freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
riss die die Umgebung des Raumes aus der Dunkelheit. Auch hier waren die Wände mit Bildern und uralten arkanen Runen bedeckt, die im flackernden Licht zu eigenständigem Leben zu erwachen schienen und ihm Worte in einer Sprache zuzuflüsterten, die er nie gehört hatte. Das Kratzen an seiner Seele war längst ein Reißen und Zerren geworden, wie von erbarmungslosen Fängen, die sich in sein Inneres gruben. Er war hier, um seiner Bestimmung zu folgen, und es wäre eigentlich leicht, ganz leicht, diesem Drang, der ihn erfüllte, nachzugeben.
Aber wer war er, den leichten Weg zu gehen?
»Nein«, sagte er.
Rein gar nichts änderte sich. Das Flüstern und Reißen in seiner Seele blieb, und auch die Angst war noch da.
Etwas klapperte; die gleiche Art von Geräusch, die er schon einmal gehört hatte, aber jetzt vor ihm. Vielleicht war es auch das Scharren von Metall. Der Laut, mit dem ein Schwert gezogen wurde. Oder eine Stimme? Thor musste sich eingestehen, dass er sich nicht einmal seiner Wahrnehmungen mehr sicher war, blieb einen Moment mit geschlossenen Augen stehen und versuchte mit einer verzweifelten Anstrengung, Ordnung in das kreischende Chaos hinter seiner Stirn zu bringen. Es waren tatsächlich Stimmen, zugleich aber auch das Scharren und Klappern von Metall und noch etwas, das er nicht genau benennen konnte.
Der Raum, in den er anschließend gelangte, schien ein genaues Spiegelbild des Saales auf der anderen Seite zu sein, bis hin zu der monströsen steinernen Tafel, die im Wechsel von flackerndem Blitzlicht zu völliger Schwärze immer wieder auftauchte und wieder verschwand, und das unheimlicherweise manchmal unversehrt, manchmal in einem Wust zerborstener Trümmerstücke. Thor vermied es ebenso, direkt den Blick darauf zu richten, wie sein Blick die versteinerten Bilder an der Wand scheute.
Einen Unterschied zu dem Raum hinter der Yggdrasil-Tür gab es: Die Tür an seinem anderen Ende ging nicht auf einen Balkon hinaus, sondern zu einer schmalen Treppe, die in steilem Winkel nach oben führte. Blassrotes Licht wies ihm den Weg, und jetzt hörte er eindeutig Stimmen.
Seine Hand packte den Hammer fester, während er die unnatürlich hohen Stufen hinaufstieg. Auf dem letzten Stück wurde er langsamer, und da es keine Tür gab, ließ er sich auf Hände und Knie sinken, um nicht frühzeitig gesehen zu werden. Zorn und Trotz wollten sich in ihm regen, solch unnötige Vorsicht walten zu lassen, waren dort oben doch nur eine Handvoll Männer, aber verzweifelte Männer neigten zu verzweifelten Taten, und es war gut möglich, dass sie die Zwillinge umbrachten, wenn ihnen klar wurde, dass sie in der Falle saßen.
Seine Vorsicht erwies sich jedoch als überflüssig. In der Kammer hielten sich tatsächlich drei Männer auf. Einer davon war so betrunken, dass er mit dem Gesicht im einer Lache aus klebrigem Met und seinem eigenen Sabber eingeschlafen war, und von den beiden anderen sah keiner in seine Richtung. Beide hatten Trinkkrüge in den Händen und waren ebenfalls nicht mehr ganz nüchtern. Jedenfalls nicht mehr nüchtern genug, um ihn zu bemerken, ehe er sich aufrichtete und mit einem einzigen Schritt in den Raum hineintrat.
Der eine der beiden riss die Augen auf und ließ vor Schrecken seinen Krug fallen, der auf dem Boden zerbarst. Im nächsten Moment gesellte er sich zu ihm, als Thor ihm die Faust gegen die Schläfe schlug. Aus der gleichen Bewegung heraus war er am Tisch, packte das lange Haar des Betrunkenen und knallteseine Stirn wuchtig auf die Platte aus steinhartem Holz, und noch bevor das trockene Knacken des Aufpralls verklungen war, war er bereits bei dem dritten Burschen und riss ihn von seinem Stuhl hoch. Das alles konnte nicht besonders lange gedauert haben, denn der Kerl starrte ihn immer noch mit offenem Mund und mit aufgerissenen Augen an und hielt den Krug in der rechten Hand, wie um daraus zu trinken.
»Die Kinder«, sagte Thor. »Wo?«
Der Bursche gurgelte eine Antwort, die Thor weder verstand noch als ausreichend einstufte. Er stieß ihn gegen die Wand, rammte ihn mit Rücken und Hinterkopf gegen den harten Stein und schlug ihm mehrmals mit der flachen Hand ins Gesicht, wobei er darauf achtete, nicht zu fest zuzuschlagen, damit der Mann das Bewusstsein nicht verlor.
»Wo sind die Kinder?«, sagte er noch einmal.
Diesmal bekam er immerhin eine gestammelte Antwort. »Von mir erfährst du … nichts. Töte … mich, wenn … wenn du willst.«
Thor brach ihm das Handgelenk. Der
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