Freibeuter der Liebe
sie über die Schulter. „Träum süß.“
Rick hatte keine gute Nacht.
Jedes Mal, wenn Stellas Glöckchen klingelte, lauschte er angespannt. Was er zu hören hoffte, wusste er nicht genau. Ein Seufzen? Ein Stöhnen? Diese kleinen wimmernden Laute?
Oje, die kleinen wimmernden Laute waren seinem Schlaf nicht förderlich. Was nützte es, sich moralisch überlegen zu fühlen, wenn er wusste, dass sie sich nebenan selbst verwöhnte? Wenn er wusste, er hätte bei ihr sein können?
Sie küssen.
Sie berühren.
Nein!
Es war hart, aber am Ende der Reise würden sie dankbar sein, dass sie vernünftig gewesen waren. Froh, dass sie die Grenze nicht überschritten hatten.
Vielleicht würden sie eines Tages sogar darüber lachen.
Vielleicht.
Am nächsten Morgen setzte Rick um acht Uhr die Segel. Stella war noch nicht aufgestanden, und er hatte keine Lust, tatenlos herumzusitzen und sich den Kopf über die vergangene Nacht zu zerbrechen.
Es war wieder ein herrlicher Tag, und er verlor sich in den vertrauten Ritualen des Segelns – bis Stella eine Stunde später an Deck kam.
In einem Mikro-Bikini.
Er starrte sie mit offenem Mund an, froh über die Tarnung, die seine Sonnenbrille bot. Zwei winzige Dreiecke bedeckten notdürftig ihre prallen Brüste, und das knappe Höschen wurde an den Seiten von zwei neckischen kleinen Schleifen gehalten.
„Guten Morgen“, sagte sie aufgeräumt, als sie auf ihn zukam, ihren Laptop, Kokossonnencreme und ein Frotteetuch in der Hand. Ein Lächeln im Gesicht. „Was für ein herrlicher Tag“, murmelte sie und atmete die frische Seeluft tief ein.
Rick sah, wie sich ihr Brustkorb dehnte und sich der Stoff ihres Bikinis geradezu unanständig spannte. Heilige Muttergottes, wollte sie, dass er einen Herzinfarkt bekam?
„Gut geschlafen?“, fragte er betont nüchtern.
Seufzend ließ Stella die Luft aus ihren Lungen entweichen. „Wie ein Baby“, schnurrte sie.
Was glatt gelogen war. Wie hätte sie schlafen sollen, wo jede erogene Zone, die sie besaß, und einige, von denen sie nicht gewusst hatte, dass sie existierten, in Flammen standen?
Sie hatte kaum ein Auge zugetan.
Vielleicht hätte sie sich selbst tatsächlich verwöhnen sollen, wie sie es Rick gegenüber angedeutet hatte, doch sie sehnte sich nach starken Männerarmen, nicht nach Mr Buzzy.
„Wie geht’s deinem Arm?“, fragte er höflich.
„Gut.“ Sie nickte. Zum ersten Mal hatte er beim Aufwachen nicht wehgetan, und die blauen Flecken waren fast vollständig verblasst. „Ich glaube, ich kann endlich wieder tippen.“
„Dann nichts wie an die Arbeit“, schlug er eilig vor, um ihrem Kokosduft und dem Anblick ihrer nackten Schultern zu entkommen.
Stella nickte widerstrebend. Es war, als litte sie an einem Tropenfieber, und Rick war Ursache und Gegenmittel zugleich.
„Ruf, wenn du mich brauchst“, murmelte sie, als sie sich an ihm vorbeidrängte.
Hinter seiner Sonnenbrille verfolgte er ihren verführerischen Hüftschwung. Ruf, wenn du mich brauchst.
Zunächst legte Stella sich zwei Stunden lang in die Sonne. Sie war nicht ganz sicher, was sie damit bezweckte, aber irgendwie erhoffte sie sich eine Reaktion von Rick. Schließlich konnte er doch nicht immun gegen ihre Flirtversuche sein. Sie räkelte sich lasziv, drehte sich auf den Rücken, setzte sich hin, trug großzügig Sonnencreme auf, band sogar die Schleifen neu.
Keine Reaktion.
Bei Tageslicht schien er für ihre Reize unempfänglich zu sein.
Ganz anders als der Mann, der sie noch vor wenigen Stunden geküsst hatte, als würde morgen die Welt untergehen.
Ganz anders als der Mann, den sie schon ewig kannte – der immer für einen Scherz zu haben und dessen Begeisterung für das Meer ansteckend war.
Wie ein Roboter stand er am Steuer. Die Sonnenbrille auf der Nase blickte er unverwandt auf den Horizont. Was er da wohl suchte? Den Sinn des Lebens?
Die Stimmung war jedenfalls dahin, obwohl doch nichts zwischen ihnen passiert war.
Oder wenigstens nicht viel.
Irgendwann gab sie auf und schlief ein, völlig erschöpft nach der unruhigen Nacht. Später würde sie etwas unternehmen, um die Situation zu klären. Denn sie wollte ihn nicht verlieren. Und wenn das bedeutete, dass sie ins Grab ging, ohne je mit einem gewissen Riccardo Granville geschlafen zu haben, dann war es eben so.
Nachdem er den ganzen Tag zugesehen hatte, wie Stella sich in einem Bikini räkelte, war er froh, endlich Anker zu werfen und unter Deck gehen zu können. Er duschte. Kalt.
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