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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wichtigsten.«
    Thor sah den blonden Riesen nachdenklich an und mit einem Gefühl, dessen er sich selbst am wenigsten sicher war. Er sollte ihn hassen, er sollte ihn zumindest fürchten, und er sollte diesem muskelbepackten Riesen ganz bestimmt nicht vertrauen. Aber er wusste einfach nicht, was er empfand. Verwirrung. Vor allem Verwirrung.
    »Du erinnerst dich«, stellte Loki fest, womit er nicht das Naglfar meinte oder die Zeit davor. Thor reagierte gar nicht. Sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen. Er hatte Loki erkannt – nicht sein Gesicht, das er niemals zuvor gesehen hatte, aber seine Bewegungen, seine Stimme und den durchdringenden Blick seiner hellen Augen. Aber er … verstand es nicht.
    »Du fragst dich, warum ich dich angegriffen habe«, sagte Loki.
    »Lasse«, sagte Thor.
    Loki hob fragend die rechte Augenbraue.
    »Kurz bevor er starb, hat er mich angesehen, als würde er mich erkennen. Aber das hat er nicht. Er hat dich erkannt, nicht wahr? Er hat mich gesehen, aber geglaubt, du wärst es.«
    Tatsächlich gab es eine unübersehbare Ähnlichkeit zwischen ihnen. Sie sahen nicht aus wie Brüder. Loki war ein gutes Stück größer als er und deutlich breitschultriger. Aber da war eine Ähnlichkeit, die weit über ihre Gesichter oder Statur hinausging; dieselbe Art von Ähnlichkeit, die auch Urd um ein Haar zum Verhängnis geworden wäre. Sie gehörten ganz eindeutig demselben Volk an.
    »Ja«, sagte Loki.
    »Aber er hatte Angst vor mir«, sagte Thor. »Vor dir.«
    »Das will ich meinen!«, antwortete Loki lachend. »Wie würdest du dich fühlen, wenn du im Sterben liegst, und das Gesicht, das sich über dich beugt, ist das deines Gottes?«
    »Ich dachte, ich wäre der Gott hier«, sagte Thor, mit wenig Enthusiasmus um einen scherzhaften Ton bemüht. Als Loki nicht darauf reagierte, ließ er noch einen Moment verstreichen und stellte dann die Frage, die er eigentlich stellen wollte: »Warum hast du versucht, mich zu töten?«
    »Habe ich das?«
    Loki beugte sich vor, um nach einem mit Edelsteinen besetzten silbernen Pokal zu greifen, der auf dem Tisch stand. Er trank nicht daraus, sondern spielte nur damit, wobei sein Blick aufmerksam den bunten Lichtreflexen folgte, die die Edelsteine auf die Tischplatte zauberten. Dann lachte er; von allen Reaktionen, mit denen Thor auf seine Frage gerechnet hätte, vielleicht die unwahrscheinlichste.
    »Glaub mir, kleiner Bruder – wenn ich dich hätte töten wollen, dann hätte ich es getan. Aber du hast dich tapfer gewehrt. Es gibt Tage – vor allem wenn das Wetter umschlägt in diesem furchtbar kalten Land am Ende der Welt –, da spüre ich deine Schläge noch immer. Du warst gut, vor allem wenn man bedenkt, dass du nicht einmal deine Waffe hattest, sondern nur das einfache Werkzeug eines Schmieds. Aber du hättest mich niemals besiegt. Ich war schon immer stärker als du.« Er prostete ihm spöttisch zu, trank nun doch einen winzigen Schluck und streckte dann die Hand nach Mjöllnir aus. »Darf ich ihn sehen?«
    Thor ertappte seine Hand dabei, sich wie selbstverständlich zu bewegen und nach dem Hammer an seinem Gurt zu greifen, und es kostete ihn unerwartete Überwindung, Lokis Befehl nicht genauso selbstverständlich Folge zu leisten, als wäre es eben ganz genau das: selbstverständlich. Erst, als er zu dem Schluss kam, es aus freien Stücken zu tun, löste er Mjöllnir vom Gürtel und reichte ihn Loki, über den Tisch hinweg und so, dass das gesamte Gewicht des mächtigen Streithammers in Lokis ausgestreckter Hand lag, was nur ein außergewöhnlich starker Mann aushalten konnte, ohne ihn fallen zu lassen.
    Offensichtlich gehörte Loki dazu. Ohne die geringste sichtbare Mühe nahm er Mjöllnir mit nur einer Hand entgegen, betrachtete ihn interessiert und studierte dann noch deutlich interessierter die verschlungenen Runen, die in den Hammerkopf eingearbeitet waren.
    »Eine ausgezeichnete Arbeit«, lobte er. »Du hast ihn selbst gemacht?«
    Thor nickte, und Lokis Gesichtsausdruck wurde noch anerkennender. »Vielleicht nicht ganz so gut wie das Original, aber unter den gegebenen Umständen …« Völlig warnungslos und nur mit einer Hand warf er Thor den Hammer über den Tisch hinweg zu. Thor hatte nicht nur Mühe, die schwere Waffe – mit beiden Händen – aufzufangen, sondern auch, nicht mitsamt seinem Stuhl nach hinten zu kippen. In Lokis Gesicht rührte sich kein Muskel, aber in seinen Augen blitzte es kurz und amüsiert auf.
    »Wenn das alles hier

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