freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
Verachtung und Hass zu lesen und vielleicht eine Spur von Furcht.
»Also doch«, sagte er. »Ich hatte recht. Du hast uns von Anfang an belogen.«
»Nein«, antwortete Thor. »Es ist alles viel komplizierter, Sverig. Aber ich kann es dir im Moment nicht erklären. Lass uns vorbei.«
»Wir können sie nicht gehen lassen!«, sagte Urd. Sie klang beinahe entsetzt. »Thor!«
»Wir haben keinen Streit mit euch, Sverig«, fuhr er unbeirrt fort. »Du weißt, warum wir hier sind! Lass uns vorbei, und du hast mein Wort, dass du mich nie wieder siehst. Sprich mit Bjorn, und richte ihm aus, dass er recht hat. Er wird wissen, was ich meine.«
»Thor!«, keuchte Urd. »Sie werden die anderen alarmieren!«
Thor beachtete sie gar nicht. Sein Blick hielt den Sverigs eisern fest. Es gelang ihm nicht wirklich, in den Augen des Kriegers zu lesen, aber er spürte zumindest, dass Sverigs gerade noch so eiserne Entschlossenheit ins Wanken geriet. Sverig war der Einzige hier, der die Einherjer im Kampf erlebt hatte. Er war auch der einzige Mann, der jemals einen der goldenen Krieger besiegt hatte, aber Thor wusste, wie er sich entschied, noch bevor die Worte über seine Lippen kamen.
»Wir können euch nicht besiegen.«
»Nein«, antwortete Thor. »Und es ist kein Zeichen von Mut, sein Leben im einem sinnlosen Kampf wegzuwerfen.«
»Ihr würdet uns gehen lassen?«, fragte Sverig zögernd. Sein Blick tastete über die goldenen Visiere der beiden Krieger, blieb für einen Moment auf Urd hängen und kehrte dann wieder zu ihm zurück.
Thor nickte. »Ihr werdet uns nie wiedersehen. Nicht wenn ihr es nicht wollt.«
»Thor!«, keuchte Urd zum dritten Mal. Sie machte Anstalten, ihr Schwert zu ziehen, aber Thor griff blitzschnell zu und hielt ihr Handgelenk mit solcher Kraft fest, dass sie vor Schmerz aufstöhnte.
»Ginge es nur um mein Leben …«, murmelte Sverig.
»Ich weiß«, antwortete Thor. »Verschwindet.«
Sverig starrte ihn noch einen endlosen Augenblick lang hasserfüllt an, aber dann nickte er und gab seinen Männern ein Zeichen, die Waffen zu senken, und wendete sein Pferd. Bevor er losritt, wandte er sich jedoch noch einmal im Sattel um und sah ihn an. »Sie sind in der alten Festung«, sagte er. »Aber ihr solltet euch beeilen. Sie reiten schnell, und ich glaube, das Wetter schlägt bald um.«
Damit verschwand er.
Thor blickte ihm noch lange nach, und er hielt auch Urds Handgelenk genauso lange und mit ebensolcher Kraft wie bisher fest. Erst als er spürte, dass die Reiter sich in sicherer Entfernung befanden und sich auch noch weiter entfernten, ließ er sie los.
»Weißt du eigentlich, was du gerade getan hast?«, fuhr Urd ihn an. Ihre Stimme bebte vor Zorn. Sie massierte ihr gequetschtes Gelenk mit der anderen Hand, und Thor sah, dass sie die Finger kaum bewegen konnte. Er hatte ihr wirklich wehgetan, und sollte er jetzt nicht eigentlich zumindest Bedauern verspüren? »Sie werden schnurstracks nach Oesengard zurückreiten und mit Verstärkung wiederkommen!«
Nicht wenn Bjorn ihm glaubte, dachte Thor. Und er war sehr sicher, dass er ihnen glauben würde. »Warum wolltest du ihren Tod?«, fragte er.
»Ihren Tod?«, fragte Urd böse. »Seltsam. Ich hatte den Eindruck, sie wollten unseren Tod.«
Thor machte sich nicht einmal mehr die Mühe, darauf zu antworten. »Du hast gehört, was er gesagt hat«, sagte er. »Komm.«
Obwohl sie ihre Pferde am Schluss erbarmungslos angetrieben hatten, dämmerte der neue Tag bereits herauf, als sie den schwarzen Turm erreichten, und Sverig sollte auch mit seiner zweiten Vorhersage recht behalten: Die ersten Böen eines heraufziehenden Unwetters schlugen ihnen eisig in die Gesichter, als in der Gräue des Morgens die kantigen Umrisse der verfallenen Festung vor ihnen auftauchten.
Der gnadenlose Ritt hatte auch Thor erschöpft, aber der Anblick weckte noch einmal verborgene Kraftreserven. Der Schecke zitterte vor Erschöpfung, doch Thor griff trotzdem noch einmal fester nach den Zügeln, um ihn zu einem letzten Sprint anzuspornen. Ihm war, als könne er Lifs und Elenias Nähe fast körperlich spüren.
»Warte.« Urd versuchte nach seinem Arm zu greifen, verfehlte ihn aber. Thor sprengte einfach weiter und erwog fast eine halbe Sekunde ganz ernsthaft den Gedanken, es auch dabei zu belassen. Er brauchte keine Hilfe, um die Kinder zu befreien.
Dann jedoch registrierte er Urds fast schon panisches Kopfschütteln und ließ den Schecken stattdessen langsamer laufen und hielt
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