freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
Reiter bedeuteten eine erschreckend große Zahl, standen sie einem in Reih und Glied und bewaffnet und zu allem entschlossen gegenüber.
Thor bedeutete den Männern vor sich mit einer wortlosen Geste, die Barrikade zur Seite zu räumen, die sie gerade erst so mühsam errichtet hatten, und nutzte die Zeit, die sie dafür brauchten, um den Sitz der noch immer ungewohnten Rüstung zu überprüfen. Abgesehen von dem schlichten schwarzen Mantel und der fehlenden Maske vor seinem Gesicht unterschied ihn kaum noch etwas von den dreißig goldgerüsteten Gestalten, die ihm vom Hafen aus hierher gefolgt waren – und vielleicht dem Umstand, dass er kein prachtvolles Schlachtross ritt, sondern einen mageren Schecken, der noch dazu leicht humpelte.
Auch die Furcht, die sein bloßer Anblick in die Herzen der Menschen hier pflanzte, war genau dieselbe. Thor bedauerte das, denn das Letzte, was er den Menschen hier bringen wollte, war Angst; aber wenn sein Anblick dieselbe Wirkung auf die Reiter des Heeres hatte, dann war es den Preis wert.
Das Hindernis war beiseitegeräumt, und Thor ritt ohne ein weiteres Wort los. Auch aus den tief gestaffelten Reihen des feindlichen Heeres löste sich ein einzelner Reiter, nur einen halben Augenblick später gefolgt von einem zweiten, der sein Pferd mit zwei schnellen Schritten zu ihm aufschließen ließ und dann an seiner Seite ritt. Sverig erkannte er an der gewaltigen Axt, die er auf dem Rücken trug. Bjorns Gesicht war hinter einer Maske aus feinem Kettengeflecht verborgen, aber er erkannte ihn trotzdem.
Auf halber Strecke hielt er an und wartete, bis die beiden herangekommen waren. Bjorns Gesicht blieb hinter dem Schleier aus Metall unsichtbar, aber er meinte den Blick seiner Augen spüren zu können; und auch, was er beim Anblick des goldenen Brustharnischs und der schimmernden Arm- und Beinschützer empfand.
»Es hat zwar lange gedauert, aber ich wusste, dass du irgendwann die Maske fallen lässt«, sagte Sverig verächtlich. »Das hier war von Anfang an dein Plan, habe ich recht?«
»Nein«, antwortete Thor und wandte sich dann direkt an Bjorn. »Willst du das wirklich tun?«
»Für mein Land und mein Volk kämpfen?« Bjorn nickte. »Ja.«
»All diese Männer dort in einen sinnlosen Tod führen?«, erwiderte er mit einer Geste auf das wartende Heer. »Keiner von ihnen wird diese Nacht überleben, wenn du sie in diese Schlacht führst, Bjorn.«
»Ich hoffe, Ihr verzeiht meine Unverschämtheit, Herr«, sagte Sverig spöttisch, »aber fürchtet Ihr nicht sogar selbst, Euch jetzt ein wenig – wie soll ich es ausdrücken – zu überschätzen?«
»Er hat recht, Thor«, sagte Bjorn. »Ich weiß, wozu du fähig bist. Aber du bist nur einer, und die Menschen dort in der Stadtsind nur einfache Fischer und Handwerker und Bauern, keine Krieger.«
Thor schloss für einen Moment die Augen und gestattete dem Flüstern in seiner Seele, lauter zu werden, und ein dumpfes und noch weit entferntes Donnern rollte über den Himmel.
Sverig machte nur ein noch verächtlicheres Gesicht. »Das ist beeindruckend«, höhnte er. »Aber dein Zauber schreckt uns nicht.«
Ein zweiter und deutlich lauterer Donnerschlag erklang, und diesmal tanzte ein dünner weißer Blitz über den Horizont.
»Du und ich sind aus demselben Grund hier«, sagte Bjorn. »Ich will diesen Kampf nicht, so wenig wie du, wenn du auch nur annähernd der Mann bist, für den ich dich halte. Wir müssen diesen Kampf nicht kämpfen. Du bist stark, und viele meiner Männer würden ihr Leben lassen müssen, aber am Ende würden wir siegen. Du würdest sterben, sehr viele meiner Männer und noch weit mehr von denen, die auf deiner Seite stehen.« Er wartete einen Moment vergeblich auf eine Antwort oder auch nur irgendeine Reaktion. »Dieser Kampf muss nicht sein, Thor. Nimm deine Frau und deine Freunde und geh: Du hast mein Wort, dass wir niemanden bestrafen werden, der sich auf die Seite der Lichtbringer geschlagen hat.«
Thor wollte antworten, tat es aber dann doch nicht. Bjorn konnte seinen Angriff so wenig abbrechen wie er seinen Widerstand aufgeben, und er begriff erst im Nachhinein, dass er das die ganze Zeit über genauso gewusst hatte wie Bjorn. Dieses Treffen war nichts als ein Zeremoniell, das übliche Zusammentreffen der gegnerischen Heerführer vor der Schlacht, das vielleicht noch nie einen Kampf verhindert hatte. Vielleicht diente es einzig dem Zweck, ihr Gewissen zu beruhigen.
Er sah, dass Sverig dazu ansetzte, etwas
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