Freibeuter der Leidenschaft
befanden. Nein, er hatte sie in seine Privatgemächer mitgenommen. Davon war Clive überzeugt.
Robards war ihm bis an die Schwelle zum Foyer gefolgt. „Sir! Bitte!“
Clive lächelte ihn an und stieß ihm mit dem Fuß die Tür vor der Nase zu. Dann legte er den Riegel vor. Er ging die Halle entlang und verspürte die Ruhe vor der Schlacht. Das erwartungsvolle Gefühl gefiel ihm. Die vollkommene Flaute vor dem Sturm.
Im Haus blieb es erstaunlich still. Während er immer weiter ging, konnte er sie vor sich sehen, nackt, heiß, ineinander verschlugen, Woods bebend vor Lust. Sein stummer Zorn wuchs.
Er war noch nie in den Privaträumen des Gouverneurs gewesen, aber King’s House war vor gut fünfzig Jahren erbaut worden, und er vermutete die Räume im Westflügel, wie in so vielen Häusern aus dieser Zeit.
Er probierte vier Türen aus, während er in den westlichen Korridor ging, alle führten zu leeren Gästezimmern. Und als er zur letzten Tür am Ende kam, hörte er das leise Lachen eines Mannes.
Sein Blut loderte heißer.
Er drehte den Knauf und stieß die Tür auf.
Er sah sie sofort.
Woods stand mitten im Raum, hinter ihm sah Clive ein großes Himmelbett. Der Gouverneur hatte seine Jacke, die Weste und das Hemd ausgezogen, sodass sein muskulöser Oberkörper nackt war. Seine Hose stand offen, die ganze Männlichkeit den Blicken dargeboten.
Sie stand am Bett, gehüllt in den saphirblauen seidenen Hausmantel eines Mannes, der aber nicht verschlossen war, sodass er ihre schlanken, hellen Schenkel sehen konnte, den kleinen Bauch und ihre vollen Brüste. Ihre Miene drückte Verzweiflung aus, aber auch Entschlossenheit. Sie würde jetzt nicht aufgeben.
Clive betete, dass er nicht zu spät kam.
Er ging auf Woods zu, der so sehr mit seinem Opfer beschäftigt war, dass er ihn erst sah, als Clive die Faust hob. Woods schrie auf, doch Clive versetzte ihm einen Schlag, der ihn gegen die Wand schleuderte, wo er dann zu Boden glitt, als hätte er das Bewusstsein verloren.
Clive trat zu ihm, griff in Woods’ Haar und riss den Kopf zurück. Dann sah er in die verschleierten Augen. „Die Gesellschaft wird es lieben, darüber zu klatschen, meinst du nicht?“, stieß er hervor. Diese Drohung war ihm soeben in den Sinn gekommen, doch sie zeigte Wirkung. Woods hatte einen Ruf zu verlieren, und seine Frau wäre außer sich, sollte sie je von seinem skandalösen Verhalten erfahren.
„Wir sind – Freunde“, keuchte Woods.
„Nicht mehr.“ Clive musste sich sehr beherrschen, um ihn nicht noch einmal zu schlagen. Dann hörte er sie schluchzen.
Er fuhr herum und eilte zu ihr. Sie hockte jetzt auf allen Vieren und rang um Fassung. Er kniete nieder und legte einen Arm um sie. Nur zu deutlich spürte er ihren nackten Körper neben seinem, und er war sich auch nur zu deutlich bewusst, dass Woods sie vermutlich in der abscheulichsten Art und Weise benutzt hatte. Langsam sah sie zu ihm auf, ihre grünen Katzenaugen wirkten groß und verletzlich.
Er hoffte, dass seine schlimmsten Befürchtungen noch nicht eingetreten waren. „Ich bringe Sie hier heraus“, sagte er leise.
Zu seinem Entsetzen schüttelte sie den Kopf. „Lassen Sie mich – in Ruhe“, flüsterte sie.
Am liebsten hätte er seinen einstigen Freund umgebracht, als er ihr Gesicht mit beiden Händen umfasste. „Hören Sie mir zu!“, sagte er drängend. „Er wird Ihren Vater nicht begnadigen, was immer Sie auch tun, oder wie oft Sie es tun. Verstehen Sie das?“
„Aber es ist meine einzige Chance, ihn zu retten!“, keuchte sie.
Als er sie auf seine Arme hob, sah er, dass ihr Mund geschwollen war, und bemerkte überrascht, dass sie sich an ihm festhielt. Jetzt war nicht zu verkennen, dass er sie beschützen wollte, aber er war sich auch ihrer offenen Robe bewusst und ihrer weichen Brüste, die er an seinem Körper spürte. Und er hatte einen Blick auf ihre Schenkel erhascht. „Diese Chance hat es nie gegeben“, sagte er heiser und trug sie aus dem Zimmer.
In der Halle blieb er stehen, bemerkte plötzlich, dass vor der Haustür Soldaten standen und dass er soeben den Gouverneur Seiner Majestät angegriffen hatte. Sie würden schleunigst durch das Fenster fliehen müssen, und in den kommenden Tagen sollte er einige politische Schachzüge unternehmen. Auch wenn Woods nicht mehr sein Freund sein mochte, sie würden weiterhin zusammenarbeiten müssen, wenn er ein einflussreicher Bewohner der Insel bleiben wollte. Plötzlich fiel ihm auf, dass seine Last
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