn so in Gefahr gebracht hatten.
Alles hier war … falsch . Und ohne ihn wäre nichts von alledem geschehen.
Er hätte niemals hierherkommen dürfen.
Thor ging noch einmal von einem zum anderen und überzeugte sich zum zweiten Mal davon, dass es nichts mehr gab, was er für einen von ihnen tun konnte. Er überwand auch seine Hemmungen und entschied, dass es durchaus etwas gab, was die Toten für ihn tun konnten, und so durchsuchte er sie nach Dingen, die ihnen auf der weiteren Flucht von Nutzen sein mochten. Er kam sich dabei wie ein Leichenfledderer vor, obwohl die Ausbeute mager genug war: eine Handvoll bronzener Münzen aus einer Währung, die er nicht kannte, zwei lederne Beutel, die einen ebenso stark wie würzig riechenden Wein enthielten, und einige wenige Lebensmittel, die er in den Satteltaschen des toten Pferdes fand. Die Männer schienen nicht auf eine längere Verfolgung eingerichtet gewesen zu sein. Sie waren entweder sehr überstürzt aufgebrochen oder hatten es nicht für nötig empfunden. Angesichts der Bluthunde, die sie bei sich gehabt hatten, vermutete Thor eher Letzteres.
»Du hast sie erschlagen!«
Thor fuhr so schnell herum, dass er um ein Haar auf dem schlüpfrigen Boden ausgeglitten wäre, und das Schwert sprang wie von selbst in seine Hand zurück.
»Du hast sie alle erschlagen«, sagte Lif noch einmal. Seine Augen waren so groß, dass sie aus den Höhlen zu quellen schienen, und Thor war ganz und gar nicht sicher, ob ihm gefiel, was er darin las. Und ganz bestimmt nicht das, was er in seiner Stimme hörte.
»Ich habe niemanden –«, begann Thor.
»Du hast sie alle erschlagen«, sagte Lif zum dritten Mal, und jetzt war Thor sicher, Bewunderung in seiner Stimme zu hören. »Ganz allein! Fünf Männer! Du hast ganz allein fünf Krieger erschlagen!«
»Wie kommst du hierher?«, fragte Thor. »Hatte ich dir nicht befohlen –?«
»Elenia und Mutter sind in Sicherheit«, unterbrach ihn der Junge. »Wir haben
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